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"Gesellschaftsrecht" von Uwe Hüffer / Jens Koch
RA Dr. Jürgen Niebling
13.12.2011

Klare Empfehlung

Eine Rezension zu:

Uwe Hüffer / Jens Koch

Gesellschaftsrecht


8. Auflage

C.H. Beck, München 2011, 464 Seiten, 29,80 €
ISBN 978-3-406-62687-6

http://www.beck.de


Das Gesellschaftsrecht ist ein komplexes und schon in den gesetzlichen Grundlagen weit verstreutes Rechtsgebiet im Spannungsfeld von allgemeinem Zivilrecht, Handelsrecht, Steuerrecht und Prozessrecht. Es empfiehlt sich daher möglichst schon frühzeitig Berührungsängste abzubauen und in die Materie einzutauchen. Es ist hierbei der Verdienst des vorliegenden Lehrbuchs zuverlässig durch die wesentlichen Fragen des Gesellschaftsrechts zu navigieren, wobei ab der vorliegenden Auflage Koch der "Skipper" ist und tatsächlich nochmals sehr viel Energie aufgewendet hat, aus einem ausgezeichnetem Lehrbuch ein höchst aktuelles und nochmals verbesserte Werk vorzulegen. Im Vergleich zu anderen Lehrbüchern stimmt hier Umfang (mehr braucht es nicht und weniger wäre kaum vertretbar), Didaktik (zahlreiche Beispiele verdeutlichen die Relevanz der Ausführungen und festigen das erworbene Wissen) und Darstellungstiefe (teilweise entsprechen die Nachweise einem Kurzkommentar!).

Bei der BGB-Gesellschaft wird ausführlich die Rechtsfähigkeit der Aussengesellschaft dargestellt (S. 20 ff.), zugleich aber betont, dass keine juristische Person vorliege (s.a. die Differenzierung in § 14 Abs. 1 BGB). Auch als parteifähiges Rechtsobjekt wird die BGB-Gesellschaft anerkannt (§ 50 ZPO). Wie weit diese rechtliche Verselbstständigung geht, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls. So wurde ins Grundbuch nicht die BGB-Gesellschaft, sondern die Gesellschafter als BGB-Gesellschaft eingetragen. Nunmehr bestimmt § 47 Abs. 2 Satz 2 GBO die Eintragung der Gesellschaft neben deren Gesellschaftern. Hinzuweisen ist ergänzend, dass bei der Prozesskostenhilfe die BGB-(Aussen-)Gesellschaft als parteifähige Vereinigung nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO angesehen wird und zusätzlich verlangt wird, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (etwa Zöller-Geimer, 29. Aufl. 2012, § 117 Rn 11a). Dies ist nicht immer sachgerecht (2 Arme betreiben ein Unternehmen)!

Wichtig sind auch die Erläuterungen zur fehlerhaften Gesellschaft (S. 40) gerade im Zusammenhang mit der BGB-Gesellschaft. Auch hier ist auf die Formulierungen hinzuweisen: Die Mängel des Vertrages dürfen nicht so schwerwiegend sein, dass ihre Nichtbeachtung mit wichtigen Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger und bedürftiger Personen in Widerspruch treten würde (S. 45). Solche grundlegenden Sätze der Rechtsprechung sind in Klausuren sicherlich ein Plus! Insbesondere Minderjährigenschutz geht soweit erforderlich vor Aufrechterhaltung der Gesellschaft.

Besonderes Interesse vermittelt auch der Abschnitt Gesellschaftsschulden und Gesellschafterhaftung (S. 65), insbesondere die analoge Anwendung von § 31 BGB bei pflichtwidrigen oder deliktischen Verhaltens. Die wichtigen Erläuterungen zur actio pro sozio (S. 93 ff.), zu Sozialansprüchen und Sozialverbindlichkeiten sollten sorgfältig durchgearbeitet werden. Auch die neueste BGH-Rechtsprechung, dass die actio pro sozio Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters ist und damit der gesellschafterlichen Treuepflicht unterliegt, ist bereits berücksichtigt; die Ausübung der Klagebefugnis kann daher auch rechtsmissbräuchlich sein (BGH v. 26.4.2010, II ZR 69/09).

Themen der Unterbeteiligung im Zusammenhang mit einer Innengesellschaft sollten zukünftig etwas ausgebaut werden (BGH v. 20.9.2011, II ZR 277/09), insbesondere zur Aufklärungspflicht bei Anlagen. Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH, aaO., Rn 13).

Etwas knapp sind auch die Ausführungen zur Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (S. 120). Auf die Darstellung der BGB-Gesellschaft (etwa 130 Seiten) entfällt etwa der gleiche Umfang wie auf die Darstellung§ von OHG und handelsrechtliche wie auch verwandte Personengesellschaften (ab S. 129). Insbesondere § 128 HGB (S. 173) sollte hier verinnerlicht werden, ebenso die Frage einer notwenigen Streitgenossenschaft zwischen OHG und Gesellschaftern (S. 187). Auch in der Zwangsvollstreckung kann ein Urteil gegen die OHG nicht gegen einen Gesellschafter vollstreckt werden. Das Thema Anlegerschutz in der Publikums KG wird ergiebig und aktuell behandelt (S. 250).

Ausführungen zum wirtschaftlich und examensrelevanten Verein finden auch etwa 30 Seiten, die nicht ausgelassen werden sollten. Gerade auch Kindertagesstätten werden überwiegend als Vereine gegründet. Die AG gehört zwar zumeist nicht zum engeren Prüfungsstoff, ihre Grundlagen sind jedoch für das Gesellschaftsrecht essentiell. Relevant etwa der besondere Vertreter, dem zurecht nach dem BGH Organqualität zukommt und die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung auch auf ihn anwendbar sind (BGH v. 27.11.2011, II ZR 225/08). Der GmbH wird weiter Raum eingeräumt (etwa 50 Seiten); insoweit sind die Ausführungen auch unverzichtbar, zumal die GmbH in der späteren Beratungspraxis eine Schlüsselrolle zukommt. Wichtig sind jedoch auch "Randprobleme": Verkauft eine GmbH einen PKW an einen Verbraucher, so liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor. Hier gilt § 344 Abs. 1 HGB, der Verkauf gehört im Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH (BGH v. 13.7.2011, VIII ZR 215/10).

Die Darstellung schließt mit übergreifenden Themen, insbesondere europarechtlichen Bezüge im Gesellschaftsrecht.

Gesamteindruck:
Es wäre anmaßend hier zu jedem Abschnitt die Qualitäten des Werks zu diskutieren oder zu loben. Der Gesamteindruck fällt uneingeschränkt im Sinne eines "in jeder Hinsicht empfehlenswert" aus. Das Ziel, "den Leser durch Mitarbeit zum selbstständigen Umgang mit gesellschaftsrechtlichen Problemstellungen zu befähigen" wird im besten Sinne erreicht. In den meisten Teilen ist das Werk schlicht vorzüglich, und ein "ausgesprochen gutes Werkzeug", weil Aufbau und Systematik wie auch die Auswertung von Literatur und Rechtsprechung verlässlich sind. Koch gebührt daher das Lob, das Lehrbuch wirklich jung gehalten zu haben und mit der Fortschreibung die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. Für die Zukunft auch hier die Anregung wichtige BGH-Urteile, die nachgelesen werden sollten, zumindest auch mit Datum und Aktenzeichen zu zitieren, da dann jeder im Internet diese Urteile nachlesen kann.

Fazit: Eine klare Empfehlung für dieses Werk. Die Darstellung lässt keine Zweifel aufkommen; der Navigierte wird alsbald selber zum Navigator!

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