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Artikel 8853
Stefanie Samland
18.02.2004

Riesiger Informationswert

Eine Rezension zu:

Klemens H. Fischer

Konvent zur Zukunft Europas

Texte und Kommentar

Nomos, Baden-Baden 2003, 542 Seiten + Begleit-CD-ROM, 69,- €
ISBN 3-8329-0171-X

http://www.nomos.de


Mit einem Vorwort vom Juli 2003 ist das vorliegende Buch sehr kurz nach Beschluss des Europäischen Konvents über den Entwurf des Vertrags über eine Verfassung für Europa entstanden. Es ist das erste Werk, welches sich ausführlich mit den Arbeiten des Konvents und dem Verfassungsentwurf beschäftigt. Der Autor, Dr. Klemens H. Fischer ist Gesandter-Botschaftsrat und Abteilungsleiter an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union und hatte damit direkten Zugang zur Entstehung des Verfassungsentwurfs. Das Buchprojekt wurde von drei Verlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam verwirklicht.

Das Buch teilt sich in zwei große Themenbereiche. Die ersten gut 100 Seiten beschäftigen sich mit der Entstehungsgeschichte des Verfassungsentwurfs, die weiteren 400 Seiten mit dem Entwurf selbst. In der Fassung, wie er am 18. Juli 2003 in Rom an den Ratspräsidenten übergeben wurde, ist der Entwurf vollständig abgedruckt und mit Kommentaren versehen. Zwar aufgebaut wie ein "richtiger" Kommentar – also die Kommentierung jeweils hinter den entsprechenden Artikel gesetzt – begnügt sich das Buch jedoch mit einer ersten Analyse, wie der Verfasser sie nennt. So finden sich zu jedem Artikel kurze Absätze mit Hinweisen zur praktischen Bedeutung dieser Norm oder zu Bezügen auf jetzige Vertragsvorschriften bzw. wesentlichen Änderungen. Auch die in Nizza proklamierte Charta der Grundrechte, die im Entwurf als Teil II der Verfassung ihren Platz gefunden hat, wurde mit Erläuterungen versehen. Sehr hilfreich ist auch eine Tabelle zum neuen Artikel 32 über die neuen Rechtsakte der Union. Die bisher in Art. 249 EGV genannten Rechtsakte wie Verordnung und Richtlinie sollen neue Bezeichnungen erhalten, die den alten in dieser Tabelle gegenüber gestellt werden. Leider wurde im Tabellenkopf statt Artikel 32 versehentlich Artikel 21 geschrieben. Solch kleine Fehler finden sich hier und da im Buch und sind wohl der Aktualität des Buches geschuldet, in einer neuen Auflage werden diese sicher ausgemerzt.

Im ersten Teil zeichnet Fischer die Arbeit des Konvents bis zum Verfassungsentwurf nach. Die Schilderungen sind teilweise so anschaulich, dass der Leser fast das Gefühl hat, er wäre selbst bei den Sitzungen dabei gewesen. Politische Aspekte werden ebenso einbezogen wie Hintergrundinformationen aus Rat, Parlament und Kommission oder aktuelle Ereignisse wie der Irakkrieg im Frühjahr 2003. Auch die Positionen der Organe, Mitgliedsstaaten und Beitrittsländer zur Arbeit des Konvents werden dargestellt. Bei den Ausführungen zur Arbeit des Konvents werden Zitate und Stellungnahmen von Prodi oder Giscard d'Estaing abgedruckt, auch die Berichte von den verschiedenen Debatten machen das Gesagte sehr realistisch. Es findet sich zudem eine Zusammenfassung der Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen auf jeweils wenige Absätze, so dass der Leser, der sich noch nicht eingehender mit den Ergebnissen des Konvents befasst hatte, erst einmal einen Einblick bekommt. Außerdem wird beschrieben, wie in Thessaloniki zunächst nur ein Fragment vorgestellt wurde, bevor dann erst im Juli der Verfassungsentwurf angenommen werden konnte. In Fußnote 114 gibt der Verfasser einen kleinen Eindruck vom parallel stattfindenden Jugendkonvent und rundet damit das Werk ab. Das Schlusswort von Giscard d'Estaing im Konvent wurde ebenfalls abgedruckt.

Wer nach der Lektüre des sehr interessanten Buches immer noch nicht genug hat, sollte die CD-ROM in seinen PC einlegen und weiter stöbern. Auf dieser befinden sich die kompletten (!) Dokumente des Konvents, insgesamt rund 13.000 Dokumentseiten mit Beiträgen, Protokollen und natürlich allen Fassungen des Verfassungsentwurfs. Eine wahre Schatzkiste für denjenigen, der sich mit der Arbeit des Konvents näher beschäftigen möchte. Im Buch selbst wird in den Fußnoten immer wieder auf entsprechende Dokumente auf der CD-ROM hingewiesen.

Gesamteindruck:
Eigentlich bleibt nur noch zu sagen, dass das Buch von Fischer wärmstens zu empfehlen ist, weil es sehr aktuell die Entstehung des Verfassungsentwurfs für Europa und die Arbeit des Europäischen Konvents dokumentiert. In Kombination mit der beiliegenden CD-ROM kann man nicht besser über die Ergebnisse des Konvents informiert werden.

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