Kerstin Lindenau 20.08.2005
Guter Einblick in EuGH-Rechtsprechung
Eine Rezension zu:
Waldemar Hummer / Christoph Vedder
Europarecht in Fällen
Die Rechtsprechung des EuGH, des EuG und deutscher und österreichischer Gerichte
4. Auflage
Nomos, Baden-Baden 2005, 791 Seiten, 34,- €
ISBN 3-8329-0938-9
Das Europarecht wird nicht nur durch den EUV, EGV, Verordnungen, Richtlinien oder andere Rechtstexte bestimmt,
sondern erheblich durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz geprägt.
Zudem sind tragende Entscheidungen der nationalen Ober- und Höchstgerichte zum Europarecht zur Einordnung der
Materie zu berücksichtigen. Das Europarecht kann wegen der starken Prägung durch gerichtliche Entscheidungen
nur dann wirklich verstanden werden, wenn diese Entscheidungen bei der Erarbeitung des Stoffes berücksichtigt
werden. Gerade beim Lesen eines Lehrbuches bietet es sich für die Studierenden an, die einschlägigen Entscheidungen
nachzulesen. Genau dafür ist das vorliegende Buch bestens geeignet. Zudem kann es ohne Weiteres als Nachschlagewerk
für die wichtigsten Entscheidungen der oben genannten Gerichte herangezogen werden und ist somit auch für Praktiker
ein wichtiges Hilfsmittel. In Bezug auf die nationalen Gerichte wurden Entscheidungen der deutschen und
österreichischen Ober- und Höchstgerichte mit angeführt.
Die Fallsammlung konzentriert sich auf die wesentlichen Aspekte des institutionellen Gemeinschaftsrechts und der
Freiheiten des Binnenmarktes, in denen das Gemeinschaftsrecht für den Einzelnen besonderes spürbar ist. So finden
sich unter anderem Entscheidungen zum Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum nationalen Recht der Mitgliedstaaten,
zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts, der Umsetzung von Richtlinien, der Amtshaftung, und dem
Grundrechtsschutz im Gemeinschaftsrecht. Auch zum Europäischen Gemeinschaftsrecht in Bezug auf das Völkerrecht
sind Entscheidungen zu finden. Neben den Marktfreiheiten werden aus dem materiellen Europäischen Wirtschaftsrecht
das Wettbewerbsrecht und das Beihilferecht mit behandelt.
Die Fallsammlung ist so konzipiert, dass zu den einzelnen Kapiteln die wesentlichen Entscheidungen dargestellt
werden. Dabei spiegelt sowohl die Auswahl als auch die Reihenfolge der Entscheidungen innerhalb eines Kapitels,
die Entwicklung der Rechtsprechung zu den betreffenden Bereichen wieder. Dadurch wird die Verständlichkeit erheblich
erhöht und das Nachvollziehen der Rechtsentwicklung ist ohne Weiteres möglich. So wird beispielsweise zum Thema der
Warenverkehrsfreiheit die Rechtsprechung in Bezug auf das Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen
gleicher Wirkung von der Cassis-Entscheidung (EuGH, Rs. 120/78, Cassis de Dijon) über die Dassonville-Entscheidung
(EuGH, Rs. 8/74, Dassonville), die Keck-Rechtsprechung (EuGH, Verb. Rs. C-267 und C-268/91, Keck) bis hin zur Doc
Morris-Entscheidung (EuGH, Rs. C-322/01, Doc Morris) und der Dosenpfand-Entscheidung (EuGH, Rs. C-463/01, Dosenpfand)
aufgezeigt, um nur einige der in diesem Bereich aufgeführten Entscheidungen zu benennen.
Bei der Darstellung der Fälle sind Hauptfälle und Entscheidungen der sogenannten zweiten Kategorie zu unterscheiden.
Die 149 Hauptfälle wurden laufend nummeriert und didaktisch aufbereitet. Bei diesen Entscheidungen wird nicht
lediglich der Entscheidungstenor bzw. die Entscheidungsgründe mitgeteilt, sondern es werden Rechts- und
Verständnisfragen aufgeworfen, der Sachverhalt und das Verfahren dargestellt, sowie das Wesentliche aus den
Entscheidungsgründen mitgeteilt. Durch die gute Aufbereitung dieser Entscheidungen wird der Umgang mit der
Rechtsprechung des EuGH und des Gerichts der ersten Instanz erheblich erleichtert. Gerade für Studierende ist
die didaktische Aufbereitung sehr hilfreich, um das Verfahren und das Finden der Entscheidung nachzuvollziehen.
Zudem geht das Buch dadurch auch über die reine Darstellung der Fälle hinaus und ist auch für eine kurze
Wiederholung der Leitentscheidungen zu den wesentlichen Bereichen für das Examen von großem Nutzen. Bei den
Entscheidungen der sogenannten zweiten Kategorie werden weitere wichtige Urteile/Beschlüsse zu dem jeweiligen
Bereich dargestellt. Dort werden die Leitsätze bzw. das Wesentliche aus den Entscheidungsgründen mitgeteilt. Da
zuvor die Hauptfälle aufbereitet wurden, sind die im Anschluss folgenden weiteren Entscheidungen auch verständlich.
Das Auffinden der Fälle wird durch ein Verzeichnis der wiedergegebenen Entscheidungen sowie einem sehr ausführlichen
Stichwortverzeichnis erleichtert.
Gesamteindruck:
Die Fallsammlung zum Europäischen Recht bietet einen guten Einblick in die Rechtsprechung des EuGH und des Gerichts
der ersten Instanz, sowie den nationalen deutschen und österreichischen Ober- und Höchstgerichten zum Europarecht.
Dadurch, dass die Entwicklung der Rechtsprechung zu den einzelnen Bereichen anhand der Fälle dargestellt wird und
die Leitentscheidungen didaktisch aufbereitet sind, bietet das Buch die Möglichkeit, sich mit der Materie auf
angenehme Weise vertraut zu machen. Für Studierende ist die Fallsammlung eine wichtige Hilfe für das Erarbeiten
des Stoffes und zum Verschaffen eines Überblicks zur Rechtsprechung. Es eignet sich zudem für die Bearbeitung von
Fällen und der Bewältigung von Hausarbeiten aus dem europäischen Recht. Zudem ist es ein Nachschlagewerk, welches
auch in der Praxis, z.B. für Rechtsanwälte oder Unternehmen gut einsetzbar ist.
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