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Artikel 6073
Anne-Cathrin Wiesner

Der Klassiker in neuer Auflage

Eine Rezension zu:

Franz-Ludwig Knemeyer

Polizei- und Ordnungsrecht

Lehr- und Arbeitsbuch mit Anleitungen für die Klausur

9. Auflage, 300 S., 19,50 €

C.H. Beck, München 2002
ISBN 3-406-48897-8

http://www.beck.de


Das Allgemeine und auch das Besondere Polizei- und Ordnungsrecht sind Stoffgebiete, die Studenten gewöhnlich nicht sonderlich mögen, weshalb sie bis zur Fortgeschrittenen-Übung oft ein Schattendasein fristen, und dies obwohl Polizei- und Ordnungsrecht neben dem Kommunalrecht den Schwerpunkt der universitären Ausbildung im Verwaltungsrecht bildet. Franz-Ludwig Knemeyer versucht mit seinem nunmehr in neunter Auflage erschienenen Werk dem entgegen zu arbeiten, indem er ein Buch zur Einarbeitung und zum Training des Klausuraufbaus konzipierte. Es erscheint in der Reihe Kurzlehrbücher und behandelt folglich zwar alle wichtigen Themen, jedoch nur in den wesentlichen Grundzügen – eine intensive Beschäftigung mit Spezialthemen ist hierbei dem Leser aufgegeben. Die Konzentration des Buches liegt auf dem Klausurtraining, weshalb auf ausführliche Literatur- und Rechtsprechungsnachweise oftmals verzichtet wurde, um dem Leser die Auswahl zu erleichtern und ihm einen Überblick zu gewähren. Seit der Vorauflage sind keine größeren Gesetzesänderungen realisiert worden, so dass in der Überarbeitung des Werkes der Schwerpunkt auf der Verbesserung der fallbezogenen Darstellung lag.

Knemeyer hat in seine Ausführungen konsequent den Musterentwurf eines Einheitlichen Polizeigesetzes (MEPolG) eingearbeitet, welcher im Anhang gegeben wird, sowie häufig auch die entsprechenden Normen der beiden größten Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen. Um das Werk aber für alle Studenten hilfreich zu gestalten, sind die anderen einschlägigen Landesbestimmungen jedem Kapitel vorangestellt mit dem Hinweis des Verfassers, diese vor Beginn der Bearbeitung eines Kapitels zu lesen und die Normen des MEPolG nach Studium des Abschnitts durch das betreffende Landesrecht zu ersetzen. Diese Methode soll den Leser zu aktiver Mitarbeit bewegen und ihn gleichzeitig mit den für ihn bedeutsamen Normen vertraut zu machen. Zusätzlich wird auf die in der Reihe "Prüfe dein Wissen" erschienene Polizei- und Ordnungsrecht-Fallsammlung verwiesen, um selbstständiges Arbeiten zu fördern.

Einleitend beschäftigt sich der Autor mit der Entwicklung und der Organisation der Gefahrenabwehr. Der Leser erhält einen Überblick über die Entwicklung des Polizeibegriffs, über Tendenzen nach dem zweiten Weltkrieg – wobei auch das Polizeirecht der ehemaligen DDR und das der neuen Bundesländer gesondert betrachtet wird. Anschließend erläutert Knemeyer kurz das Europäische Polizeirecht und definiert die heute geltenden Begriffe materieller (gekennzeichnet durch die Aufgabe der Gefahrenabwehr), formeller (als Summe aller von Gesetzgeber bestimmten Aufgaben) und institutioneller Polizeibegriff. Dem schließt sich ein Kapitel mit Focus auf die Behörden des Bundes bezüglich deren Kompetenzen und Organisationsformen und auf die Behörden der Länder unter Berücksichtigung von Einheits- und Trennsystem an. Auf Bundesebene gilt z.B. das Gebot der Trennung von Verfassungsschutz und Polizei (§ 2 I 3 BVerfSchG). Diese strikte Trennung von Polizei und Ordnungsbehörden ist auf Länderebene nur beschränkt vorzufinden. Das sog. Mischsystem, welches sich durch Deckung von Polizei als Funktion und Institution kennzeichnen lässt, wurde in den Ländern Baden-Württemberg, Bremen, Saarland und Sachsen umgesetzt. In der Praxis haben aber nur wenige der Länder, die dem Trennsystem gefolgt sind, auch getrennte gesetzliche Grundlagen (nur Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen).

Im Hauptteil widmet sich der Autor der Systematik der Polizeirechtsklausur. Hier sei auf die Ausführungen zur Vorauflage (siehe hier) verwiesen, in welcher hierauf sehr ausführlich und gut nachvollziehbar eingegangen wurde. Besonders hervorzuheben ist die gesonderte Betrachtung der Ordnungsrechtsklausur. Knemeyer wählte bewusst eine Trennung von Polizeirecht und Ordnungsrecht zur Verdeutlichung der verschiedenen Strukturen, Behörden und Probleme. Dabei ist auch die Darstellung einiger wichtiger besonderer Ordnungsgesetze wie das Versammlungsgesetz (VersammlG), das Gaststättengesetz (GastG) oder das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG) sehr hilfreich, da diese im Normalfall kaum behandelt werden und doch sehr wichtig für Klausuren und Hausarbeiten werden können.

Dem Anspruch, ein gut strukturiertes Lernbuch zu sein, wird Knemeyers Polizei- und Ordnungsrecht voll und ganz gerecht. Abweichend zu den lobenden Worten in der Vorauflage ist zu kritisieren, dass die Hervorhebungen sehr eintönig sind und daher verwirren; sowohl Legaldefinitionen und Fälle als auch Hinweise sind kaum an der Hervorhebung zu unterscheiden. Schemata sind teilweise anfangs hervorgehoben, teilweise am Ende des Kapitels, wobei manchmal der Sinn nicht wirklich erkannt werden konnte. Auch sind die Verweisungen auf Fälle zur eigenen Arbeit nur auf das "Prüfe dein Wissen"-Buch des gleichen Autors beschränkt, die Fallsammlung z.B. von Schoch in der Juristischen Schulung (JuS) ist aber ebenfalls sehr ausführlich. Angaben zu anderen Autoren wären hier wünschenswert.
Schließlich ist noch anzumerken, dass die den Kapiteln vorangestellte Normen als auch Rechtsprechung und Literatur unsortiert wirken, es erfolgte weder eine alphabetische Ordnung noch eine nach Jahren. Dies kann für Fundstellen eventuell noch mit Bedeutsamkeit erklärt werden, nicht aber für die Landesgesetze. Trotz dieser Kritik ist das Buch durchaus empfehlenswert, immer mit der Maßgabe, dass dieses Werk die Grundlagen geben will und dass es Arbeit erfordert, um es wirklich nutzen zu können.

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