Florian
Kleinmanns 31.10.2005
Alternativkommentar
Einkommensteuerrecht
Eine Rezension zu:
Paul Kirchhof (Hrsg.)
EStG
Kompaktkommentar Einkommensteuergesetz
Heidelberger Kommentar
5. Auflage
C.F. Müller, Heidelberg 2005, 1.789 Seiten, 124,- €
ISBN 3-8114-7304-2
http://www.cfmueller-verlag.de
Anspruchsvoll und unübersichtlich ist das Einkommensteuergesetz,
einfach und verständlich sind die Erläuterungen in diesem
Kurzkommentar, so das Vorwort. Diesen Ansprüchen gerecht zu werden
strebt der noch relativ junge (Erstauflage 2001), dennoch schon in
fünfter Auflage vorliegende Kommentar an. Dazu hat der Herausgeber
Juristen mit hoher wissenschaftlicher Reputation als Autoren gewinnen
können.
Verständlich geraten sind die Erläuterungen tatsächlich. Mehr noch:
für einen Kurzkommentar sind sie ungewöhnlich ausführlich und weisen
reichlich Kontext auf, der weiter dazu beiträgt, das Lesen zu
vereinfachen. Gliederung, Textbild und Vollständigkeit sind in keiner
Weise zu beanstanden.
Ein Kernbereich des Kommentars, den der neuerdings auch durch
politische Ambitionen bekannt gewordene Herausgeber selbst bearbeitet
hat, umfasst die Einleitung und den Paragraphen 2. Dort hat er
Gelegenheit, Verständnis für die "Grundsatzwertungen" des
Einkommensteuerrechts zu zeigen und Kritik an allerlei
Ausnahmetatbeständen zu üben. Diese Abschnitte zeugen aber
gelegentlich von einem ganz eigenen Verständnis des
Wirtschaftsverfassungs- und Steuerrechts. So behauptet Kirchhof
bereits in Rn.§2 der Einleitung, die Verfassung treffe eine
Grundentscheidung für Teilhabe an der Wirtschaft durch private, gegen
Teilhabe an der Wirtschaft durch staatliche Unternehmen, ohne sich mit
Art.§15 des Grundgesetzes auseinanderzusetzen. Und von dem
Postulat "Die Progression [...] findet [...] keine Rechtfertigung
[...]. Freiheit heißt, sich von anderen unterscheiden, also auch mehr
Einkommen erwerben und behalten zu dürfen." (Rn.§5 der
Einleitung) ist es gedanklich nicht mehr weit bis zu einem Satz wie
"Gleichheit heißt, jeden Steuerpflichtigen gleichmäßig zu besteuern,
also jedem Steuerpflichtigen eine betragsmäßig gleiche Steuer
aufzuerlegen."
Demgegenüber sind die bei einem Buch dieses Umfanges unausweichlichen
handwerkliche Fehler nur am Rande zu erwähnen. Hinsichtlich der
Sonderausgaben für Berufsausbildung wird noch die bis 2003 geltende
Rechtslage dargestellt (§§10 Rn.§34), zu einem
bereits im Juli 2004 ergangenen Revisionsurteil wird noch die
erstinstanzliche Entscheidung zitiert (Fn.§8 auf S.§472).
Gesamteindruck:
Ein Kommentar, der zu den meisten praxisrelevanten Fragen eine
ausführliche, vernünftige Antwort liefert, der sich aber insbesondere
auch für den Einstieg in vertiefte Auseinandersetzungen mit einer
Streitfrage eignet.
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