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"Einführung in das Betreuungsrecht" von Jürgen Seichter    Versandkostenfrei & bequem per Rechnung bestellen Onlinebestellung bei der Fachbuchhandlung Platon
Einführung in das Betreuungsrecht

Jürgen Seichter


Ein Leitfaden für Praktiker des Betreuungsrechts, Heilberufe und Angehörige von Betreuten

1. Auflage Mai 2001, 268 Seiten, DM 49,90 Springer Verlag Heidelberg
ISBN 3-540-41832-6

www.springer.de


Das neu im Springer Verlag erscheinende Werk richtet sich zuvörderst an Praktiker des Betreuungsrechts, also vor allem an ehrenamtliche Betreuer und Berufsbetreuer, sowie an Ärzte, Verantwortliche in Pflegeheimen oder Stadtverwaltungen, und last but not least an Angehörige von Betroffenen. In zweiter Linie können und sollen aber auch (angehende) Betreuungsrichter, Rechtspfleger oder auch Jurastudenten Anregungen und Informationen rund um die Rechtsmaterie "Betreuungsrecht" bekommen. Das Buch dient als Einführung und kommt daher ohne tiefer gehende Auseinandersetzung mit dogmatischen Streitigkeiten oder detaillierte Rechtsprechungs- und Literaturhinweise aus; vielmehr würzt der Autor, ein erfahrener hessischer Betreuungsrichter, seine Schilderungen oft mit persönlichen Erfahrungen, Meinungen und Fällen, wodurch sich das Werk sehr gut lesen läßt. Dies ist auch seine große Stärke, nämlich der gelungene Überblick über die tatsächliche Umsetzung des Betreuungsrechts in die Praxis.

Nach einer kurzen Einführung über die rechtliche Entwicklung von der Vormundschaft/Pflegschaft hin zum neuen, seit 1. Januar 1992 wirksamen Betreuungsrecht in den §§ 1896 ff. BGB, wird ausführlich auf die Notwendigkeit einer Betreuung eingangen; diese wird wesentlich geprägt vom sog. "Erforderlichkeitsgrundsatz", der seinen Niederschlag in § 1896 II BGB gefunden hat und sich durch das gesamte Betreuungsrecht zieht. Übersichtlich legt der Autor wesentliche Grundlinien dieser Materie in fett gedruckten Grundsätzen nieder. Weiterhin werden die zentralen Begriffe der "Betreuungsverfügung" und "Vorsorgevollmacht" mit Beispielen aus der Praxis sowie einem Vordruck für die Vorsorgevollmacht erläutert. Im nächsten Kapitel wird dann der Aufgabenkreis der Betreuung behandelt, der von einzelnen Bereichen wie der Vermögenssorge oder dem Aufenthaltsbestimmungsrecht bis hin zum größten Aufgabenbereich "alle Angelegenheiten" mit den jeweils spezifischen Problemen reicht. Besonders zu berücksichtigen ist hierbei das Rechtsinstitut des "Einwilligungsvorbehalts" in § 1903 BGB. Dem Autor gelingt es dabei, auch kompliziertere juristische Konstruktionen und Probleme mit klaren und auch für den juristischen Laien verständlichen Worten zu beschreiben.

Ein Schwerpunkt des Buches behandelt die Person des Betreuers und Grundsätze seiner Amtsführung, also z.B. die Fragen, wer als Betreuer in Frage kommt, wann die Betreuung beginnt und endet, und wie Konfliktsituationen im Rahmen der Betreuung gelöst werden können. Dabei wird mit vielen anschaulichen Beispielen und praktischen Ratschlägen besonders auf die Amtsführung des Berufsbetreuers eingegangen, bei der sich Sonderprobleme wie Abrechnung oder die Pflichten gegenüber dem Vormundschaftsgerichts ergeben.

Ein weiterer Schwerpunkt wird auf den Komplex "Betreuungsrecht und Arzt/Krankenhaus" gelegt, nachdem gerade auch der Mediziner oftmals auf einige Probleme im Zusammenhang mit betreuten Patienten stoßen kann (z.B. Schweigepflicht des Arztes, wirksame Behandlungseinwilligung, Genehmigungspflicht für gefährliche ärztliche Maßnahmen gem. § 1904 BGB, Patientenverfügung/-testament).

Den Themenkomplexen "Unterbringungssachen" gem. § 1906 BGB, "Haftung des Betreuers", sowie "Ärztliche Atteste und Gutachten" werden im Anschluß eigene Kapitel gewidmet, die in prägnanter Form die typischen Problemkonstellationen schildern und auch Mustervordrucke enthalten, wobei der Autor seine eigene Meinung stets wohlbegründet darlegt. Schließlich folgen noch Anmerkungen für (angehende) Betreuungsrichter, wobei Seichter einen Schwerpunkt auf die Notwendigkeit der Anhörung des Betroffenen legt.

Sehr interessant ist am Ende des Buches die Stellungnahme des Autors zum Eckpunktepapier zur Strukurreform des Betreuungsrechts, in der er geplante Änderungen aus der Sicht des Praktikers kritisch unter die Lupe nimmt und insgesamt zu einem negativen Statement kommt.

Als große Hilfe erweisen sich die Gesetzestexte zum Betreuungsrecht, die im Anhang abgedruckt sind, sowie die "Empfehlungen der Bundesärztekammer" zur ärztlichen Sterbebegleitung und dem Umgang mit Patientenverfügungen.

Insgesamt bietet das Werk eine hervorragende und leicht verdauliche Einführung in diese sehr praxisrelevante Materie; alle angesprochenen Leserkreise werden dieses Buch mit großem Gewinn lesen, vor allem diejenigen, die vom Betreuungsrecht noch nicht viel Ahnung haben, sich aber in die rechtliche Seite einarbeiten wollen. Kritikpunkte lassen sich nur wenige finden: So stören etwas die Tipp- und Satzfehler, die sich gegen Ende des Buches häufen; interessant wären auch Ausführungen zu der (sicherlich nicht bei jedem Betroffenen auftretenden) Problematik rund um das Thema "Sexualität" (z.B. erwünschte Prostituiertenbesuche) gewesen. Schließlich fehlt ein Hinweis auf die äußerst erfolgreiche und gut besuchte Mailingliste zum Betreuungsrecht (Informationen unter www.ruhr-uni-bochum.de/zme/ML-Betreuungsrecht.htm). Dies alles sind aber nur - in einer sicherlich erfolgenden 2. Auflage leicht zu behebende - Marginalien gegenüber dem hervorragenden Gesamteindruck, der das Buch trotz seines relativ hohen Preises uneingeschränkt empfehlen läßt.

Giorgio Decker, 09/01

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