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März 2010: Tiere, Menschen und ihre Missverständnisse
März 2010

Tiere, Menschen und ihre Missverständnisse

Spätestens seit einem im Vorjahr erschienenen Aufsatz in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW 2009, 727 ff.) sind juristische Kuriositäten wieder in aller Munde. Auch in der Tierwelt stiften Juristen manch kuriose Verwirrung.

Was war zuerst, Henne oder Ei? Hartgesottene Juristen können diese abwegige Frage nur milde belächeln: Das Ei ist Henne. So will es § 1 Abs. 2 der Bundeswildschutzverordnung: „Der Begriff Tiere […] umfaßt […] ihre Eier, sonstigen Entwicklungsformen und Nester.“ Das wirft natürlich weitere Fragen auf: Gilt auch für Nester das Verbot des § 1 Satz 2 Tierschutzgesetz, „einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zu[zu]fügen“? Wie steht es mit dem Quälen von Eierschalen? Nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes sind Eier nämlich „auch im leeren Zustand“ Tiere!

Noch wilder geht es unter Wasser zu: Nicht nur die Eier, auch das Sperma der Fische genießt ein Privileg, das keine andere Eiweißsuppe nach deutschem Recht für sich in Anspruch nehmen kann: Das Sperma ist Fisch im Sinne des Gesetzes. Denn § 1 Abs. 2 Nr. 4 des Tierseuchengesetzes definiert als „Fisch“: „Fische in allen Entwicklungsstadien einschließlich der Eier und des Spermas“. Folglich gilt auch für Fische, die Sperma sind, das Verbot des § 6 Abs. 1 Tierseuchengesetz: Handelt es sich bei diesem Sperma um ein sog. „verdächtiges Tier“, sind insbesondere seine Ein- und Ausfuhr verboten. Wurde das verdächtige Sperma dennoch eingeführt, erhält sein Eigentümer keine Entschädigung, falls dieser Fisch auf behördliche Anordnung getötet wird. So steht es geschrieben.

Noch manches mehr über die Rechtsverhältnisse der Fauna lernt der neugierige Hobbyzoologe aus der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV). So sind „Rinder: als Haustiere gehaltene Tiere der Gattung Rinder“ (§ 2 Nr. 4 BmTierSSchV), und während „Huftiere“ als „Paarhufer, Unpaarhufer, ausgenommen Einhufer, und Rüsseltiere“ (§ 2 Nr. 1 BmTierSSchV) definiert sind, darf man sich nun nicht einbilden, „Fleisch von Huftieren“ wäre Fleisch von eben diesen Tieren. Nein, „Fleisch von Huftieren“ ist „Fleisch von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Einhufern“ (§ 2 Nr. 12 BmTierSSchV)! Daraus ergibt sich für Rinder, Schafe, Ziegen und Einhufer („Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel, Zebras und Zebroide“, § 2 Nr. 6 BmTierSSchV) die bittere Konsequenz, dass sie zwar keine Huftiere sind, wohl aber ihr Fleisch solches von Huftieren ist! Nur die Schweine sind Huftiere, und im Gegensatz zu allen anderen die einzigen mit Huftierfleisch – tierseuchenrechtlich gesehen. Huftiere ohne Huftierfleisch sind dagegen unter anderem die sog. „Rüsseltiere“, die ansonsten nur zweimal durch die genannte Verordnung stapfen. Gleichwohl sind sie zu Anfang definiert. Das ist auch dringend erforderlich, denn der Laie würde sonst niemals erraten, worum es geht: „Im Sinne dieser Verordnung sind Rüsseltiere: Elefanten“, lautet § 2 Nr. 8 BmTierSSchV. Wenn das mal keine Erkenntnis ist!

Mit tierischen Grüßen,

Ihr
Justus A. Bonus
Kontakt: justus.bonus@jurawelt.com

Der Text ist weitgehend aus dem Aufsatz „Juristische Kuriositäten II“ übernommen; die Genehmigung des Autors liegt vor. Der Aufsatz selbst ist eine juristische Kuriosität: Für ihn gibt es eine Geld-zurück-Garantie!

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