Eine Betrachtung der Hauptpflichten des Industrieanlagenbauers zeigt, dass dieser vertraglich zwei Hauptziele zu erreichen hat: Er ist verpflichtet, die Anlage zum garantierten Zeitpunkt zu liefern und diese in Übereinstimmung mit den vertraglich vereinbarten Leistungsmerkmalen zu erstellen. Verletzungen dieser Pflichten werden in der Praxis des Anlagengeschäfts mit Vertragsstrafen, auch »Pönalen« genannt, sanktioniert.
Aus diesem Grund ist die Vertragsstrafe als eine zentrale Frage des Anlagenvertragsrechts zu betrachten.
Aufgrund bestimmter Schwierigkeiten (fremde Rechtsordnung, andere Handelsbräuche, neue technische Normen, Übersetzungsfehler, kulturelle Missverständnisse, usw.) ist das Vertragsstrafenrisiko bei internationalen Großprojekten viel höher als bei Projekten, deren Durchführung auf das eigene Land begrenzt ist. Eine Verringerung dieses Risikos verlangt eine rechtliche Erfassung der weltweit mangelnden Uniformität der Vertragsstrafe als Rechtsinstitut sowie ein gutes Verständnis der charakteristischen Problemlagen des Industrieanlagenvertrages. Nur so kann die genaue Funktion der Vertragsstrafe in diesen speziellen Vertragsgebilden genügend analysiert und verstanden werden, um schließlich eine angebrachte Vertragsgestaltung zu entwickeln.
Im Exportgeschäft auftretende wirtschaftsrechtliche und kollisionsrechtliche Fragen müssen dabei notwendigerweise mitberücksichtigt werden.
|