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Erfahrungsbericht eines Doktoranden
Erfahrungsbericht eines Doktoranden

Von Ulrich Krämer

Wer hätte es nicht gerne, das kleine, aber feine Kürzel "Dr." vor dem eigenen Namen? Ist es doch Ausdruck höherer akademischer Weihen, gleichsam krönender Abschluss einer regelmäßig langen juristischen Ausbildung, an deren Ende ansonsten nur das profane "Volljurist" steht!

Abgesehen von dieser, eher ideellen Motivation sprechen indes auch ganz handfeste Gründe für eine Promotion: Ein Blick in den einschlägigen Anzeigenteil der NJW offenbart, dass insbesondere Kanzleien, aber auch Unternehmen und Verbände, gesteigerten Wert auf diesen Grad legen. Lediglich bei der Bewerbung für den Staatsdienst bringt ein wissenschaftlicher Abschluss keinen erkennbaren Vorteil (aber auch keinen Nachteil ) mit sich – hier zählen zumeist nur die Noten der Examina.

Vor diesem Hintergrund ist eine Promotion demnach für die meisten Juristen zumindest eine Überlegung wert. Eines sollte dabei jedoch nicht übersehen werden: Der Weg zum "Doktor" ist beschwerlich und erfordert ein hohes Maß an Disziplin und Einsatz. Dies gilt insbesondere in den leider nicht allzu seltenen Phasen, in denen nichts zusammenläuft und man am liebsten alles hinwerfen möchte!

Im Folgenden gilt es, einige Etappen dieses Weges nachzuzeichnen: Wie es die Überschrift des Artikels andeutet, werde ich hierbei auf Erfahrungen zurückgreifen, wie ich sie bislang – im Guten wie im Schlechten – selbst habe machen dürfen. Dennoch glaube ich, dem Leser durchaus auch Exemplarisches zur Hand geben zu können.

Zu Beginn eines jeden Promotionsvorhabens steht die - zugegebenermaßen etwas schlicht anmutende Frage -, worüber denn eigentlich promoviert werden soll. Eng hiermit verknüpft ist die Person des betreuenden Professors, also des Doktorvaters.

In aller Regel hat der Doktorand in spe die mehr oder minder diffuse Vorstellung, beispielsweise "irgendetwas aus dem Bereich des Schuldrechts, vielleicht auch eine aktuelle Frage des Online-Rechts" bearbeiten zu wollen. Immerhin: Auf diese Weise scheiden schon einmal sämtliche Professoren als Doktorväter aus, die einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht oder Strafrecht inne haben............ ! Zu näheren Eingrenzung der Thematik bietet sich an, sodann einem in Frage kommenden Zivilrechtslehrer das Vorhaben auseinanderzusetzen. Erfahrungsgemäß wird dieser – so er denn überhaupt dazu bereit ist, eine Dissertation zu betreuen – entweder mehrere von ihm favorisierte Themen zur Wahl stellen oder darum bitten, die oben genannte Themenbeschreibung erst einmal zu konkretisieren. Vor- und Nachteil beider Alternativen liegen auf der Hand: Bei einem gestellten Thema entfällt die zumeist zeitraubende und somit lästige selbständige Suche. Andererseits besteht das Risiko, sozusagen die Katze im Sack zu kaufen: Nur weil der Professor die Bearbeitung eines bestimmten Gebietes als wissenschaftlich lohnenswert erachtet, heißt dies noch lange nicht, dass man selbst – regelmäßig ohne näheren Einblick in die Materie – hiermit auch zurecht kommen wird. Demgegenüber erlaubt die selbständige Recherche eine gewisse Prognose, welche inhaltlichen Klippen später umschifft werden müssen. Außerdem können hierbei angefertigte Notizen und sonstige "Nebenprodukte" des Suchvorgangs, wie erste Literaturhinweise, bei der eigentlichen Beschäftigung mit der Dissertation durchaus hilfreich sein.

Sehr zu empfehlen ist im jeden Fall die Teilnahme an einem Seminar. Zum einen deshalb, weil aufgrund der intensiven Beschäftigung mit einem bestimmten Themenkomplex die realistische Chance besteht, ein in Frage kommendes Dissertationsthema zu finden. Zum anderen jedoch bietet die Seminarteilnahme die günstige Gelegenheit, den veranstaltenden Professor näher kennenzulernen, um ihn eventuell als zukünftigen Doktorvater ins Auge zu fassen.

Steht das Thema der Dissertation ( und damit zumeist auch die Person des Doktorvaters ) fest, beginnt die eigentliche Arbeit: Zunächst geht es darum, mutmaßlich "passende" Literatur zu sichten und zu verwerten. In aller Regel führt ein Suchergebnis unmittelbar zum nächsten (Schneeballprinzip! ). Um angesichts der Fülle von Informationen nicht schon zu diesem frühen Zeitpunkt den Überblick zu verlieren, empfiehlt sich eine gewisse Beschränkung. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass sich vieles des mühsam Angelesenen zwar abgewandelt, jedoch vergleichbaren Inhalts auch bei anderen Autoren wiederfindet. Im Moment der ersten Kenntnisnahme liegt allerdings der Gedanke nahe, einen völlig neuen Aspekt der Thematik ausfindig gemacht zu haben – die Konfusion ist perfekt.

Überhaupt hat es wenig Sinn, sich ohne Plan und Ordnung in das Dickicht von Zeitschriften, Monografien und Gesamtdarstellungen zu begeben. Viel besser ist es dagegen, schon frühzeitig eine mehr oder minder detaillierte Gliederung der Dissertation anzufertigen, um sich anschließend den einzelnen Gliederungspunkten inhaltlich anzunähern. Um die Gefahr unliebsamer Überraschungen möglichst gering zu halten, sollte die Gliederung allerdings mit dem betreuenden Professor hinreichend abgestimmt sein. Dieser kann dann etwaige Versäumnisse und Defizite korrigieren und so manchen Irrweg des Doktoranden vermeiden helfen. Apropos Doktorvater: Selbstverständlich handelt es sich bei einer Dissertation um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung. Dies schließt aber keineswegs aus, seinen Doktorvater im Falle unüberwindlich erscheinender Hindernisse um fachkundigen Rat zu bitten. Generell ist es für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit wichtig, dass von Zeit zur Zeit Zwischenergebnisse präsentiert werden: Der betreuende Professor ist dann über das Voranschreiten der Dissertation in ausreichendem Maß in Kenntnis gesetzt, während der Doktorand das beruhigende Gefühl hat, wenigstens auf dem richtigen Wege zu sein.

Auch die beste und ausgefeilteste Gliederung hat indes wenig Nutzen, solange sie nicht mit Inhalt, d.h. Text, angefüllt wird. So banal es auch klingen mag: Die eigentliche Schreibarbeit stellt das Hauptproblem einer jeden Dissertation dar. Die Darstellung eines Sachverhalts oder einer Meinungsstreitigkeit, ja selbst die schlichte Einführung in einen neuen Gliederungspunkt, mag "im Kopf" oder auf dem Schmierzettel als völlig unproblematisch erscheinen: Schwierig wird es erst dann, wenn man am Schreibtisch sitzt und versucht, das eben noch so unproblematisch Anmutende aufs Papier zu bringen. Übrigens stellt es einen fatalen Trugschluss dar – der Autor spricht insoweit aus eigener, leidvoller Erfahrung - , hierbei zunächst "ins Unreine" zu schreiben, um "irgendwann einmal, wenn nichts anderes zu tun ist", dem Text seine endgültige Fassung zu geben (Hrsg: aA; wer beim ersten Versuch perfekt formulieren möchte, wird womöglich gar nichts zu Papier bringen. Die wiederholte Überarbeitung des Textes stellt den Großteil der Arbeit und den Weg zum Erfolg bei jedem geschriebenen Werk dar.). Zum einen wird dieser Zeitpunkt in aller Regel so bald nicht eintreten, zum anderen jedoch hätte ein Hinausschieben zur Konsequenz, dass man sich erst wieder mühsam in das halbfertige Manuskript einarbeiten muss. Aus demselben Grund sollte man sich davor hüten, Textstellen zunächst nur rudimentär oder im Extremfall überhaupt nicht mit Fußnoten zu belegen: Nichts ist nervenaufreibender, als einen monatelang ad acta gelegenen Text im Nachhinein mit den passenden Zitaten zu versehen – zumal dann, wenn die Anlage eines vollständigen, d.h. fortlaufend geführten Literaturverzeichnisses ebenfalls versäumt worden ist.

Die genaue und intensive Beschäftigung mit der Dissertation setzt jedoch Disziplin und vor allem eine hohe persönliche Frustrationsgrenze voraus: Spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem sich das sichtbare Ergebnis einiger Arbeitswochen auf wenige Zeilen im Computer erstreckt, taucht unweigerlich die Frage nach dem "Wozu das alles überhaupt ?" auf. In diesem Fall hilft nur eines: Die Arbeit erst einmal ruhen lassen und am nächsten Tag mit frischer Kraft und Motivation wieder neu beginnen.

Denn, wer hätte es nicht gerne, das kleine, aber feine Kürzel "Dr." vor dem eigenen Namen?



Der vorstehende Beitrag ist erschienen im Bewerber-Newsletter Karriere-Jura und wird mit freundlicher Genehmigung der Dr. von Göler Verlagsgesellschaft veröffentlicht.


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