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"Das gerichtliche Mahnverfahren" von Sven Forst
In nahezu jeder Anwaltskanzlei, unabhängig davon, ob sich die Kanzlei auf ein oder mehrere Fachgebiete spezialisiert hat, ist die Durchführung des außergerichtlichen sowie gerichtlichen Mahnverfahrens gefordert. Die nachstehenden Ausführungen sollen sowohl Juristen als auch deren Mitarbeitern die Merkmale und Besonderheiten des Mahnverfahrens aufzeigen, welche bei der Durchführung des Verfahrens zu beachten sind.

Nachdem das außergerichtliche Mahnverfahren, welches meist lediglich in der Ausbringung eines anwaltlichen Aufforderungsschreibens besteht, erfolglos geblieben ist, bietet sich die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens an. Dieses bietet gegenüber dem „konventionellen„ Klageverfahren eine Reihe von Vorteilen bzw. Besonderheiten. Eine Besonderheit liegt in der Zuständigkeit der Gerichte.

Gemäß § 689 II ZPO ist ausschließlich das Amtsgericht für die Durchführung des Mahnverfahrens zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Jedoch kann nicht jedes Amtsgericht auch als Mahngericht fungieren, sondern lediglich diejenigen Amtsgerichte, welchen durch die Landeregierungen die Mahnverfahrensbearbeitung zugewiesen wurde (vgl. § 689 III ZPO). Für einen Antragsteller, welcher bspw. seinen allgemeinen Gerichtsstand in Rheinland-Pfalz hat, ist das Amtsgericht in Mayen ausschließlich für die Bearbeitung der Mahnverfahren zuständig. Lediglich für Antragsteller, welche keinen allgemeinen Gerichtsstand im deutschen Inland haben, hat das Amtsgericht Berlin-Schöneberg ausschließliche Zuständigkeit.

Vor Beantragung eines Mahnbescheides, welcher die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens darstellt, ist zu prüfen, ob das zuständige Mahngericht das sog. automatisierte Mahnverfahren betreibt. Ist dies der Fall, werden hierfür spezielle maschinell lesbare Antragsformulare benötigt, welche jedoch – wie auch die Antragsformulare für das nicht maschinelle Verfahren – im gut sortierten Schreibwarenfachhandel erhältlich sind. Das Ausfüllen des Formulares erklärt sich z. T. selbst, für weitergehende Fragen existiert ein sog. Fragenkatalog für Anspruchsteller, dem die weiteren Informationen zum Ausfüllen des Formulares zu entnehmen sind.

Einen entscheidenden Vorteil des Mahnverfahrens bietet das im Gegensatz zum ordentlichen Klageverfahren minimierte Kostenrisiko, da im Mahnverfahren lediglich eine halbe Gerichtsgebühr anfällt, was einer Ersparnis von über 80 % entspricht. Allein dieser Faktor sollte jedem Rechtsanwalt im Hinblick auf die Kostenminimierung Anlaß sein, seinen Mandanten vor Einleitung des Klageverfahrens zur Durchführung des Mahnverfahrens zu raten. Hierbei gilt jedoch zu beachten, daß das Mahnverfahren bzw. der Mahn- und Vollstreckungsbescheid lediglich den Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme in Euro zum Gegenstand haben kann (vgl. § 688 I ZPO).

Ein weiterer entscheidender Vorteil des Mahnverfahrens liegt in der Verfahrensdauer, da hier keine Prüfung der geltend gemachten Forderung auf die tatsächliche Rechtmäßigkeit durch das Gericht stattfindet. Vorschriften, welche eine mündliche Verhandlung voraussetzen, finden keine Anwendung. Bei Geltendmachung eines zulässigen Anspruches im Mahnverfahren entfällt gem. § 15a II 5 EGZPO auch die evtl. Notwendigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens. Der Mahnbescheidsantrag wird lediglich auf seine formelle Richtigkeit gem. § 690 ZPO überprüft und erlassen. Sollte der Antrag etwaige Formmängel aufweisen, wird der Antragsteller hiervon durch das Mahngericht unterrichtet und aufgefordert, den Formmangel mittels des der Mitteilung beiliegenden Formulares zu heilen.

Mangels ausführlicher Prüfung des Antrages gilt es jedoch, folgendes zu beachten:

Im Falle des Widerspruches gegen den Mahnbescheid wird die Angelegenheit - sofern der Antragsteller der Durchführung des streitigen Verfahrens zugestimmt hat - immer an das Prozeßgericht abgegeben, welches im Antrag bezeichnet ist! Es ist ohne Belang, ob das angegebene Gericht tatsächliche Zuständigkeit gem. Zivilprozeßordnung hat oder nicht. Wurde aufgrund der Falschangabe des Streitgerichtes im Mahnbescheidsantrag die Angelegenheit an ein örtlich oder sachlich unzuständiges Gericht abgegeben, ist der Antragsteller gezwungen, zuzuwarten, bis er von diesem unzuständigen Gericht die entsprechende Unzuständigkeitsmitteilung erhält bzw. zur Beantragung der Abgabe des Verfahrens an das zuständige Gericht aufgefordert wird. Daher empfiehlt es sich, die Zuständigkeit des Streitgerichtes vor Mahnbescheidsbeantragung immer zu prüfen, um die Dauer des Verfahrens nicht unnötig zu verzögern.

Ist der Mahnbescheid erlassen, wird dieser dem Antragsgegner zugestellt, worüber der Antragsteller ebenfalls benachrichtigt wird.

Ein nicht unwesentlicher Aspekt ist die Wirkung des Mahnbescheides auf den Lauf der Verjährung; diese wird mit Zustellung des Mahnbescheides gehemmt (§ 204 S.1 Nr. 3 BGB), wobei die Hemmung auch dann noch wirkt, wenn eine fristgerechte Zustellung nicht mehr möglich ist, diese jedoch demnächst erfolgen soll (vgl. § 167 ZPO).

Gemäß § 692 I 3 ZPO hat der Antragsgegner ab Zustellung des Mahnbescheides die Möglichkeit, binnen einer Frist von zwei Wochen gegen den gesamten oder einen Teilanspruch Widerspruch zu erheben. Sofern ein fristgerechter Widerspruch erfolgt ist, ist das Mahnverfahren beendet. Der Antragsteller muß sich nun entscheiden, ob er seinen Anspruch im Wege des Klageverfahrens geltend machen will oder auf die Durchsetzung verzichtet. Dies gilt ebenfalls für den Fall des Teilwiderspruches, wobei der Mahnbescheid in Höhe des nicht widersprochenen Anspruches erlassen wird.

Bleibt der Widerspruch des Antragsgegners aus, so wird dem Antragsteller unaufgefordert durch das Gericht ein Antrag auf Erlaß eines Vollstreckungsbescheides übersandt. Die Vollendung der vierzehntägigen Widerspruchsfrist vor Beantragung des Vollstreckungsbescheides muß gewährleistet sein, worauf jedoch im entsprechenden Antragsformular gesondert hingewiesen wird.

Der Antrag auf Erlaß eines Vollstreckungsbescheides besteht lediglich aus einem einseitigen Formular, in welchem die Parteienbezeichnungen bereits in Kurzform enthalten sind. Dem Antragsteller wird hier noch die Möglichkeit gegeben, eventuelle weiter entstandene Kosten, wie bspw. die Kosten für die Einholung einer Einwohnermeldeamtsanfrage der Mahnbescheidsforderung als sog. Nebenforderung hinzuzusetzen. Als Nebenforderung werden all jene Beträge bezeichnet, welche nicht verzinslich sind und im Zusammenhang mit der Hauptforderung stehen. Dies können etwa auch Portokosten oder auch Bankrücklastkosten sein, wenn also die geltend gemachte Forderung zunächst durch den Antragsgegner per Scheck beglichen, der Scheck jedoch mangels Deckung des bezogenen Kontos retourniert wurde und die Bank entsprechende Rücklastgebühren berechnet hat.

Auch können dem Antragsteller zwischenzeitlich bekannt gewordene Anschriftenänderungen des Antragsgegners in dem Formular angegeben und somit bei der Zustellung des Vollstreckungsbescheides berücksichtigt werden. Der Antragsteller ist gemäß § 699 I ZPO verpflichtet, mögliche zwischenzeitlich geleistete Zahlungen dem Gericht ebenfalls mitzuteilen.

Auf Grundlage des Mahnbescheides sowie der im Antrag auf Erlaß eines Vollstreckungsbescheides enthaltenen Angaben erläßt das Mahngericht einen Vollstreckungsbescheid. Der Antragsteller kann im Antragsformular entscheiden, ob er die Zustellung des Vollstreckungsbescheides selbst oder über das Gericht bewirken will. Gesonderte Kosten für die Zustellung durch das Gericht entstehen nicht.

Gemäß § 700 I ZPO steht der Vollstreckungsbescheid einem vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil gleich und ist somit ein Titel, aus dem der Gläubiger sofort und ohne Sicherheitsleistung vollstrecken kann. Sofern ein Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid erfolgt, so wird die Angelegenheit an das im Mahnbescheidsantrag zuständige Streitgericht abgegeben.

Die Kosten im Überblick

Gerichtskosten:

Die Gerichtskosten betragen für das gesamte Mahnverfahren bis zum Erlaß des Vollstreckungsbescheides eine halbe Gebühr, ausgehend von der geltend gemachten Hauptforderung.

Rechtsanwaltsgebühren:

Für die Einleitung des Mahnverfahrens erhält der Rechtsanwalt gem. § 43 I 1 BRAGO eine Gebühr in Höhe von 10/10. Hierbei ist zu beachten, daß diese Gebühr auf die in einem eventuell folgenden Klageverfahren anfallende Prozeßgebühr gem. § 31 I 1 BRAGO unter Berücksichtigung des Streitwertes des Klageverfahrens anzurechnen ist.

Für den Antrag auf Erlaß eines Vollstreckungsbescheides steht dem Rechtsanwalt eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 5/10 aus der geltend gemachten Forderung zu (§ 43 I 3 BRAGO).

Erhebt der Rechtsanwalt lediglich Widerspruch gegen einen Mahnbescheid, so erhält er hierfür eine Gebühr in Höhe von 3/10 (§ 43 I 2 BRAGO). Auch diese Gebühr ist, ebenso wie die Gebühr gem. § 43 I 1 BRAGO auf die in einem nachfolgenden Rechtsstreit anfallenden Gebühren anzurechnen, sofern der Rechtsstreit die gleiche Forderung zum Gegenstand hat.

Anhand der vorstehenden Ausführungen wird deutlich, daß das Mahnverfahren für den Gläubiger allein aus Gründen der Kostenreduzierung das erste Mittel der Wahl sein sollte.

Da es jedoch auch immer häufiger vorkommt, daß die Kanzleien ihre eigenen Forderungen nicht mehr allein durch wohlwollende Zahlungserinnerungen zu realisieren vermögen, ist abschließend zu bemerken, daß das gerichtliche Mahnverfahren auch für den Rechtsanwalt selbst eine einfache und kostengünstige Möglichkeit darstellt, die eigenen Forderungen beizutreiben.

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