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"Der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Stiftungsrechts" von Kirstin Schulz
Kirstin Schulz

Unter der Federführung des Bundesministeriums der Justiz hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht den Reformbedarf auf dem Gebiet des Stiftungsprivatrechts untersucht. Zielsetzung des Berichts war es, Änderungsbedarf festzustellen und konkrete Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Untersuchungsobjekt waren im Wesentlichen die rechtsfähigen Stiftungen des privaten Rechts. Im Zuge der Beratungen wurden die wichtigsten Verbände und Einrichtungen aus der Stiftungspraxis sowie Sachverständige angehört. Des Weiteren wurden Umfragen bei den Stiftungsbehörden selbst durchgeführt und Änderungsvorschläge der politischen Parteien berücksichtigt.

In ihrem Bericht vom 19.10.2001 schlägt die Arbeitsgruppe folgende gesetzliche Regelungen vor:


- Rechtsanspruch auf die Genehmigung/Anerkennung der Stiftung (im BGB formuliertes "Recht auf Stiftung"),
- abschließende bundeseinheitliche Bestimmung der materiell-rechtlichen Voraussetzung für das Entstehen einer Stiftung bürgerlichen Rechts,
- Zulässigkeit aller gemeinwohlkonformen Zwecke (also keine Einschränkung der zulässigen Stiftungszwecke),
- Ersetzung des Begriffs "Genehmigung" durch "Anerkennung".

Die rechtlichen Grundlagen für die rechtsfähigen Stif-tungen des Privatrechts sind bundeseinheitlich in den §§ 80 – 88 BGB geregelt. Einzelheiten der rechtlichen Ausgestaltung erfolgen durch Landesrecht. Zum Ende des Jahres 2000 gab es in Deutschland ca. 9.600 rechtsfähige Stiftungen des Privatrechts. Dabei handelt es sich um kirchliche Stiftungen, kommunale Stiftungen, Familienstiftungen, unternehmensverbundene Stiftungen und Mischformen. Die Zahl der Stiftungsneugründungen stieg in den letzten Jahren erheblich, im Jahr 2000 waren es 681. Das Anfangsvermögen bewegte sich bei der Mehrheit der Stiftungen zwischen 50.000 und 150.000 €.

Einen Schwerpunkt des Berichtes bildet die Frage, ob das bestehende Genehmigungsverfahren durch ein Registrierungsverfahren abgelöst werden soll. Nach geltendem Recht wird von der Landesstiftungsbehörde auf Antrag die Genehmigung zur Errichtung einer Stiftung erteilt, wenn die hierfür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Voraussetzungen sind nach dem BGB im Wesentlichen das schriftliche Stiftungsgeschäft, das Stiftungsvermögen und der Stiftungszweck, der das Gemeinwohl nicht gefährden darf. Als Alternative zu diesem Konzessionssystem wurde vorgeschlagen, dass die Stiftung ihre Rechtsfähigkeit erst durch Eintragung in ein Stiftungsregister erlangen soll. Als Argumente für den Vorschlag eines Registrierungssystems wurden im Wesentlichen angeführt, dass hierdurch das durch die Ländergesetze zersplitterte Recht vereinheitlicht, ein "Recht auf Stiftung" geschaffen und der derzeit zu große Ermessensspielraum der Behörden bei der Genehmi-gungserteilung abgeschafft würde. Die Anhörung der Verbände, Sachverständigen und Stiftungen hat jedoch erheben, dass grundsätzlich eine Zufriedenheit mit der bestehenden Genehmigungspraxis in den Ländern besteht. Es wurde lediglich kritisiert, dass die Verfahren in Einzelfällen zu lange dauerten und die Behörden teilweise zu unflexibel seien. Die Untersuchung des bestehenden Genehmigungsverfahrens hat folgendes ergeben:

Die durchschnittliche Zeitdauer vom Antrag bis zur Er-teilung der Genehmigung wurde mit durchschnittlich 193 Kalendertagen errechnet, davon beträgt die reine Bearbeitungszeit lediglich 44 Tage. Das Verfahren wird in der Regel mit Genehmigungserteilung abgeschlossen, in wenigen Fällen wird der Antrag auf Genehmigung zurückgezogen und nur in sechs Fällen innerhalb der letzten zehn Jahre wurden Anträge förmlich abgelehnt. Zur Vereinfachung und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens schlägt die Arbeitsgruppe vor, die Anforderungen an die gefordertenUnterlagen zu reduzieren. Nach Auffassung der Arbeitsgruppe sind Belege zum Nachweis des Vermögens des Stifters nicht notwendig erforderlich, da die ent-sprechende Zusicherung des Stifters bereits im Stiftungsgeschäft enthalten sei. Auf eine formale Be-reitschaftserklärung der Organmitglieder könne ebenfalls verzichtet werden, weil der Stifter in der Regel nicht Personen als Organmitglieder bestimmen wird, die zur Übernahme dieser Organstellung nicht bereit sind. Eine Aufstellung der Organmitglieder mit Namen und Anschrift sei zwar zweckmäßig, jedoch nicht zwingend notwendig für die Genehmigungserteilung. Die Genehmigung solle weiterhin nicht vom Vorliegen der steuerbehördlichen Bescheinigung abhängig gemacht werden, es sei denn, dass dies vom Stifter ausdrücklich gewünscht wird. Der Nachweis über die Vertretungsbefugnis bei juristischen Personen sei jedoch unbedingt notwendig. Die Einforderung eines "Wirtschaftsplans", die Zustimmungserklärung des Dienstherrn eines vorgesehenen Organmitglieds sowie die Vorlage notariell beglaubigter Unterschriftsproben sollen nicht zur Voraussetzung für die Genehmigungserteilung gemacht werden. Im Ergebnis reichen folgende Unterlagen aus: schriftliches Stiftungsgeschäft mit der Zusicherung des Stifters über die Vermögensausstattung, schriftliche Stiftungssatzung und schriftlicher Antrag auf Genehmigung der Stiftung.

Bei einem Registrierungsverfahren wären die Voraus-setzungen in etwa die gleichen, wie sie jetzt an einen Antrag auf Genehmigung einer Stiftung gestellt werden. Vorteil eines Stiftungsregisters wäre die damit verbundene Publizitätswirkung und Transparenzfunktion. Entfaltet die Eintragung in das Register eine konstitutive Wirkung, so ist dies mit einem deutlich erhöhten Aufwand für die Stiftungen und die Stiftungsbehörden verbunden. Dieser erhöhte Aufwand wird nach Ansicht der Arbeitsgruppe nicht durch die etwaigen Vorteile des Stiftungsregisters aufgehoben. Soweit auf die konstitutive Wirkung verzichtet wird, wäre das Registrierungsverfahren im Wesentlichen gleich zu dem derzeit praktizierten Genehmigungsverfahren. Eine solche formale Umstellung des Verfahrens würde letzt-lich nichts Grundsätzliches ändern. Die Arbeitsgruppe empfiehlt daher die Beibehaltung des Genehmigungsverfahrens und schlägt einige Verbesserungen vor. Im Interesse der Rechtsklarheit sollte ein bundesgesetzlicher Rechtsanspruch auf Genehmigung der Stiftung geschaffen werden. Der Stifter erhielte somit im BGB ein subjektiv-öffentliches Recht auf Stiftung. Die Bezeichnung "Genehmigung" wird von der Arbeitsgruppe als veraltet angesehen. Der Gedanke des Rechtan-spruchs auf Stiftung könne besser durch die Bezeichnung "Anerkennung" zum Ausdruck gebracht werden. Weiter soll von dem Begriff der "Anerkennung" eine positive Signalwirkung gegenüber dem Stiftungswilligen geschaffen werden. Zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens wurde auch diskutiert, eine Genehmigungsfiktion nach Fristablauf einzuführen. Wegen der Gefahr der voreiligen Ablehnung ohne ausreichende Prüfung wurde dieser Vorschlag jedoch abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde der Vorschlag, das Genehmigungsverfahren mit dem Verfahren vor dem Finanzamt formell zu verbinden. Es handele sich hier um zwei völlig voneinander unabhängige Entscheidungen und die Stiftungsbehörde könne keine materielle steuerliche Entscheidung treffen. Vorzugswürdig sei die Lösung, den Stiftungswilligen weiterhin die Abstimmung mit den Finanzbehörden als Service-Leistung anzubieten.

Die Arbeitsgruppe untersuchte ferner die Vorteile von Stiftungsverzeichnissen, die bereits in 13 Bundesländern auf gesetzlicher Grundlage geführt werden. Die Arbeitsgruppe hält es für sinnvoll, auf Landesebene Stiftungsverzeichnisse zu führen, die Auskunft über Name, Zweck, Sitz und Anschrift der Stiftung geben. Diese Verzeichnisse sollen für jedermann zugänglich sein. Hierdurch wird dem Interesse des Rechtsverkehrs an dem Bestand der rechtsfähigen Personen Rechnung getragen. Eine bundesgesetzliche Regelung hält sie jedoch für unzulässig und empfiehlt daher, in die Stiftungsgesetze der Länder, soweit noch nicht geschehen, entsprechende Vorschriften aufzunehmen. Weiterhin sollten in die Stiftungsgesetze der Länder eine Vorschrift zur Ausstellung von Vertretungsbescheinigungen durch die Stiftungsbehörden aufgenommen werden.

Weiter wurde diskutiert, den zulässigen Stiftungszweck auf steuerbegünstigte Zwecke zu beschränken. Als Argument dafür wird angeführt, dass hierdurch das Ansehen der Stiftung als förderungswürdig gewahrt bliebe und ein Missbrauch für private Zwecke verhindert werden müsse. Die Arbeitsgruppe spricht sich jedoch für die Beibehaltung des Prinzips der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung aus. Die privatnützige Stiftung sei grundsätzlich nicht als etwas negatives anzusehen, sondern habe oftmals zugleich einen gemeinnützigen Nebenzweck. Aufgrund der durch die Vermengung von Zivil- und Steuerrecht bestehenden Probleme und des andererseits nicht erkennbaren Nutzens rät die Arbeitsgruppe von einer Beschränkung der zulässigen Stiftungszwecke auf steuerbegünstigte Zwecke ab. Sie schlägt vor, in die Vorschriften des BGB aufzunehmen, dass die Errichtung einer Stiftung zu jedem das Gemeinwohl nicht gefährdenden Zweck zulässig ist. Die Institute von Stiftungen "auf Zeit" und "Verbrauchsstiftungen" werden von der Arbeitsgruppe als unzulässig betrachtet. Einen Änderungsbedarf hinsichtlich der Zweckänderungen durch den Stifter kann die Arbeitsgruppe nicht erkennen. Eine nachträgliche Korrektur des Stiftungszwecks sei auch nach den derzeitigen gesetzlichen Regelungen möglich. Es sei Aufgabe der Stiftungsbehörden, die bestehenden Regelungen zu den Zweckänderungen unter Wahrung des Stifterwillens flexibler handzuhaben.

Als besondere Erscheinungsformen von Stiftungen wurden die Bürgerstiftung, die Familienstiftung, die unternehmensverbundene Stiftung, die kirchliche Stiftung und die nicht rechtsfähige Stiftung näher untersucht. Gesetzlichen Sonderregelungen für diese Erscheinungsformen werden von der Arbeitsgruppe nicht für notwendig erachtet. Gerade das Fehlen von speziellen Regelungen gewährleiste eine besondere Flexibilität in diesen Bereichen.

Es wurde auch die generelle Einschränkung der Aufsicht und die Ausgliederung der Aufsicht aus der Landesverwaltung näher untersucht. Aufgabe der staatlichen Aufsicht sei es, ausreichende Kontrollmechanismen zur Verfügung zu stellen und dadurch das Ansehen und die Zuverlässigkeit der Stiftungen zu gewährleisten. Hinsichtlich der Stiftungen, die ausschließlich private Zwecke verfolgen, empfiehlt die Arbeitsgruppe eine Einschränkung der Aufsicht. In diesem Bereich sei eine staatliche Aufsicht über die Zweckerfüllung nicht in demselben Maße notwendig, weil der Kreis der Stiftungen in der Regel begrenzt und überschaubar ist, sodass diese selbst auf die Erfüllung der Stiftungszwecke achten können. Der Vorschlag, die Aufsicht über Stiftungen durch Selbstverwaltungskörperschaften öffentlichen Rechts zu ermöglichen, in denen die Stiftungen dann Pflichtmitglieder wären, wurde von der Arbeitsgruppe abgelehnt. Es entstünden unnötige zusätzliche Kosten und wirke sich kontraproduktiv auf die Errichtung von Stiftungen aus.

Die Einführung von Rechnungslegungs- und Veröffentlichungspflichten wird von der Arbeitgruppe als nicht notwendig bzw. hinderlich erachtet. Die bestehenden Pflichten seien in vollem Umfang ausreichend.

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