Einführung
Der Gattungskauf vor und nach der Schuldrechtsreform
Der folgende Beitrag widmet sich der Frage, wie sich die Rechtslage im
Bereich des Gattungskaufs nach der Reform des Schuldrechts im Vergleich zum
bisher geltenden Recht darstellt.
Während Teil 1 Bedeutung und Rechtsfolgen des Unvermögens des
Schuldners zum Gegenstand hat, betrifft Teil 2 die Ausgestaltung der
Sachmängelgewährleistung.
1. Teil: Unvermögen des Schuldners bei der Gattungsschuld
A. Regelung des § 279 a.F. BGB[1]
I. Allgemeines
§ 279 a.F. lag der Gedanke zugrunde, daß der sich zur Lieferung
einer Gattungssache verpflichtende Schuldner regelmäßig die
Gewähr für die Beschaffenheit sowie das Beschaffungsrisiko
übernimmt. Die Vorschrift begründete mithin für den Schuldner
eine verschuldensunabhängige
Einstandspflicht.
[2]
Allerdings kam § 279 a.F. lediglich deklaratorische Bedeutung zu: Da
der Schuldner einer Gattungsschuld nicht verpflichtet ist, bestimmte Stücke
zu liefern, sondern nur irgendein Stück aus der Gattung von mittlerer Art
und Güte (vgl. §§ 243 Abs.1, 360 HGB) schuldet, ergibt sich
bereits aus dem Inhalt seiner Leistungspflicht, daß seine Schuld so lange
fortbesteht wie er sich die entsprechenden Stücke der Gattung verschaffen
kann.
[3]
II. Anwendungsbereich
§ 279 a.F. galt für die marktbezogene Gattungsschuld, bei der der
Schuldner zur Beschaffung der betreffenden Sache auf den gesamten Markt
zurückgreifen kann. Demgegenüber fand die Vorschrift keine Anwendung,
wenn der Schuldner nach der Parteivereinbarung aus seinem Vorrat liefern sollte
(Vorratsschuld)
[4], und sobald sich die
Gattungsschuld durch Konkretisierung gem. § 243 Abs.2 in eine
Stückschuld gewandelt hatte.
[5]
Schließlich war § 279 a.F. bei Stückschulden analog
anzuwenden, wenn der Schuldner die Verpflichtung übernommen hatte, den
geschuldeten Gegenstand zu beschaffen (sogenannte Beschaffungsschuld).
[6]
III. Reichweite der Einstandspflicht
Zunächst ist festzustellen, daß § 279 a.F. bereits seinem
Wortlaut nach auf den Bereich der subjektiven Unmöglichkeit
(Unvermögen) begrenzt und eine Einstandspflicht des Schuldners
grundsätzlich gegeben war.
Jedoch war die Vorschrift insoweit zu weit formuliert, als der Schuldner
für jedes Unvermögen verschuldensunabhängig einzustehen hatte,
auch wenn dies nicht auf der Realisierung des spezifischen Beschaffungsrisikos
basierte. Als Beispiel sei der Fall genannt, daß der Schuldner erkrankt
war und aus diesem Grunde die Ware nicht ausliefern konnte.
So wurde § 279 a.F. von der hM denn auch teleologisch reduziert, wenn
das Unvermögen auf persönliche Hinderungsgründe
zurückzuführen war, die von der Eigenart der Schuld als Gattungsschuld
unabhängig waren. Da kein Anlaß bestand, Gattungsschulden insoweit
anders zu behandeln als Stückschulden, war in derartigen Fällen nicht
§ 279 a.F., sondern die §§ 275 Abs.2, 276 a.F.
maßgeblich.
[7]
Im Übrigen konnte die Verantwortlichkeit nach § 279 a.F. dann
entfallen, wenn dem Schuldner die Beschaffung von Gegenständen der
betreffenden Gattung infolge nicht vorhersehbarer Umstände unzumutbar
war
[8], wobei zum Teil auf §
242
[9], zum Teil auf die Grundsätze
über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage
[10] abgestellt
wurde.
IV. Rechtsfolge
Als Rechtsfolge ergab sich, daß der Erfüllungsanspruch des
Gläubigers so lange bestehen blieb, wie der Schuldner sich Stücke aus
der Gattung auf dem Markt beschaffen konnte.
B. Gesetzliche Neukonzeption
I. Streichung des § 279
Der Gesetzgeber hat § 279 im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts
mit Wirkung zum 1.1.2002 aufgehoben und damit der an dieser Vorschrift
geübten Kritik Rechnung getragen. Wie in der Begründung zum
Regierungsentwurf deutlich wird
[11], war Grund
für die Streichung des § 279 vor allem die schon bisher anerkannte
Annahme, daß ein Beschaffungsrisiko nicht nur bei Gattungsschulden,
sondern vielmehr auch bei Stückschulden übernommen werden kann und
§ 279 folglich in dieser Hinsicht zu eng formuliert
war.
[12]
Der dem früheren § 279 zugrundeliegende Gedanke einer Haftung
für Beschaffungsrisiken hat allerdings in verallgemeinerter Form in §
276 Abs.1 Satz 1 seinen Niederschlag gefunden: Das Verschuldensprinzip des
§ 276 Abs.1 S.1 Halbs.1 wird danach bei „Übernahme eines
Beschaffungsrisikos“ nach § 276 Abs.1 S.1 Halbs.2 Alt.2 durchbrochen
und es besteht in diesem Fall eine verschuldensunabhängige
Haftung.
Im Falle eines Gattungkaufs, bei dem es dem Verkäufer überlassen
ist, eine im Sinne von § 243 Abs.1 erfüllungstaugliche Sache aus
seinem Vorrat oder auf dem Markt auszuwählen, wird der Verkäufer im
Kaufvertrag typischerweise die Mangelfreiheit der Gattungssache garantieren, es
sei denn, er macht unmißverständlich klar, gerade keine derartige
Garantie übernehmen zu
wollen.
[13]
§ 276 Abs.1 S.1 bringt damit zweierlei zum Ausdruck: Zum einen wird
durch die Anknüpfung an die „Übernahme eines
Beschaffungsrisikos“ deutlich, daß nicht die begriffliche Einordnung
als Gattungsschuld entscheidend ist, sondern es vielmehr auf das
Beschaffungselement ankommt, welches auch in einer Stückschuld enthalten
sein kann.
Andererseits zeigt die neue Fassung des § 276 Abs.1 S.1, daß die
Einstandspflicht nur im Rahmen des übernommenen Beschaffungsrisikos
besteht, für sonstige Störungen aber keine Haftung zu begründen
vermag.
II. Regelung in § 275 Abs.2
Was das Unvermögen bei der Gattungsschuld anbetrifft, so wird nach der
neuen Rechtslage maßgeblich auf § 275 Abs.2 abzustellen sein, der die
sogenannte praktische Unmöglichkeit zum Gegenstand hat.
Ist die Leistung aus der Gattung an sich noch möglich, doch stehen dem
Schuldner keine Vorräte mehr zur
Verfügung
[14], muß er versuchen, die
Ware auf dem Markt zu beschaffen und auf diese Weise seine
Leistungsfähigkeit wiederherstellen.
Etwas anderes gilt indes, wenn der hierfür erforderliche Aufwand in
einem groben Mißverhältnis zum Leistungsinteresse des Gläubigers
steht: Da das Beharren des Gläubigers auf Erbringung der Leistung einen
Rechtsmißbrauch (§ 242) bedeuten
würde
[15], billigt Gesetz dem Schuldner in
§ 275 Abs.2 S.1 ein Leistungsverweigerungsrecht (Einrede) zu.
An dieser Stelle erlangt nun über § 275 Abs.2 S.2 auch § 276
Abs.1 S.1 insoweit Bedeutung, als der Schuldner durch Vereinbarung einer
Gattungsschuld ein Beschaffungsrisiko übernommen und daher das
Leistungshindernis gemäß § 276 Abs.1 S.1 Halbs.2 Alt.2 zu
vertreten hat. Dies wiederum wirkt sich im Rahmen der nach § 275 Abs.2 S.1
vorzunehmenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit dergestalt
aus, daß diese für den Schuldner negativ ausfällt. In letzter
Konsequenz folgt daraus, daß ein Unvermögen bei der Gattungsschuld
ein außerhalb des übernommenen Beschaffungsrisikos liegendes
Wiederbeschaffungshindernis
erfordert.
[16]
2. Teil: Sachmängelgewährleistung beim Gattungskauf
A. Bisherige Rechtslage: § 480 a.F.
I. Gattungssache nicht von mittlerer Art und Güte
Nach altem Recht stellte sich zunächst die Frage, welche
Gewährleistungsrechte dem Käufer zustanden, wenn die gelieferte Sache
nicht mittlerer Art und Güte im Sinne des § 243 Abs.1
entsprach.
Mangels Konkretisierung gemäß § 243 Abs.2 hätte eine
derartige Schlechtlieferung an sich zur Folge, daß der ursprüngliche
Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs.1 fortbestünde und der
Käufer damit keine Gewährleistungsrechte aus §§ 480, 459 ff.
a.F. geltend machen könnte. Dies würde bedeuten, daß die
§§ 480, 459 ff. a.F. nie anwendbar wären, da sie Konkretisierung
voraussetzen und § 480 a.F. daher kaum eine Bedeutung hätte.
Mit Blick darauf ging ein Teil der Literatur davon aus, daß mit
Annahme der gelieferten Gattungssache Konkretisierung im Sinne von § 243
Abs.2 eintrete und der Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs.1
erlösche, so daß nunmehr gemäß § 480 a.F. die
Gewährleistungsregeln anwendbar
sind.
[17]
Die hM vertrat demgegenüber die Auffassung, dem Käufer
stünde ein Wahlrecht zu:
Verlangt der Käufer Nachlieferung, so verhindert er die
Konkretisierung und macht den ursprünglichen Erfüllungsanspruch
geltend, der mit dem Nacherfüllungsanspruch in § 480 Abs.1 S. 1 a.F.
identisch ist.
Begehrt er hingegen Wandelung oder Minderung, bringt er konkludent zum
Ausdruck, daß er die gelieferte Sache als Kaufsache akzeptiert und
führt somit die Konkretisierung nach § 243 Abs.2
herbei.
[18]
Auch nach der hM standen dem Käufer folglich
Sachmängelgewährleistungsansprüche aus §§ 480, 459 ff.
a.F. zu.
II. Anderslieferung
Schwierigkeiten bereitete vor der Reform zudem die Gewährleistung bei
Lieferung einer Sache, die einer anderen als der vereinbarten Gattung
angehörte. Bei dieser Fallkonstellation war zu trennen zwischen dem
Handelskauf im Sinne des HGB und dem BGB-Kauf.
1. Rechtslage beim Handelskauf
Ein Handelskauf als beiderseitiges
Handelsgeschäft
[19] setzt voraus,
daß beide Parteien Kaufleute sind und der Abschluß des Kaufvertrages
zum Handelsgewerbe (§ 1 Abs.2 HGB) gehört.
Bei einem derartigen Handelskauf war umstritten, ob von einem sogenannten
erweiterten Fehlerbegriff auszugehen ist, wonach die §§ 480, 459 ff.
a.F. auch bei einer im Sinne von § 378 HGB genehmigungsfähigen
Falschlieferung Geltung beanspruchen.
Während ein Teil des Schrifttums eine Erweiterung des Fehlerbegriffs
im genannten Sinne ablehnte
[20], war die hM der
Ansicht, die Bedeutung des § 378 HGB erschöpfe sich nicht darin,
daß der Käufer beim Handelskauf zur Wahrung seiner Rechte rügen
müsse (vgl. § 377 Abs.1 HGB), sondern die vom Anwendungsbereich des
§ 378 HGB erfaßten Anderslieferungen seien dem
Gewährleistungsrecht zu unterstellen, sofern sie genehmigungsfähig
seien.
[21]
Für die hM sprach vor allem, daß der Zweck des § 378 HGB,
im Interesse einer schnellen Geschäftsabwicklung durch die Gleichstellung
von Schlecht- und Falschlieferung die schwierige Abgrenzung zu vermeiden,
unterlaufen würde, wenn diese Gleichstellung nur für die
Rügepflicht und nicht auch für die Rechtsfolgen bei erhobener
Rüge gelten würde.
2. Rechtslage beim Zivilkauf
Überdies wurde nach altem Recht kontrovers diskutiert, ob die unter 1.
dargestellten Grundsätze des beiderseitigen Handelskaufs über eine
Gattungssache für alle Kaufverträge Gültigkeit haben.
Die Literatur ging überwiegend davon aus, der erweiterte Fehlerbegriff
sei auch beim bürgerlich-rechtlichen Kauf aus Gründen der
Praktikabilität von Bedeutung
[22]
Der BGH hingegen stand auf dem Standpunkt, beim BGB-Kauf fehle es an dem
Anknüpfungspunkt der §§ 377, 378 HGB und der Verkäufer
könne bei diesem nicht darauf hoffen, mit einer einer anderen als der
geschuldeten Gattung angehörigen Kaufsache den Kaufvertrag erfüllen zu
können.
[23]
Folgte man der Ansicht des BGH, so bestand bei einer Falschlieferung der
Lieferunganspruch aus § 433 Abs.1 fort und der Käufer konnte vom
Vertrag nur unter den Voraussetzungen des § 326 a.F. loskommen,
während ihm die Geltendmachung der Rechte aus §§ 480, 459 ff.
a.F. verschlossen blieb.
III. Schadensersatz wegen Nichterfüllung, § 326 a.F.
Nach bisherigem Recht ergab sich ferner die Frage, ob die Vorschrift des
§ 326 a.F. Anwendung finden konnte, wenn der Verkäufer dem
Nachlieferungsverlangen des Käufers gemäß § 480 Abs.1 S.1
a.F. nicht innerhalb der gesetzten
Nachfrist
[24] nachkam.
Wie dargelegt
[25] handelt es sich nach hM
bei dem Nachlieferungsanspruch um den ursprünglichen
Erfüllungsanspruch, so daß konsequenterweise auch § 326 a.F.
weiter gilt.
[26]
Folgt man dagegen der Literaturansicht, wonach der ursprüngliche
Erfüllungsanspruch untergeht
[27], ist
§ 326 a.F. unanwendbar.
[28]
IV. Rechtsfolge bei Einverständniserklärung des Verkäufers
Hatte sich der Verkäufer mit der Nachlieferung einverstanden
erklärt, war er gemäß §§ 480 Abs.1 a.F., 433 Abs.1
verpflichtet, dem Käufer die im Vertrag vereinbarte Gattungssache in
mittlerer Art und Güte im Sinne von § 243 Abs.1 zu verschaffen und der
Käufer mußte seinerseits die gelieferte mangelhafte Sache
zurückgewähren, §§ 346, 467, 480 Abs.1 S.2 a.F.
B. Rechtslage nach der Reform
I. Allgemeiner Nacherfüllungsanspruch, §§ 437 Nr.1, 439
Während nach bisherigen Recht ein Nachlieferungsanspruch des
Käufers bei Lieferung einer mangelhaften Sache nur beim Gattungskauf, nicht
jedoch beim Stückkauf bestand, hat der Gesetzgeber Stück- und
Gattungskauf in dieser Hinsicht nunmehr kodifikatorisch gleichgestellt und einen
generellen verschuldensunabhängigen Nacherfüllungsanspruch in
§§ 437 Nr.1, 439 eingeführt, so daß die Sonderregel in
§ 480 a.F. überflüssig wurde.
Dies ist deshalb möglich, weil die Sachmängelfreiheit
gemäß § 433 Abs.1 S.2 Gegenstand der Leistungspflicht ist und
damit die in der Literatur vor der Reform überwiegend vertretene
„Gewährleistungstheorie“
[29]
in das Gesetz übernommen wurde.
1. Der Nacherfüllungsanspruch aus §§ 437 Nr.1, 439, dem der
Vorrang vor den sonstigen in § 437 erwähnten Rechten des Käufers
einzuräumen ist
[30], ist vom Bestehen
eines Mangels der gelieferten Sache abhängig, gleichviel, ob es sich um
einen Sach- oder einen diesem gleichgestellten Rechtsmangel (vgl. § 433
Abs.1 S.2 ) handelt.
Gegenstand des vorliegenden Beitrags ist aber lediglich die
Sachmängelhaftung, so daß Rechtsmängel ausgeklammert
bleiben.
a. Der Begriff des Sachmangels wird in § 434 näher konkretisiert.
Ausgangspunkt ist auch nach der Neuregelung die Abweichung der Ist- von der
Sollbeschaffenheit, wobei der von der ganz hM schon dem bisherigen Recht
zugrundeliegende subjektive Fehlerbegriff nun in § 434 Abs.1 S.1
kodifiziert ist.
Ob ein Sachmangel gegeben ist, richtet sich daher primär nach der
Vereinbarung der Parteien beziehungsweise nach dem vertraglich vorausgesetzten
Gebrauch, § 434 Abs.1 S.2 Nr.1. Lediglich bei Fehlen einer
Parteivereinbarung und wenn keine spezielle Verwendung im Vertrag geregelt ist,
kann gemäß § 434 Abs.1 S.2 Nr.2 auf objektive Kriterien
zurückgegriffen werden.
b. Besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Gattungskauf kommt nun
§ 434 Abs.3 Alt.1 zu. Nach dieser Vorschrift steht es einem Sachmangel
gleich, wenn der Verkäufer eine „andere Sache“, ein aliud,
liefert.
Kosequenz dieser Regelung ist mithin, daß jetzt auch beim Zivilkauf
ein erweiterter Fehlerbegriff im Sinne der oben dargestellten
Literaturmeinung
[31] gilt und die bislang
oftmals schwierige Abgrenzung zwischen Falsch- und Schlechtlieferung
entfällt.
Zu beachten ist, daß es auf die Genehmigungsfähigkeit des aliuds
nach der Neuregelung nicht ankommt, anders als bisher im HGB vor dem Hintergrund
des § 378 HGB.
[32] Da nun schon das
BGB-Kaufrecht von einem erweiterten Fehlerbegriff ausgeht, verlor § 378 HGB
jede Berechtigung und wurde demzufolge aufgehoben. Die in § 377 HGB
normierte Rügepflicht gilt somit auch für die aliud-Lieferung, da sie
jeden Sachmangel erfaßt.
2. Beim Gattungskauf hat der Käufer gemäß § 439 Abs.1
die Wahl zwischen der Lieferung eines mangelfreien Stücks aus der Gattung
(§ 243 Abs.1) und der Beseitigung des Mangels (Reparatur).
Hat der Verkäufer ein aliud im Sinne von § 434 Abs.3 geliefert,
kommt Nacherfüllung regelmäßig nur durch Lieferung einer Sache
von mittlerer Art und Güte aus der geschuldeten Gattung in Betracht.
Allerdings kann es auch Fälle geben, in denen eine Nacherfüllung durch
„Mängelbeseitigung“ möglich
ist.
[33]
3. Der Käufer kann Nacherfüllung aber dann nicht verlangen, wenn
der Verkäufer insoweit im Sinne des § 275 Abs.1 von der
Leistungspflicht befreit ist. Darüber hinaus hat der Verkäufer das
Recht, die vom Käufer gewählte und mögliche Art der
Nacherfüllung unter den in § 439 Abs.3 genannten Voraussetzungen zu
verweigern. Ebenso kann sich ein Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers
aus §§ 275 Abs.2, 3 ergeben.
4. Als Rechtsfolge bei Nacherfüllung durch Lieferung einer
mangelfreien Sache bestimmt § 439 Abs.4, daß der Verkäufer die
Rückgewähr der zunächst gelieferten mangelhaften Sache
gemäß §§ 346-348 verlangen kann und hierfür nach
§ 439 Abs.2 die Kosten zu tragen hat.
II. Schadensersatz bei Nichtvornahme der Nacherfüllung, §§
437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 281 Abs.1 S.1 Alt.2
1. Nimmt der Verkäufer die mögliche Nacherfüllung innerhalb
der vom Käufer gesetzten angemessenen Frist – eine
Ablehnungsandrohung ist im Unterschied zur früheren Rechtslage (vgl. §
326 Abs.1 S.1 a.F. am Ende) nicht erforderlich – nicht vor, so kann der
Käufer nach §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 281 Abs.1 S.1 Alt.2
Schadensersatz statt der Leistung
[34]
verlangen.
Einer Fristsetzung bedarf es jedoch nicht, wenn die in § 440 genannten
Gründe vorliegen oder ein Fall des § 281 Abs.2 gegeben ist.
2. Aufgrund der Verweisung des § 281 Abs.1 S.1 auf § 280 Abs.1
S.1 ist zudem eine Pflichtverletzung des Verkäufers Voraussetzung für
den Schadensersatzanspruch, die in einem Verstoß gegen die in § 433
Abs.1 S.2 zum Ausdruck kommende Pflicht zur mangelfreien Lieferung
besteht.
[35]
3. Des weiteren verlangt die Schadensersatzhaftung ein Vertretenmüssen
des Verkäufers (§ 276) oder seines Erfüllungsgehilfen (§
278), das gemäß § 280 Abs.1 S.2 widerlegbar vermutet wird.
Bezugspunkt des Vertretenmüssens ist dabei die Nichtvornahme der
Nacherfüllung innerhalb der
Nacherfüllungsfrist
[36]. Relevant wird an
dieser Stelle, daß der Verkäufer beim Gattungskauf angesichts der im
Kaufvertrag regelmäßig übernommenen Garantie für die
Mangelfreiheit der gelieferten Sache einzustehen
hat
[37] und demzufolge
verschuldensunabhängig nach § 276 Abs.1 S.1 Halbs.2 Alt.2
haftet.
4. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß der Anspruch
auf die Leistung nach der Regelung des § 281 Abs.4 ausgeschlossen ist,
sobald der Käufer statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.
3. Teil: Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Gesetzgeber mit der
Einführung eines allgemeinen Nacherfüllungsanspruchs in §§
437 Nr.1, 439 als Konsequenz der in § 433 Abs.1 S.2 normierten
Verkäuferpflicht zur mangelfreien Leistung die bisher im Bereich der dem
Käufer zustehenden Gewährleistungsrechte bestehende kodifikatorische
Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf wenn auch nicht völlig
beseitigt, so doch aber erheblich verringert hat: Der Unterschied zwischen
Stück- und Gattungskauf zeigt sich nunmehr vor allem bei der Frage der
Übernahme eines Beschaffungsrisikos (§ 276 Abs.1) und der
Möglichkeit und Zumutbarkeit der Nacherfüllung.
[1] die §§ ohne
Gesetzesangabe sind solche des BGB
[2] vgl. Palandt/Heinrichts,
BGB, 61.Aufl. (2002), § 279 RN.1
[3] Larenz, Schuldrecht I,
§ 21 I d
[4] so schon RGZ 108,
420
[5] Palandt aaO, § 279
RN.2
[7] Erman/Battes, BGB, Bd.1,
10.Aufl. (2000), § 279 RN.6; RGZ 99, 1
[8] allgemeine Ansicht, vgl.
auch BGH NJW 1994, 516
[9] so zum Beispiel Erman aaO
RN. 5
[10] Palandt/Heinrichs aaO,
§ 242 RN. 140; BGH aaO
[11] Begr. BT-Drucks.
14/6040, 300 f.
[12] Mü/Ko-Emmerich,
BGB, Bd.2, 4.Aufl. (2001), § 275 RN.78 ff.
[13] Canaris, JZ 2001,
518
[14] wichtig ist in diesem
Zusammenhang, daß keine Vorratsschuld vereinbart wurde, da dann § 275
Abs.1 einschlägig wäre !
[15] von Wilmowsky, Beilage
JuS 1/2002, S.8
[16] ebenso Lorenz/Riehm,
Lehrbuch zum neuen Schuldrecht RN.313
[17] vgl. Köhler, JuS
1979, 499; Bletz, Jura 1987, 139
[18] Reinicke/Tiedke,
KaufR, RN.516; Palandt/Putzo aaO, § 480 RN.2-4
[19] zum Begriff des
Handelsgeschäfts siehe § 343 HGB
[20] vgl. nur Knöpfle,
JZ 1979, 11 ff.; Schulz, NJW 1980, 2172
[21] BGHZ 115, 295;
Hübner, JZ 1992, 591; Staudinger/Honsell, BGB, 13.Aufl. (1995), § 480
RN.4, 8
[22] Singer, ZIP 1992,
1058; Reinicke/Tiedke aaO RN.539
[23] BGH NJW 1992, 568;
ebenso Teile der Lit., z.B. Jauernig/Vollkommer, BGB, 9.Aufl. (1999), § 480
RN.12; Schreiber, Jura 1986, 445
[24] diese Nachfrist war
gemäß § 326 Abs.1 S.1 a.F. mit einer Ablehnungsandrohung zu
verbinden
[25] siehe oben unter 2.
Teil A.I.
[26] Mü/Ko-Westermann
aaO, § 480 RN.6; Staudinger/Honsell aaO, RN.10; Petersen, Jura 1998, 294;
BGH NJW 1985, 2526
[29] siehe nur
Esser/Weyers, SchuldR II, § 5 I 1a
[30] dies zeigt sich darin,
daß sämtliche anderen Rechtsbehelfe grundsätzlich den
erfolglosen Ablauf einer vom Käufer gesetzten Frist voraussetzen, vgl.
§§ 323, 441, 280 Abs.1,3, 281
[31] vgl. insoweit die
Ausführungen unter 2. Teil A. II.1.
[32] siehe oben unter 2.
Teil A. II.1
[33] als Beispiel sei der
Fall angeführt, daß eine Maschine durch den Einbau eines
zusätzlichen Aggregates zu einer Sache umgerüstet werden kann, die
einer anderen Gattung zuzuordnen ist, so Begr. BT-Drucks. 14/6040,
216
[34] Ersatz des
Erfüllungsschadens
[35] so bereits im 2.Teil
unter B.I.
[36] ob der Verkäufer
den Mangel kannte oder kennen mußte oder ob er ihn schuldhaft verursacht
hat ist damit nicht ausschlaggebend !
[37] vgl. oben unter 1.Teil
B.I.