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"Die berufsrechtliche Zulässigkeit von Kreditkartenzahlungen auf Anwaltshonorare" von Assessor Jan Möller
Der vorliegende Artikel von Jan Möller wurde in der Zeitschrift ZAP (Zeitschrift für die Anwaltspraxis) des ZAP-Verlages veröffentlicht. Der Artikel ist in der Ausgabe 9/2002 auf der Seite 579ff. zu finden. Die Veröffentlichung im Rahmen des jurawelt-Angebots erfolgt mit Einverständnis des Autors und des ZAP-Verlages. Für diese Veröffentlichung möchten wir uns sowohl beim Verlag als auch beim Autor herzlich bedanken.


Die berufsrechtliche Zulässigkeit von Kreditkartenzahlungen auf Anwaltshonorare
- Ist die Credit Card Anwalts Liebling? -

Von Assessor Jan Möller, Münster/Herford


I. Einleitung
Die Kreditkartenakzeptanz in deutschen Kanzleien ist bisher noch gering. Angesichts allgemein schlechter Zahlungsmoral (heller BRAK-Mitt. 1999,247) und einer zunehmenden Anzahl über das Internet tätiger Anwälte verwundert es, daß sich die deutschen Anwälte diesem Abrechnungsverfahren weitgehend versagen. Ein Grund dafür könnte die unklare berufsrechtliche Zulässigkeit der Kreditkartenakzeptanz sein.

Namentlich § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO kann bisher einer Kreditkartenzahlung von Anwaltshonoraren entgegenstehen. Danach ist die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an einen Dritten unzulässig, soweit dieser nicht auch Rechtsanwalt ist oder aber die Forderung rechtskräftig festgestellt, ein erster Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen ist und der Rechtsanwalt die ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten eingeholt hat.

Der VIII. Senat des BGH stuft das Vertragsverhältnis zwischen den Kreditkartengesellschaften und ihren Vertragsunternehmen bisher als Forderungskauf ein (BGH NJW 1990, 2880 f.). Dementsprechend sehen die AGB der Kreditkartenunternehmen als Erfüllung die Abtretung sämtlicher mit der Karte bezahlter Forderungen des Vertragsunternehmens an das Kreditkartenunternehmen vor (vgl. z. B. die Teilnahmebedingungen für den Eurocard-/Visa-Akzeptanzservice der Euro-Kartensysteme, Stand 6/99, Abschn. 4). Der Anwalt, der einen solchen Servicevertrag mit einer Kreditkartengesellschaft abschließt, müßte folglich seine mittels Kreditkarte bezahlten Honorarforderungen abtreten. Dies ist zumindest nach dem Wortlaut des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO nicht zulässig.

Nachdem die Entscheidung des VIII. Senats von der h. M. in der Literatur stark kritisiert und als nicht verallgemeinerungsfähig (Pichler NJW 1998,3224 [3227]) eingestuft worden ist, hat nunmehr der XI. Senat des BGH mit Anfragebeschluß v. 25. 9. 2001 (BGH NJW 2002,285 ff.) eine Auslegung des Vertragsverhältnisses zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen als abstraktes Schuldversprechen vorgeschlagen. Eine Erklärung des VIII. Senats steht noch aus, so daß noch nicht feststeht, ob gegebenenfalls eine Vorlage an den Großen Senat in Zivilsachen (gem. § 132 Abs. 3 GVG) erfolgt.

Wie sich die berufsrechtliche Zulässigkeit von Kreditkartenzahlungen auf Anwaltshonorare bisher und nach der neuen Auslegung des XI. Senats darstellt, wird im folgenden Beitrag näher untersucht.

Bevor auf die Rechtslage nach BGH NJW 1990,2880 ff. (unten IV.) und nach BGH NJW 2002, 285 ff. (unten V.) eingegangen wird, sei zunächst ein kurzer Überblick über die wirtschaftliche Bedeutung des Zahlungsmittels Kreditkarte (nachfolgend II.) und den tatsächlichen Ablauf einer Kreditkartenzahlung (unten III.) gegeben.

II. Wirtschaftliche Bedeutung der Kreditkarte
Das Berufsbild des Anwalts befindet sich im Wandel. Die anwaltliche Tätigkeit besteht mittlerweile zu einem großen Teil aus Informationsvermittlung. Diese erfolgt in zunehmendem Maße nicht mehr im persönlichen Gespräch, sondern über Kommunikationsmittel wie das Telefon, das Telefax und das Internet. Dem derart tätigen Anwalt muß sich die Frage stellen, wie er seine Gebührenforderung angemessen absichern kann.

So fällt es (noch) schwer, über das Kommunikationsmittel die Identität des Mandanten mit hinreichender Sicherheit festzustellen oder auf dessen Liquidität zu schließen. Zwar ist mittlerweile eine gesetzliche Regelung und die rechtliche Anerkennung elektronischer Signaturen erfolgt, diese haben aber noch keine flächendeckende Verbreitung im Geschäftsverkehr gefunden. Gleichzeitig ist die Einforderung eines Vorschusses in bar, als Scheck oder als Überweisung wenig praktisch, weil dies den zeitlichen Vorteil und die einfache Handhabung des Kommunikationsmittels zunichte macht (Heller, a. a. O.).

Ähnliche Probleme stellen sich auch im elektronischen Handel. Hier hat sich die Kreditkarte als Zahlungsmittel weitgehend durchgesetzt. Grund dafür ist einerseits, daß die Abwicklung zwischen dem Kunden und Unternehmen nur durch Übermittlung der Kreditkartendaten und damit über das Kommunikationsmittel möglich ist (sog. belegloses Verfahren). Andererseits kann das Vertragsunternehmen nach Übermittlung der Daten die Zahlung an sich veranlassen, ohne auf ein weiteres Tätigwerden des Karteninhabers angewiesen zu sein. Eine entsprechend den Vertragsbedinungen aufgenommene Zahlung wird binnen kurzer Frist vom Kreditkartenunternehmen erstatet (Kopp, BRAK-Mitt. 1998, 214). Dies schafft eine gewisse Sicherheit für das Vertragsunternehmen, ohne daß der Karteninhaber diese in Form eines (Vertrauens-) Vorschusses leisten muß und ohne die unter Umständen ein Distanzgeschäft nicht wirtschaftlich durchzuführen wäre.

Aus der Sicht des Kreditkartenunternehmens ist die Zahlungsweise bequem, weitgehend kostenfrei (mit Ausnahme der Jahresgebühr). Er erhält außerdem einen zinslosen Kredit von bis zu vier Wochen entsprechend dem vereinbarten Abrechnungsintervall.

Das Zahlungssystem Kreditkarte verteilt die typischen Onlinerisiken ausgewogen auf Käufer und Verkäufer und ist deshalb heute verbreitetes Zahlungsmittel im persönlichen Zahlungsverkehr. Wer den Standard "Kreditkarte" nicht anbieten will oder darf, wird auf absehbare Zeit kein Geschäft im Internet machen können und bleibt auf dessen Repräsente-tions- und Werbefunktion beschränkt.

Muß der moderne Dienstleister Rechtsanwalt sich diesem allgemeinen Trend und dessen Vorteilen zu eigenen Lasten und zu Lasten des Mandanten verschließen?

III. Technische Abwicklung einer Kreditkartenzahlung
Bei Bezahlung mit der Kreditkarte erstellt das Vertragsunternehmen nach Vorlage der Karte oder Übermittlung der Kartendaten die erforderlichen Leistungsbelege (Kopp, a. a. O.). Dies geschieht entweder mit Hilfe eines elektronischen Terminals oder eines Handdruckers. Die erstellten Belege sind vom Karteninhaber zu unterschreiben. Soweit das beleglose Verfahren ohne Unterschrift des Karteninhabers verwandt wird, sind vom Vertragsunternehmen Belegausfertigungen nach den jeweiligen Telefon- und Mailorderbestimmungen zu erstellen (meder ZBB 2000, 89 [98]). Die Leistungsbelege werden entweder zeitgleich bei elektronischer Übertragung oder innerhalb einer vorgegebenen Frist bei manuell erstellten Belegen bei der Kreditkartengesellschaft eingereicht (Kopp, a. a. O.). An die Einreichung ordnungsgemäßer Belege ist vertraglich die Erstattungspflicht der Kreditkartengesellschaft gekoppelt. Woraus sich diese im einzelnen ergibt, welche Vertragsverhältnisse also im Dreieck zwischen Kreditkartengesellschaft. Vertragsunternehmen und Karteninhaber vorliegen, ist umstritten.

IV. Die Rechtslage nach BGH NJW 1990, 2880 ff.
Grundsätzlich ist die Kreditkartenzahlung im Verhältnis zwischen dem Kreditkarteninhaber und dem Kreditkartenaussteller als ein auf Dauerauftrag in Form eines Geschäftsbesorgungsauftrages beruhendes Abrechnungsverfahren zu qualifizieren (BGHZ 124, 343 [349]). Zahlt das Kreditkartenunternehmen also auf die Verbindlichkeit des Karteninhabers an das Vertragsunternehmen, steht ihm ein Aufwendungsersatzanspruch gem. den §§ 675 Abs.1, 670 BGB gegen den Karteninhaber zu.

Umstritten ist jedoch, welche Vertragsart im Vollzugsverhältnis zwischen Kreditkarten- und Vertragsunternehmen besteht. In BGH NJW 1990, 2880 ff. wurde ein solcher Rahmenvertrag zwischen den Parteien als Forderungskauf ausgelegt.

Dementsprechend sehen die aktuellen AGB der Kreditkartengesellschaften für den Rahmenvertrag vor, daß mit dem Zeitpunkt der Einreichung ordnungsgemäßer Belege das Vertragsunternehmen seine belegte Forderung gegen den Kreditkarteninhaber an die Kreditkartengesellschaft abtritt (vgl. die Teilnahmebedingungen für den Eurocard-/Visa-Akzeptanzservice der Euro-Kartensysteme, Stand: 6/1999, Abschn. 4).

Als problematisch erweist sich für den Rechtsanwalt als Partnerunternehmen das Verhältnis der mit der Abtretung von Forderungen einhergehenden Auskunftspflicht des Abtretenden gem. § 402 BGB einerseits und der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts gem. § 43a Abs. 2 BRAO andererseits. Aufgrund dieser Kollision trifft § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO Regelungen über die Abtretung von Gebührenforderungen durch Rechtsanwälte. Ob die oben dargestellte Zession im Rahmen einer Kreditkartenzahlung mit dem § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO vereinbar ist, muß durch Auslegung der Vorschrift beantwortet werden.

1. Auslegung des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO
a) Wortlaut der Vorschrift
Zunächst ist der Wortlaut des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zu berücksichtigen. Danach ist ,,[d]ie Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an einen nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Dritten [...] unzulässig [...]."

Die explizite Formulierung in den AGB der Kreditkartenunternehmen "Abtretung der Forderungen" (vgl. die Teilnahmebedingungen für den Eurocard-TVisa-Akzeptanzservice, a. a. O.) schließt eine Interpretation als bloße Übertragung der Einziehung aus. Eine solche wäre dem Anwalt ebenso gem. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO verboten.

Die Definition des Begriffs "Gebührenforderung" bestimmt die Reichweite des Abtretungsverbots. Dabei ist der Schutzzweck des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO, die Verschwiegenheitspflicht, zu berücksichtigen (zum Umfang der Verschwiegenheitspflicht s. FEUERICH/BRAUN, Bundes-rechtsanwaltsordnung, 5. Aufl., 2000, § 43a Rn. 17 ff.). Unter Gebührenforderung i. S. d. Vorschrift dürfte damit jeder Vergütungsanspruch, der aus anwaltlicher Tätigkeit erwachsen ist, zu verstehen sein.

Demnach wäre die Abtretung von Forderungen an eine Kreditkartengesellschaft und damit eine Kartenzahlung nach dem aktuellen Geschäftsmodell für die meisten Dienstleistungen eines Anwalts grundsätzlich nicht möglich, soweit nicht eine Ausnahme vorliegt.

Es gibt zwei gesetzlich normierte Ausnahmeregelungen in den Sätzen l und 2 a. E. des § 49b Abs. 4 BRAO. Beide Fälle liegen in der hier zu untersuchenden Konstellation i. d. R. nicht vor und können deshalb außer Betracht bleiben.

Im vorliegenden Fall könnte aber eine teleologische Reduktion des Wortlauts des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO geboten sein. Dies ist dann der Fall, wenn eine gesetzliche Regel entgegen ihrem Wortsinn, aber gemäß der immanenten Teleologie des Gesetzes einer Einschränkung bedarf, die im Gesetzestext nicht enthalten ist. Eine teleologische Reduktion wäre hier geboten, wenn der § 49 b Abs. 4 BRAO den Fall der Kreditkartenzahlung überhaupt nicht erfassen sollte.

b) Sinn und Zweck der Vorschrift
Ehe Regelung des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO bezweckt den Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht (vgl. den Wortlaut von § 49b Abs. 4 S. l BRAO; Feuerich/Braun, a. a. O., § 49b Rn. 35; Heller, a. a. O.) gem. § 43a Abs. 2 BRAO. Diese ist in § 59b Abs. 2 Nr. 1c BRAO, § 2 BORA näher konkretisiert (Feuerich/Braun, a. a. O., § 43a Rn. 12). Der Anwalt soll durch die Abtretung einer Gebührenforderung nicht das Recht des Mandanten auf Geheimhaltung seiner Angelegenheit einschränken.

Ob § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO die Forderungsabtretung bei Kreditkartenzahlung verbietet, hängt davon ab, inwieweit mit einer solchen Forderungsabtretung Informationen bekanntgegeben werden (müssen), die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen.

Einerseits gibt es Informationen, die mit jeder Abtretung notwendig übermittelt werden müssen (siebe unten aa). Außerdem können Folgepflichten zur Auskunftserteilung durch die Forderungsabtretung entstehen (siehe unten bb), die mit der Verschwiegenheitspflicht kollidieren.

aa) Bekanntgabe von notwendigen Transaktionsdaten
Die Verschwiegenheitspflicht gem. § 43a Abs. 2, § 59b Abs. 2 Nr. Ic BRAO i. V. m. § 2 BORA bezieht sich auf alles, was dem Anwalt in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist, es sei denn, es ist offenkundig oder bedarf keines Schutzes. Fraglich ist, ob der Anwalt zur Abwicklung der Zahlung schutzwürdige, nicht offenkundige Informationen an das Kreditkartenunternehmen übermitteln muß.

Die Abtretung einer Forderung findet nach den AGB der Kreditkartenfirmen im Moment der Übermittlung der Transaktionsdaten bei elektronischer Bearbeitung oder der Zusendung der manuell erstellten Leistungsbelege (Zugang) statt. Die Transaktionsdaten bzw. Leistungsbelege enthalten folgende Informationen:

  • Die Daten der Karte, also den Namen des Inhabers, die Kartennummer und das Ablaufdatum.
  • Den Namen und die Anschrift des Vertragsunternehmens, das Transaktionsdatum, die Genehmigungsnummer, den Gesamtbetrag und die Unterschrift des Kunden (s. die Darstellung des Vorgangs bei Kopp, a. a. O.).s
  • Soweit das beleglose Verfahren eingesetzt wird, muß zusätzlich die vollständige Anschrift des Karteninhabers aufgenommen werden (Kopp, a. a. O.).


  • Aufgrund des Vertrages zwischen dem Kreditkartenunternehmen und dem Nutzer sind die meisten Daten dem Kreditkartenaussteller bereits bekannt und somit für diesen offenkundig. Eine Ausnahme bildet hier die Transaktionshöhe sowie die Tatsache, daß eine Transaktion zwischen den Parteien stattgefunden hat. Diese Information läßt sich durch die Kombination offenkundiger Tatsachen (Adressen) und der Einreichung des Belegs erschließen.

    In bestimmten (insbesondere außergerichtlichen) Konstellationen kann der Mandant ein Interesse daran haben, das Bestehen eines Mandats geheimzuhalten. In diesem Fall würde die Bekanntgabe von Informationen, die Rückschlüsse hinsichtlich des "ob" und des Umfangs des Mandatsverhältnisses zulassen, einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht darstellen.

    In einem solchen Fall wäre jedoch nur Barzahlung möglich, weil auch andere bargeldlose Zahlungsarten (Überweisung, Bankeinzug) die genannten Informationen notwendigerweise verwenden und somit diese Dritten bekanntwerden. Für letztere Zahlungsarten werden gemeinhin keine Einschränkungen zum Schutz der Verschwiegenheitspflicht angenommen.

    Mit der Bekanntgabe der Information an die Kreditkartengesellschaft wird diese zudem nicht jedermann zugänglich. Vielmehr unterliegen auch die Banken, deren Tochtergesellschaften die Kreditkartenfirmen häufig sind, dem Bankgeheimnis oder es bestehen eigene vertragliche Datenschutzverpflichtungen gegenüber dem Kreditkarteninhaber aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Kreditkartenfirmen erhalten die Daten über ihre Kunden im Rahmen eines geschäftlichen Vorgangs. Damit unterliegen diese Daten dem Bankgeheimnis oder den vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Kunden und sind nicht der Öffentlichkeit preisgegeben. Vergleichbar ist diese Situation mit der Weitergabe von Patientendaten durch Ärzte an die ärztlichen Verrechnungsstellen. Eine solche Weitergabe ist trotz des Arztgeheimnisses, welches oi seinem Umfang der Verschwiegenheitspflicht der Anwälte vergleichbar ist, zulässig (HELLER, a. a. O.). Ebenso wie im Beispiel der ärztlichen Verrechnungsstellen, findet bei Weitergabe der Transaktionsdaten bei der Kreditkartenabrechnung eine Bekanntgabe von Informationen an Dritte statt, die aber einerseits sachlich begründet und im Umfang klar abgegrenzt ist und aufgrund des Weiterverbreitungsverbots für den Informationsempfänger einen Schutz des Mandanteninteresses auf Verschwiegenheit gewährleistet.

    Die Tatsache, daß ein Großteil der Gebührenforderungen vom Mandanten unter wissentlicher Preisgabe der Informationen überwiesen wird, macht deutlich, daß Mandanten diesen Informationen in aller Regel keine Schutzwürdigkeit beimessen oder sie bewußt zugunsten der bequemeren Zahlungsweise aufgeben. Ein generelles Verbot einer Kreditkartenzahlung kann die Bekanntgabe dieser Informationen deshalb nicht begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mandant - sei es konkludent durch Nutzung der Kreditkarte (so wohl LG Hamburg NJW-RR 2001, 1075 f.) oder nach entsprechender Aufklärung - ausdrücklich auf einen Schutz der Information verzichtet.

    bb) Auskunftspflichten bei Geltendmachung der Forderung durch den Abtretungsempfänger
    Kritischer im Zusammenhang mit der Verschwiegenheitspflicht ist die Tatsache, daß aus einer Forderungsabtretung, wie sie bei der Kreditkartenzahlung im derzeitigen Vertragsmodell vorgesehen ist, zusätzlich eine Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber dem neuen Forderungsinhaber erwachsen kann. Gem. § 402 BGB ist der bisherige Gläubiger verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen. Hierunter können Informationen aus dem Mandatsverhältnis fallen, soweit sie z.B. zur Entkräftung von Einwendungen des Schuldners dienen. Auch die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Schuldners können offenzulegen sein (MünchKomm-BGB/Roth, § 402 Rn. 5). Im Gegensatz zur notwendigen Weitergabe der fest umrissenen und wenig schützenswerten Transaktionsdaten im Rahmen der Kreditkartenzahlung kann diese gesetzliche Vorschrift den Anwalt zur vergleichsweise umfassenden Bekanntgabe sehr sensibler Daten verpflichten. Eine Abbedingung der Auskunftspflicht dürfte dem Anwalt gegenüber dem Kreditkartenunternehmen in der Praxis kaum gelingen, da dies die Durchsetzbarkeit und damit die Sicherheit der Forderung entscheidend beeinträchtigt. In rechtlicher Hinsicht wird sich eine Mitwirkungspflicht des Zedenten bereits aus der allgemeinen Pflicht, die Rechte des Zessionars nicht zu beeinträchtigen (aus § 242 BGB), ergeben (Roth, a. a. O., Rn. 4), so daß eine Abbedingung der Folge des § 402 BGB nicht möglich ist.

    Damit kollidiert bei der Geltendmachung einer Honorarforderung durch den Erwerber die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht mit dem Interesse des Erwerbers, seine Forderung durchzusetzen. Diese Situation besteht auch bei der Kreditkartenabrechnung von Honorarforderungen. falls das Abrechnungskonto des Mandanten die nötige Deckung nicht aufweist und die Kreditkartengesellschaft die abgetretene Forderung geltend machen will.

    c) Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht
    Eine Kollision ist ausgeschlossen, wenn eine Verschwiegenheitsverpflichtung des Anwalts für den Fall der Geltendmachung der Forderung durch einen Dritten nicht besteht.

    aa) Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht gem. § 2 Abs. 3 BORA
    Gem. § 2 Abs. 3 BORA gilt die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht, soweit die Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Mandantenverhältnis die Offenbarung erfordert. Nötigt der Mandant den Anwalt durch die Nichtzahlung des Honorars zu einer gerichtlichen Geltendmachung, darf dieser die klagebegründenden Umstände unter Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht vortragen. Dabei hat er jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Zur minimaler Gebührenansprüche dürfen keine hoch schützenswerten Informationen preisgegeben werden (Feuerich/Braun, a. a. O., § 43a, Rn. 27). Eine solche Preisgabe kommt jedoch nur bei eigenen Ansprüchen des Anwalts in Betracht, nicht zur Durchsetzung der Ansprüche Dritter. Eine Ausdehnung dieses Befreiungstatbestandes auf die Durchsetzung von Forderungen Dritter, die der Rechtsanwalt an diese abgetreten hat, würde die Zulässigkeit die Abtretung notwendig voraussetzen. Die gesetzliche Regelung verbietet die Abtretung aber grundsätzlich.

    bb) Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht bei Befreiung durch den Mandanten
    Eine Verschwiegenheitspflicht besteht auch dann nicht, wenn der Mandant den Anwalt von seiner Verschwiegenheitspflicht in dieser Situation entbinden kann und er dies auch wirksam getan hat. Grundsätzlich ist der Mandant "Herr des Geheimnisses" und kann den Rechtsanwalt von der Verschwiegenheitspflicht entbinden (Feuerich/Braun, a. a. O., § 49b Rn. 14). Eine Dispositionsbefugnis existiert auch im Zusammenhang mit Forderungsabtretungen, wie sich aus der zweiten Ausnahme des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO, nach der u. a. auch die Zustimmung des Mandanten zur Abtretung erforderlich ist, zeigt.

    (1) Konkludente Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht
    Fraglich ist, ob der Mandant durch die Benutzung der Kreditkarte den Anwalt nicht konkludent von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet.

    Der Mandant hat vor Aushändigung der Kreditkarte einen Vertrag mit der Kreditkartengesellschaft geschlossen, in dem ihm der Ablauf der Kreditkartenzahlung offengelegt worden ist und in dem er in die Abtretung von Forderungen und die Speicherung von entsprechenden Daten eingewilligt hat. Nutzt er nun die Kreditkarte in diesem Wissen, könnte man von einer stillschweigenden Einwilligung hinsichtlich der Übermittlung der Daten und der daraus zu ziehenden Schlüsse ausgehen.

    An die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts werden aber hohe Anforderungen gestellt. Insbesondere muß dem Mandanten klar sein, auf welche Tatsachen sich die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht bezieht (Feuerich/Braun, a. a. O., § 43a, Rn. 24). Ein Wissen des Mandanten dürfte hinsichtlich der Übermittlung der Transaktionsdaten (s. oben aa) anzunehmen sein (so auch LG Hamburg NJW-RR2001, 1075 [1076]). Von der mit einer Forderungsabtretung einhergehenden gesetzlichen Auskunftspflicht des Anwalts wird der Mandant i. d. R. aber nichts ahnen.

    Von einer konkludenten Entbindung des Anwalts durch Kreditkartenbenutzung ist daher nur hinsichtlich der Transaktionsdaten auszugehen.

    (2) Ausdrückliche Entbindung
    Hinsichtlich der Offebarungspflichten als Folge der Kreditkartennutzung kommt demnach nur eine ausdrückliche Entbindung in Betracht. Der Mandant kann den Rechtsanwalt ausdrücklich, zu Nachweiszwecken vorzugsweise schriftlich (vgl. die Regelung des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der zweiten Ausnahme), von der Verschwiegenheitspflicht im für die Kreditkartenzahlung notwendigen Umfang entbinden. Einer solchen Erklärung muß eine hinreichende Information des Mandanten vorausgehen. In diesem Fall bedürfte der Mandant nicht mehr des Schutzes des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO, denn er hätte eine freiwillige und bewußte Entscheidung gegen den Schutz seiner Daten getroffen.

    Darüber hinaus gibt der Mandant seinen Schutz nicht gänzlich preis: Ob Informationen bekannt werden, liegt letztlich in seiner Hand (Zahlung). Und selbst im Falle der Auskunftserteilung durch den Anwalt werden die Informationen noch vor ungehemmter Verbreitung durch das Bankgeheimnis oder Vereinbarungen des Mandanten mit der Kreditkartengesellschaft geschützt.

    Ein Problem ergibt sich hier für den im Internet tätigen Anwalt. Da elektronische Signaturen noch nicht weit verbreitet sind, ist eine schriftliche Entbindung in der Praxis kaum möglich. Denkbar ist, im Rahmen einer Internet-Seite ein "Click-Wrap-Agreement" zu verwenden, also eine Ausgestaltung der Aufklärung ähnlich den AGB von Softwareprodukten. Der Mandant bekommt einen entsprechenden Text angezeigt. Sein Einverständnis erklärt er durch Anklicken eines Buttons. Dieses Anklicken, das Datum, die Uhrzeit und die IP-Adresse des Mandanten sowie der angezeigte Text werden auf dem Server des Anwalts archiviert. Damit läßt sich im Beweisfall über den Provider der Anschluß, d. h. der Rechner ermitteln, von dem aus das Einverständnis abgesandt wurde. Einen sicheren Schluß auf die Person läßt aber nur die digitale Signatur zu (s. dazu auch Viefhues/Scherf, ZAP F. 23, S. 561 ff.).

    (3) Freie Wahl der Zahlungsart
    Ist die Kreditkartenzahlung die einzige vom Anwalt angebotene Zahlungsart, könnte die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht unter Umständen keine freiwillige Entscheidung mehr darstellen. Insofern ist dem Mandanten auch die Möglichkeit einzuräumen, auf anderem Wege ohne Preisgabe seiner Informationen zu zahlen.

    2. Ergebnis bei bisheriger Rechtslage
    Wenn eine wirksame Entbindung des Anwalts von seiner Verschwiegenheitspflicht erfolgt ist, kann eine Interessenkollision nicht mehr eintreten. Eine teleologische Reduktion des Verbots der Forderungsabtretung gem. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist geboten. Einer Forderungsabtretung im Rahmen einer Kreditkartenzahlung steht der § 49b Abs. 4 S. 2 bei vorheriger (schriftlicher) Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht nicht entgegen.

    V. Die Rechtslage nach BGH NJW 2002, 285 ff.
    Im Anfragebeschluß vom 25. 9. 2001 hat der IX. Senat des BGH zur Auslegung des Vertragsverhältnisses zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen Stellung bezogen. Er möchte das Vertragsverhältnis künftig nicht mehr als Forderungskauf auslegen, sondern die vertragliche Zahlungszusage des Kreditkartenunternehmens gegenüber Vertragsunternehmen einheitlich als abstraktes Schuldversprechen gem. § 780 BGB (BGH NJW 2002, 285 f.) einordnen. Er folgt damit der h. M. in der Literatur, die die Entscheidung BGH NJW 1990, 2880 ff. kritisiert hatte (umfassende Nachw. zu beiden Ansichten s. BGH NJW 2002, 285 f.).

    Danach entsteht aufgrund des Rahmenvertrages eine primäre, von einer vorherigen Inanspruchnahme des Karteninhabers unabhängige Leistungspflicht des Kreditkartenunternehmens gegenüber dem Vertragsunternehmen. Das im schriftlichen Rahmenvertrag zwischen Vertragsunternehmen und Kreditkartenunternehmen vereinbarte Versprechen ist aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. l BGB) durch die Einreichung ordnungsgemäßer Belege, die in jedem Einzelfall die Zahlungspflicht des Kreditkartenunternehmens entstehen lassen. Dies gilt auch im beleglosen Verfahren, wenn sich die Kreditkartengesellschaft mit diesem Verfahren einverstanden erklärt hat.

    Demnach findet keine Forderungsabtretung in Erfüllung eines Forderungskaufs vom Vertragsunternehmen an die Kreditgesellschaft mehr statt. Die Kreditkartengesellschaft benötigt diese Forderung auch nicht, weil sie ohnehin einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675 Abs. K 670 BGB gegen den Karteninhaber hat (BGH NJW 2002, 285 f.).

    Da der Anwalt als Vertragsunternehmen nach dieser Auslegung keine Forderung abtreten muß, bestehen in der Folge keine Auskunftspflichten gem. § 402 BGB. Eine Kollision kann damit allenfalls bzgl. der Transaktionsdaten, die auch bei dieser vertraglichen Konstruktion bekanntgegeben werden müssen, auftreten. Wie oben bereits dargestellt, ist ein Schutz dieser Daten aber vom Mandanten häufig gar nicht gewollt. Darüber hinaus stellt die Einwilligung des Mandanten in die Kreditkartenzahlung die freiwillige Preisgabe dieser Information dar (LG Hamburg NJW-RR 2001, 1075 f.).

    Sollte sich die Auslegung des XI. Senats hinsichtlich des Vertragsverhältnisses zwischen Vertragsunternehmen und Kreditkartenunternehmen durchsetzen, stände der Kreditkartenakzeptanz bei Anwälten das Berufsrecht nicht im Wege. Eine besondere Erklärung des Mandanten könnte entfallen.

    VI. Ergebnis
    Die Nutzung der Kreditkarte als Zahlungsmittel im Mandantenverhältnis ist für beide Seiten wirtschaftlich sinnvoll. Die Kreditkarte ist derzeit die einzige Zahlungsmöglichkeit, die dem Anwalt die Ausdehnung seiner Tätigkeit in die virtuelle Welt des Internet ermöglicht, ohne sich der Gefahr auszusetzen, seine Dienstleistung in größerem Umfang nicht bezahlt zu bekommen. Gegen die Akzeptanz von Kreditkarten durch Anwälte bestehen unter bestimmten Voraussetzungen keine berufsrechtlichen Bedenken. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wieviel Aufwand die Anwälte künftig für das Angebot dieser Abrechnungsart betreiben müssen, hängt maßgeblich von der rechtlichen Auslegung des Vertragsverhältnisses zwischen Vertragsunternehmen (Anwälten) und Kreditkartengesellschaften durch den BGH ab.

    Für den ungünstigen Fall, daß dieses Verhältnis auch zukünftig als Forderungskauf angesehen wird, ist eine Kreditkartenakzeptanz möglich, wenn der Mandant den Anwalt nach hinreichender Information im notwendigen Umfang von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbindet. Im Fall der Annahme eines Schuldversprechens ist eine solche Entbindung nicht erforderlich.

    Dem Einzug der Kreditkarte in die Kanzleien als Service für den Mandanten sollten daher keine weiteren Steine in den Weg gelegt werden.


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