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Durchsuchungsanordnung (-erlaubnis) beim Verdächtigen (§ 102 StPO) und beim Nicht-Verdächtigen (§ 103 StPO) - Wie sie aussehen soll, es aber oft nicht tut
Von Karl Brenner, Rechtsanwalt, Richter am Amtsgericht a.D., Saarbrücken

Inhaltsverzeichnis

Einführung
§§§§§§ Gewinnabschöpfung muss sein
§§§§§§ Ermittlungsbehörden als Mit- Garanten rechtsstaatlichen Verfahrens
§§§§§§ Begrenzung des Durchsuchungsbeschlusses nach Zeit und Umfang
§§§§§§ Der Ermittlungsrichter und sein Durchsuchungsbeschluss
§§§§§§ Durchsuchungsbeschluss beim Verdächtigen nach § 102 StPO (Muster - Vorschlag)
§§§§§§ Durchsuchungsbeschluss beim Verdächtigen nach § 102 StPO- Negativbeispiel
§§§§§§ - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
§§§§§§ Durchsuchungsanordnung beim Dritten, beim Nicht-Verdächtigen
§§§§§§ - Der BGH zum Problemkreis: Durchsuchungserlaubnis bei einem Nicht-Verdächtigen



Einführung

Bei der Aufklärung von Wirtschaftsordnungswidrigkeiten wird das Gesetz in der Regel nicht ausreichend befolgt, wenn die Ermittlungsbehörden auf die Durchsuchung der Geschäftsräume und ggf. der Wohnung des Betroffenen (hier gemeint: der von der Durchsuchung Betroffene) verzichten. Unter Wirtschaftsordnungswidrigkeiten versteht man solche Bußtaten, die im Zusammenhang mit einem Unternehmen stehen. Dabei können die verletzten Vorschriften allerdings auch Allgemeindelikte (die von jedermann begangen werden können) wie solche der Straßenverkehrsordnung sein. Wenn beispielsweise ein Lastkraftwagen ständig mit einer Überlast von zehn Prozent fährt und dies jeden Tag mit zehn LKWs, so erlangt das Unternehmen durch das ordnungswidrige Verhalten einen nicht ganz unerheblichem Gewinn. Hier müßte - neben der schuldangemessenen Geldbuße - eine Gewinnabschöpfung grundsätzlich erfolgen, um die Gerechtigkeit durchzusetzen (versuchen) oder um es einfacher auszudrücken, die redliche Wirtschaft zu schützen. Folgendes Beispiel mag das sichtbar machen: Befördert der Unternehmer pro LKW und pro Tag eine Tonne mehr und zahlt der Empfänger pro Tonne 1000 EUR, so hat der Bußtäter an einem Tag einen Brutto - Mehrerlös (der nach dem Brutto - Prinzip abzuschöpfen ist!) von 10.000 EUR. Auf 20 Arbeitstage im Monat berechnet, macht dies eine Summe von 200.000 EUR aus. In drei Monaten sind dies immerhin stolze 600.000 EUR. Der redliche Unternehmer, der sich an die gesetzlichen Vorgaben hält - er kann sich allenfalls wundern, dass sein Konkurrent sich schon wieder einen neuen LKW "leistet" oder - wenn der Bußtäter einen Verdrängungswettbewerb anstrebt - dass er seinen Tonnenpreis nach unten - zum Nachteil der Konkurrenz - korrigieren kann.

Gewinnabschöpfung muss sein

Es liegt auf der Hand, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann, wenn sich Polizei (sie hat in derartigen Fällen in der Regel das Recht und die Pflicht des "ersten Zugriffs") und Bußgeldstelle als "Herrin des Verfahrens" (vgl. § 46 Abs. 2 OWiG) bei Ermittlung und Ahndung nur auf den tagesaktuellen Fall beschränken, auf den sie bei einer Verkehrskontrolle mehr zufällig gestoßen sind. Hier muss die bußrechtliche Vergangenheit ermittelt werden - und das geht in der Regel nur im Wege einer Durchsuchung. Es macht einen Unterschied, ob der betreffende Unternehmer (häufig wird sogar nur der LKW - Fahrer mit einem Bußgeld - oder gar nur mit einem Verwarnungsverfahren überzogen) nur einmal überladen hat, oder ob er Überladungen regelmäßig oder auch nur öfter im nichtverjährten Zeitraum begangen angeordnet oder zugelassen hat oder auch nur aus Desinteressen zugelassen hat (Beteiligung bzw. Aufsichtspflichtverletzung), wobei über die Rechtskonstruktion "Dauerdelikt" der Verjährungszeitraum länger als 3 Monate dauern kann. Um den Ermittlungsaufwand nicht ausufern zu lassen, können Tatteile (durch die Bußgeldstelle, die Polizei nur nach Rücksprache mit der Bußgeldstelle) nach den §§ 154 StPO eingestellt werden. Ein solcher rechtswidrig erlangte Gewinn muss also grundsätzlich nach § 17 Abs. 4 (beim Täter) oder nach § 30 Abs. 3 Ordnungswidrigkeitengesetz (beim Unternehmen) abgeschöpft werden. Fehlt es an der Schuld oder an der Täterschaft des "Bereicherten" überhaupt, dann kann der rechtswidrige Vermögensvorteil nach § 29a OWiG abgeschöpft werden.
Die Vorschriften sprechen zwar dem Wortlaut nach von "kann". Nach Entscheidungen von Oberlandesgerichten besteht jedoch grundsätzlich eine Verpflichtung, den rechtswidrig erlangten Gewinn für alle noch nicht verjährten Ordnungswidrigkeiten abzuschöpfen. Nur wenn sich im konkreten Falle ergibt, dass die Voraussetzungen des Paragrafen 73c StGB vorliegen, also bei sogenannten Härtefällen, kann die Ermittlungsbehörde oder letztlich das Gericht ganz oder zum Teil von der Gewinnabschöpfung - entsprechend des Paragrafen 73c StGB absehen.

Ermittlungsbehörden als Mit- Garanten rechtsstaatlichen Verfahrens

Sieht man einmal von der Möglichkeit der "Gefahr im Verzuge" (§ 105 Abs. 1 StPO) ab, so muss die Ermittlungsbehörde, die Bußgeldstelle also im Bußgeldverfahren, beim zuständigen Amtsgericht (beim Ermittlungsrichter) einen Antrag auf Durchsuchung der Geschäftsräume und der Wohnung, des Pkws und auch der Person des Betroffenen stellen (§ 162 StPO). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) musste schon häufig derartige richterliche - auch solche von Landgerichten - Beschlüsse aufheben, weil sie aus Rechtsgründen zu "dürftig" waren und den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht entsprachen. Unter besonderen Voraussetzungen kann die Rechtsfolge die sein, dass Beweismittel, die aufgrund einer solchen rechtswidrigen Durchsuchungsanordnung beschlagnahmt worden sind, nicht für Beweiszwecke verwendbar sind. Es ist daher im Interesse in der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens, dass der Durchsuchungsbefehl in einer Form erlassen wird, dass er rechtsstaatlichen Erfordernissen gerecht wird. Die Ermittlungsbehörde kann dazu Erhebliches tun, was noch dargelegt werden wird.

Begrenzung des Durchsuchungsbeschlusses nach Zeit und Umfang

Ein weiteres haben Ermittlungsbehörden, der von der Durchsuchung Betroffene und sein Verteidiger mit Argusaugen zu überwachen: Die im Durchsuchungsbeschluss angegebenen Durchsuchungs-Zeiträume und die Durchsuchungs-Gegenstände dürfen bei der Ausführung nicht über den Wortlaut der Durchsuchungsanordnung hinaus ausgeweitet werden. Das hat zur Folge, dass in einem dem Gesetz entsprechenden Durchsuchungsbeschluss auch Zeiträume und Gegenstände so genau wie möglich beschrieben werden müssen. Andernfalls ist der richterliche Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig.

Für den Betroffenen und seinen Verteidiger sind die vom Verfassungsgericht und ihm folgend auch die ordentlichen Obergerichte, einschließlich des Bundesgerichtshofs, für die formelle Gestaltung des Durchsuchungsbeschlusses aufgestellten Rechtsregeln gleichermaßen von Wichtigkeit: Widerspricht der amtsrichterliche oder landgerichtliche Beschluss der Verfassung, so können sie entscheiden, ob es "praktikabel" im Sinne von günstig für den von der Durchsuchung Betroffenen ist, den grundrechtseinschränkenden Beschluss anzufechten.

Nicht ganz selten soll es vorkommen, dass Ermittlungsbehörden von vornherein nach "Zufallsfunden" (vgl. § 108 StPO) suchen. Das ist selbstverständlich rechtswidrig. Denn wie der Wortteil "Zufall" besagt, müssen Zufalls-Beweisgegenstände, die im Rahmen einer Durchsuchung aufgefunden werden, gelegentlich der Durchsuchung dem suchenden Ermittlungsbeamten gewissermaßen unerwartet in "den Schoß" fallen. Besonders argwöhnisch sollte der Verteidiger dann die Durchsuchungshandlungen beobachten, wenn nicht - steuerlichen Ermittlungsbehörden als Buchsachverständigen einen Steuerprüfer oder Steuerfahndungsbeamten - was rechtlich erlaubt ist - bei der Durchsuchung einsetzen. Es ist dem Steuerbeamten als Sachverständigen verwehrt, sich gezielt nach steuerlichen Tatbeständen umzusehen.

Der Ermittlungsrichter und sein Durchsuchungsbeschluss

Es ist die Aufgabe es Amtsrichters, einen Durchsuchungsbeschluss (= Durchsuchungsanordnung = Durchsuchungsbefehl: das Bundesverfassungsgericht, vgl. die nachstehende Entscheidung verwendet alle drei Begriffe für dieselbe Sache) gem. §§ 102 ff StPO zu erlassen (§ 105 Abs. 1 StPO). Nach meiner Auffassung sind allerdings die beiden Begriffe: Durchsuchungsanordnung und Durchsuchungsbefehl irreführend: die Ermittlungsbehörde ist nämlich nicht verpflichtet, den vom Richter erlassenen "Durchsuchungsbefehl / Durchsuchungsanordnung" auch tatsächlich zu vollstrecken. Dies liegt im Ermessen der Ermittlungsbehörden. Man sollte daher die Entscheidungen nach § 102 ff StPO als "Durchsuchungsbeschluss" bezeichnen, besser wäre noch "Durchsuchungserlaubnis". Denn die "Erlaubnis" ist der eigentliche rechtliche Inhalt eines Durchsuchungsbeschlusses.
Der richterliche Beschluss beruht - und darf grundsätzlich nur darauf beruhen, der Richter darf keine eigenen Ermittlungen anstellen - auf dem Tatsachenmaterial, das ihm von der Ermittlungsbehörde geliefert wird. Das bedeutet, dass in dem Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses bereits die Tatsachen enthalten sein müssen, die sich dann später in der erlassenen Durchsuchungsanordnung wiederfinden (müssen). Der Unterschied zwischen der textlichen Gestaltung des Antrags auf Durchsuchung und seinem Erlaß besteht darin, dass es sich um eine unterschiedliche Darstellung im Stil handelt. Daher ist es prozessökonomisch, dass die Bußgeldstelle bereits den Durchsuchungsbeschluss vorformuliert und den Entwurf dann mit einem Begleitschreiben dem Amtsgericht übersendet. Es gibt auch noch eine rechtliche Begründung dafür: Es ist nicht etwa der Ermittlungsrichter, der die Verantwortung für das Ermittlungsverfahren trägt. Fehlt es am Ende an gerichtsverwertbaren Beweisen, weil die im Rahmen der Durchsuchung beschlagnahmten Beweismittel als gerichtlich nicht verwertbar an den Betroffenen zurückgegeben werden müssen, trägt die Beweislast oder gar das Scheitern des Ermittlungsverfahrens die Ermittlungsbehörde, also die Bußgeldstelle und nicht etwa der Richter. Im Stadium der Ermittlungen ist der Ermittlungsrichter lediglich eine "Ermittlungsgehilfe" der Bußgeldstelle, wenn auch eine mit einer hohen rechtsstaatlichen Autorität. Versagt er jedoch, dann "haftet" - um einen zivilrechtlichen Vergleich zu bringen - die Ermittlungsbehörde wie der "Geschäftsherr" nach § 278 BGB.
Das Begleitschreiben an das Amtsgericht kann etwa lauten:

"Ich rege an, die als Entwurf beigefügte Durchsuchungsanordnung zu erlassen".


Diese Art der Antragstellung hat den Vorteil, dass die Beamten auf den richterlichen Beschluss "warten" und ihn "mitnehmen" können. Der Richter erspart sich die unnötige Arbeit des "Umgießens" des ermittlungsbehördlichen Antrags in die von ihm gewohnte und erlernte richterliche Beschlussform.

Empfehlenswert ist allerdings:

Die Ermittlungsbehörde sollte den Amtsrichter (Ermittlungsrichter, seltener den Spruchrichter) vorher danach fragen, ob er mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden ist. Und, wenn der amtliche richterliche Vordruck des Amtsgerichts der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer Durchsuchungsanordnung entspricht, nur dann! - sollte die Bußgeldstelle den vom Amtsgericht verwendeten üblichen Vordruck verwenden.

Durchsuchungsbeschluss beim Verdächtigen nach § 102 StPO (Muster - Vorschlag)

Amtsgericht A-Stadt

Beschluss

In der Ermittlungssache

gegen den Hans-Jürgen Schwarz,

geboren am 19.04.1968 in B-Stadt, wohnhaft in A-Stadt Schwarzbachstraße 18,

wegen Schwarzarbeit (§§ 1 ff SchwarbG)


wird gem. §§ 102 ff StPO - auf Antrag der Bußgeldstelle in A-Stadt - die Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten [Anmerkung: man sollte besser vom Beschuldigten sprechen, weil die Rechtsprechung den Begriff "Betroffener" verwendet als: den von der Durchsuchungsbetroffenen] in [Postleitzahl] A-Stadt, Schwarzbachstraße 18, sowie seiner Person und der ihm gehörigen Sachen

angeordnet,


da nach den bisherigen Ermittlungen zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird.

Der Beschuldigte wird verdächtigt, Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfange erbracht zu haben, wobei er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).


Sachverhalt

(Bei einem kürzeren Sachverhalt bevorzugen die Gerichte, die Tatsachendarstellung nicht mit "Sachverhalt" zu überschreiben, sondern sie leiten die Tatsachendarstellung ein mit: "indem ?.". Der Grund: diese Einleitung soll zur Kürze und der Klarheit der richterlichen Ausdrucksweise dienen. Das gilt selbstverständlich auch für die Staatsanwälte - auch sie formulieren in der Regel so).

Der Beschuldigte hat am 21. August 2002 und Wochen davor in [Postleitzahl] A-Stadt, Baustraße 123, mit den Zeugen Anton Mertel und Bodo Holzmann auf der Neubaustelle des Zeugen Bauherrn Franz Haus, von den Beamten der Bauüberwachung des Ordnungsamts in A-Stadt dabei angetroffen, wie er mit Mertel und Holzmann Maurerarbeiten verrichtete. Weder der Betroffene, noch Mertel und Holzmann waren - was erforderlich gewesen wäre - in der Handwerksrolle eingetragen.
Wie der Nachbar des Bauherrn Haus, Herbert Wacht aussagte, sei der "Bautrupp" unter Leitung des Beschuldigten schon seit mindestens 4 Wochen auf dem Bau des Hauses tätig.
Das vorgefundene Beweismaterial - auch im Hinblick auf eine mögliche Gewinnabschöpfung - ist in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. Als Beweismittel können vorgefunden werden: Bestellungen von Baumaterialien, rechnungsähnliche Vermerke, Aufzeichnungen, Bankauszüge, Quittungen und ähnliche Belege, die auf die Schwarzarbeit des Beschuldigten zu Gunsten des Zeugen Haus hindeuten könnten.
In den Fällen des § 98 II StPO ist binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme nachzusuchen.
In geeigneten Fällen kann die Beschlagnahme der Originaldokumente durch Fotokopien ersetzt werden. Die Kopien sollten mit dem Vermerk: "Mit Original übereinstimmend" und mit dem Dienststempelabdruck der Ermittlungsbehörde versehen werden.


A-Stadt, den 21. August 2002

Das Amtsgericht

Anton Name, Richter


Durchsuchungsbeschluss beim Verdächtigen nach § 102 StPO- Negativbeispiel

[wie er oft erlassen wird, aber gegen die Verfassung verstößt]


  • "In dem Ermittlungsverfahren gegen ... wegen Verdacht des Mordes wird auf Antrag der StA gemäß §§ 102, 105, 111b II 3 StPO die Durchsuchung der Person, der Wohnung und anderer Räume des Beschuldigten sowie der ihm gehörenden Sachen angeordnet. Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen ist zu vermuten, dass die Maßnahme zur Auffindung von Beweismitteln, Verfalls- oder Einziehungsgegenständen führen wird.
  • Die vorgefundenen Gegenstände sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.
  • Gemäß §§ 94, 98 StPO werden die aufgefundenen Gegenstände als Beweismittel beschlagnahmt."


Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Der vorstehende Text stammt aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 03.09.1991 - 2 BvR 279/90 - NStZ 1992, 91.

Die Entscheidung lautet:

1. Ein Durchsuchungsbeschluss, der den Tatverdacht nur schlagwortartig erwähnt, darüber hinaus aber keinerlei tatsächliche Angaben über die aufzuklärenden Straftaten enthält, den denkbaren Inhalt der zu durchsuchenden Beweismittel nicht erkennen läßt und die neben der Wohnung zu durchsuchenden "anderen Räume" nicht bezeichnet, genügt nicht den Anforderungen aus Art. 13 I, 2 I und dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes.

2. Die pauschale Anordnung der Beschlagnahme "aller aufgefundener Gegenstände als Beweismittel" verletzt den Betroffenen in seinem Grundrecht aus Art. 2 I GG i. V. mit dem Rechtsstaatsprinzip.

BVerfG (2. Kammer des 2. Senats) - v. 03.09.1991 - 2 BvR 279/90

Zum Sachverhalt:

Die StA verdächtigte den Bf., im Dezember 1990 einen Menschen ermordet zu haben. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen ergab sich auch der Verdacht, der Bf. habe illegal Ausländer in die BR Deutschland eingeschleust. Die Kriminalpolizei regte wegen des Mordverdachts und wegen des Verdachts eines Vergehens nach dem Ausländergesetz bei der StA an, eine Durchsuchungsanordnung für die Privatwohnung und zwei räumlich davon getrennte Betriebe des Bf. sowie im Hinblick auf die "Schleußertätigkeit" eine Beschlagnahmeanordnung für sämtliche Geschäftsunterlagen der von dem Bf. betriebenen Unternehmen zu erwirken.

Auf Antrag der StA erließ das AG am 12.01.1990 einen Beschluss folgenden Inhalts:

  • "In dem Ermittlungsverfahren gegen ... wegen Verdacht des Mordes wird auf Antrag der StA gemäß §§ 102, 105, 111b II 3 StPO die Durchsuchung der Person, der Wohnung und anderer Räume des Beschuldigten sowie der ihm gehörenden Sachen angeordnet. Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen ist zu vermuten, dass die Maßnahme zur Auffindung von Beweismitteln, Verfalls- oder Einziehungsgegenständen führen wird.
  • Die vorgefundenen Gegenstände sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.
  • Gemäß §§ 94, 98 StPO werden die aufgefundenen Gegenstände als Beweismittel beschlagnahmt."
Noch am selben Tage wurde in Abwesenheit des Bf. dessen Wohnung durchsucht. Dabei wurden verschiedene Gegenstände sichergestellt. Bei der gleichzeitigen Durchsuchung der Geschäftsräume war der Bf. anwesend. Ihm wurde als Durchsuchungszweck die Suche nach Waffen, Geschäftsunterlagen und sonstigen Beweismitteln bezeichnet. Es wurden ebenfalls verschiedene Gegenstände sichergestellt. Nach Angaben des mit der Durchsuchung befaßten Beamten war der Bf. mit der Sicherstellung einverstanden.

Erst nach den Durchsuchungen wurde gegen den Bf. ein gesondertes Verfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Ausländergesetz eingeleitet. Am 06.02.1990 legte der Bf. gegen den Durchsuchungsbeschluss "sowie die bereits erfolgte Beschlagnahme/Sicherstellung von Gegenständen" Beschwerde ein und beantragte, den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss aufzuheben und die Asservate herauszugeben, hilfsweise richterliche Entscheidung über die vorläufige Beschlagnahme. Er trug vor, die Beschwerde sei zulässig, weil die Durchsuchung noch andauere. Die Durchsicht der Papiere sei noch nicht abgeschlossen. Die Beschwerde sei auch begründet; der angefochtene Durchsuchungsbeschluss sei - ebenso wie die Beschlagnahmeanordnung - zu unbestimmt. Am 15.02.1990 faßte das LG folgenden Beschluss: "In der Strafsache ... wird die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des AG in Saarbrücken vom 12.01.1990 kostenpflichtig als unbegründet verworfen, weil sämtliche sichergestellten Gegenstände für die weitere Untersuchung von Bedeutung sind."

  • Die Verfassungsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg; die Beschlüsse des AG und des LG wurden aufgehoben.
Aus den Gründen:

1. Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des AG genügt nicht verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 13 I, 2 I und dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes.

a) Das BVerfG hat wiederholt entschieden, dass eine Durchsuchung schon ihrer Natur nach regelmäßig schwerwiegend in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen, namentlich auch in das Grundrecht aus Art. 13 GG eingreift.

Daher hat der Richter bei Erlaß eines auf § 102 StPO gestützten Durchsuchungsbefehls von vornherein für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen. Soweit ihm die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betr. einzugreifen, vorbehalten ist, trifft ihn als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden zugleich auch die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte meßbar und kontrollierbar bleibt (vgl. BVerfGE 42, 212, 220; st. Rspr.). Diesen Voraussetzungen entspricht die Durchsuchungsanordnung nicht.

Der Beschluss, der nur schlagwortartig den "Verdacht des Mordes" erwähnt,

enthält schon keinerlei
  • tatsächliche Angaben über die
  • aufzuklärenden Straftaten, obschon der aus den Akten zu entnehmende weitere Verdacht eines Vergehens nach dem Ausländergesetz dem AG Veranlassung geben musste,
  • solche Angaben in den Beschluss aufzunehmen.
  • Auch läßt er die Art und den denkbaren Inhalt der zu suchenden Beweismittel nicht erkennen.
  • Darüber hinaus bezeichnet er die von der Wohnung des Bf. weit entfernt gelegenen, ebenfalls zu durchsuchenden "anderen Räume" nicht.
Auch die in dem Beschluss enthaltene Beschlagnahmeanordnung genügt nicht rechtsstaatlichen Anforderungen; sie verletzt das Grundrecht des Bf. aus Art. 2 I i. V. mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 III GG.

Ebenso wie eine Durchsuchung stellt eine Beschlagnahme einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betr. dar. Die Anordnung steht daher, wie alle Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren (vgl. BVerfGE 27, 211, 219), unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 20, 162, 186 f.; 42, 212, 220; 44, 353, 372).

Dieser Grundsatz verlangt, dass die Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und
  • erforderlich sein muss und
  • dass der mit ihr verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis
  • zur Bedeutung der Sache und
  • zur Stärke des bestehenden Tatverdachts stehen darf (vgl. BVerfGE 16, 194, 202; 17, 108, 117).
Wegen des Gewichts des Eingriffs ist die Anordnung der Beschlagnahme grundsätzlich dem Richter vorbehalten (vgl. BVerfGE 9, 89, 97; 42, 212, 220).
Lediglich bei Gefahr im Verzug sind auch die StA und ihre Hilfsbeamten hierzu befugt (§ 98 I StPO; Ausnahme: § 98 I 2 StPO).

In diesem Fall ist grundsätzlich eine richterliche Bestätigung der Beschlagnahme erforderlich. Nur unter der Voraussetzung, dass der Betr. oder ein Angehöriger bei der Beschlagnahme anwesend ist und keinen Widerspruch erhebt, ist die Einschaltung eines Richters nicht zwingend vorgesehen (§ 98 II 2 StPO). Diese Regelungen dienen dem Schutz des Betr. Das Grundgesetz (Art. 13 II, 19 IV und 104 II GG) und der Gesetzgeber gehen davon aus, dass Richter aufgrund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer nur dem Gesetz unterworfenen Stellung (Art. 97 GG) die Wahrung der Rechte Betroffener im Einzelfall am besten und sichersten gewährleisten (BVerfGE 77, 1, 51).

Ordnet ein Richter - etwa gleichzeitig mit dem Erlaß eines Durchsuchungsbefehls - die Beschlagnahme von Gegenständen an, bevor diese von den Strafverfolgungsbehörden in amtlichen Gewahrsam genommen worden sind,
  • so muss er die Gegenstände so genau bezeichnen,
  • dass keine Zweifel darüber entstehen, ob sie von der Beschlagnahmeanordnung erfaßt sind.
"Denn andernfalls würde die Entscheidung, welche Gegenstände unter die richterliche Beschlagnahmeanordnung fallen, nicht dem Richter obliegen, sondern den Strafverfolgungsbehörden. Demgemäß hält die fachgerichtliche Rechtsprechung und die strafprozessuale Literatur eine Beschlagnahmeanordnung in Fällen für unwirksam, in denen Gegenstände pauschal vorweg beschlagnahmt werden (vgl. OLG Düsseldorf StV 1982, 513; LG Lüneburg MDR 1984, 603; LG Stuttgart StV 1986, 471; KK-Laufhütte 2. Aufl., § 94 Rn 7; Kleinknecht/Meyer 39. Aufl., § 98 Rn 9; LR-Schäfer 24. Aufl., § 94 Rn 16). Die Anordnung des AG, dass die "aufgefundenen Gegenstände als Beweismittel beschlagnahmt" werden, genügt daher rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht und verletzt den Bf. in seinem Grundrecht aus Art. 2 I i. V. mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes. 2. Auch der Beschluss des LG verletzt die Grundrechte des Bf. aus Art. 13 I und 2 I i. V. mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ... b) Indem das LG feststellte, dass alle beschlagnahmten Gegenstände als Beweismittel von Bedeutung seien, hat es auch insoweit das Rechtsmittel der Beschwerde als unbegründet verworfen und damit den in der Entscheidung des AG enthaltenen Grundrechtsverstoß aufrechterhalten. Über diese Perpetuierung hinaus enthält der Beschluss des LG aber noch eine weitere selbständige Verletzung des Art. 2 I i. V. mit Art. 20 III GG: Da die Beschlagnahmeanordnung des AG verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügte, hätte das LG entweder in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Fachgerichte und der Literatur (s. oben 1. b) die Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Bestätigung der Beschlagnahme nach § 98 II 2 StPO werten und die Sache zur Entscheidung an das AG zurückgeben müssen oder die fehlerhafte Beschlagnahme durch das AG durch eine eigene konkretisierende Beschlagnahmeanordnung ersetzen müssen. Das LG hat es daran fehlen lassen. Es hat die Sache nicht an das AG zurückgegeben. In seiner Entscheidung läßt es aber auch nicht erkennen, welche Gegenstände es für welchen Tatverdacht (Mord oder "Schleußertätigkeit"?) und aus welchen Gründen für bedeutsam hält. Damit hat das Gericht die oben (1. b) genannten verfassungsrechtlichen Maßstäbe für eine Beschlagnahme von Gegenständen außer acht gelassen ..."

Durchsuchungsanordnung beim Dritten, beim Nicht-Verdächtigen

Beschluss

In der Ermittlungssache

gegen den Hans-Jürgen Schwarz,

geboren am 19.04.1968 in B-Stadt, wohnhaft in A-Stadt Schwarzbachstraße 18,

wegen Schwarzarbeit (§§ 1 ff SchwarbG)


wird gem. §§ 103 ff StPO - auf Antrag der Bußgeldstelle in A-Stadt - die Durchsuchung der Wohnung des

Bauherrn Franz Haus, wohnhaft [Postleitzahl] A-Stadt in der Hauptstraße 99, ferner seiner Büroräume in A-Stadt, Wilhelm-Straße 99,

angeordnet,


da nach den bisherigen Ermittlungen Tatsachen vorliegen, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird, nämlich Quittungen, Rechnungen, Lieferscheine, Bankauszüge und ähnliche Unterlagen der vergangenen 2 Monate, aus denen sich ergibt, dass Baumaterialien, nämlich: Steine, Zement ? für den Neubau des Franz Haus in A-Stadt, Baustraße 123, angeliefert worden sind.

Der Beschuldigte Hans-Jürgen Schwarz wird verdächtigt, Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfange erbracht zu haben, wobei er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).

Sachverhalt

(Bei einem kürzeren Sachverhalt bevorzugen die Gerichte, die Tatsachendarstellung nicht mit "Sachverhalt" zu überschreiben, sondern sie leiten die Tatsachendarstellung ein mit: "indem ?.". Der Grund: diese Einleitung soll zur Kürze und der Klarheit der richterlichen Ausdrucksweise dienen. Das gilt selbstverständlich auch für die Staatsanwälte - auch sie formulieren in der Regel so).

Der Beschuldigte Hans-Jürgen Schwarz hat am 21. August 2002 und Wochen davor in [Postleitzahl] A-Stadt in der Baustraße 123 mit den Zeugen Anton Mertel und Bodo Holzmann auf der Neubaustelle des Zeugen Bauherrn Franz Haus, von den Beamten der Bauüberwachung des Ordnungsamts in A-Stadt dabei angetroffen, wie er mit Mertel und Holzmann Maurerarbeiten verrichtete. Weder der Beschuldigte, noch Mertel und Holzmann waren - was erforderlich gewesen wäre - in der Handwerksrolle eingetragen.

Wie der Nachbar des Bauherrn Haus, Herbert Wacht aussagte, sei der "Bautrupp" unter Leitung des Betroffenen schon seit 4 Wochen auf dem Bau des Hauses tätig. Der Zeuge Herbert Wacht hat auch angegeben, dass mehrfach die Baustoffhandlung ?, Steine, Sand, Holzverschalungen für den Neubau des Hauses angeliefert hatten. Der Bauherr Hause habe mehrmals in den letzten 4 bis 6 Wochen mit seinem VW-Bus Baumaterialien wie Zement, Steine, Platten herangeschafft.

Das vorgefundene Beweismaterial - auch im Hinblick auf eine mögliche Gewinnabschöpfung - ist in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. Die zu suchenden Beweisunterlagen können sich in der Privatwohnung des Bauherrn Haus, aber auch in seinem Architekturbüro - das er alleine führt - befinden.

In den Fällen des § 98 II StPO ist binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme nachzusuchen.

In geeigneten Fällen kann die Beschlagnahme der Originaldokumente durch Fotokopien ersetzt werden. Die Kopien sollten mit dem Vermerk: "Mit Original übereinstimmend" und mit dem Dienststempelabdruck der Ermittlungsbehörde versehen werden.


A-Stadt, den 21. August 2002

Das Amtsgericht

Anton Name, Richter


Der BGH zum Problemkreis: Durchsuchungserlaubnis bei einem Nicht-Verdächtigen:

BGH Beschluss vom 21.11.2001 BJs 22/04-4 (9) - StB 20/01 - NStZ, 2002, 215.
Die Durchsuchungsanordnung gegen einen Nichtverdächtigen setzt voraus, dass

  • hinreichend individualisierte Beweismittel gesucht werden.
  • Diese müssen im Durchsuchungsbeschluss so weit konkretisiert werden, dass weder
  • bei dem Betroffenen noch bei dem die Durchsuchung vollziehenden
Beamten Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können.
Die Beschwerde ist trotz abgeschlossener Durchsuchung zulässig.
Das Rechtsmittel ist auch begründet; der angefochtene Beschluss verstößt gegen § 103 StPO. [Anmerkung: Man beachte: Der verfassungswidrige Beschluss wurde vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs erlassen!]
Bei einer Durchsuchung nach § 103 StPO müssen die Beweismittel hinreichend konkretisiert werden.
An einer solchen Konkretisierung fehlt es hier.

Zum Sachverhalt:

Der GBA führt gegen die Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Mitgliedschaft in bzw. der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB), die sich als Musikgruppe unter dem Namen "L" zusammengeschlossen habe, um Lieder mit rechtsradikalen Inhalten zu veröffentlichen, welche die Straftatbestände der §§ 111 und 130 StGB erfüllen.
Die Betroffene ist die getrennt lebende Ehefrau des Beschuldigten B.
Auf Antrag des GBA hat der Ermittlungsrichter des BGH am 04.10.2001 die Durchsuchung
  • der Wohnung der Betroffenen in Berlin,
  • der dortigen sonst von ihr genutzten Räume und ihrer Sachen,
  • einschließlich ihres Kraftfahrzeugs gestattet,
zur Sicherstellung von Schriftstücken, Tonträgern und anderen Beweismitteln, welche geeignet sind, die Struktur der Band, deren Organisation und Arbeitsweise zu belegen.
Mit ihrer nach Durchführung der Durchsuchung erhobenen Beschwerde hat die Betroffene geltend gemacht, in dem angefochtenen Beschluss seien die zu suchenden Beweismittel nicht hinreichend konkret bezeichnet. Sie hat außerdem einen Verstoß gegen § 110 I StPO gerügt und die Rückgabe bei der Durchsuchung sichergestellter Gegenstände verlangt. In seiner Zuschrift vom 15.10.2001 hat der GBA daraufhin u.a. beantragt, die Beschlagnahme der sichergestellten Gegenstände richterlich zu bestätigen. Der Senat stellte auf die Beschwerde fest, dass der Beschluss vom 04.10.2001 gegen § 103 StPO verstößt.

Aus den Gründen:

Die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ist zulässig (§ 304 II und 5 StPO). Dem steht nicht entgegen, dass die Durchsuchung durch den Antrag des GBA, die Beschlagnahme der sichergestellten Gegenstände richterlich zu bestätigen (§ 98 II 1 StPO), abgeschlossen ist (BGH NJW 1985, 3397). Denn die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes gegen den Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen aus Art. 13 I GG gebietet, dass auch nach Abschluss der Durchsuchung deren Rechtmäßigkeit mit dem grundsätzlich gegen diese Maßnahme gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel zur Überprüfung gestellt werden kann (BVerfGE 96, 27; BGHR StPO § 304 V Durchsuchung 1; BGH NJW 2000, 84, 85). Die Entscheidungskompetenz des Senats beschränkt sich indessen auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung. Über die Einwände der Betroffenen gegen die Art und Weise des Vollzugs der Durchsuchung und gegen die von den Ermittlungsbehörden hierbei ohne richterliche Anordnung ausgesprochenen Beschlagnahmen hat dagegen der Ermittlungsrichter des BGH zu befinden (§§ 98 II 2, 169 I 2 StPO; BGHSt 45, 183; BGH NJW 2000, 84, 86).
Die Beschwerde der Betroffenen gegen die Durchsuchungsanordnung hat in der Sache Erfolg und führt zu der Feststellung, dass der Beschluss vom 04.10.2001 gegen § 103 StPO verstößt.
Der GBA hatte die Durchsuchung bei der Betroffenen als nicht tatverdächtiger Dritten beantragt. Sie durfte daher nur nach Maßgabe des § 103 I StPO angeordnet werden.
Nach dieser Vorschrift ist die Durchsuchung bei einer nicht tatverdächtigen Person - abgesehen von anderen, hier nicht relevanten Zwecken - nur zulässig zur Beschlagnahme
  • bestimmter Gegenstände,
  • wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist,
  • dass die gesuchten Sachen sich in den zu durchsuchenden Räumen befinden.
Dagegen rechtfertigt - anders als im Falle des § 102 StPO für die Durchsuchung beim Tatverdächtigen -

allein die allgemeine Aussicht, irgendwelche relevanten Beweismittel zu finden,


die erheblich in Rechte des unbeteiligten Dritten eingreifende Maßnahme nicht.
Die Durchsuchungsanordnung gegen einen Nichtverdächtigen setzte daher voraus, dass
hinreichend individualisierte Beweismittel gesucht werden (BVerfG NJW 1981, 971; BGHR StPO § 103 Gegenstände 1 und Tatsachen 1).
Diese müssen, da die Durchsuchung ausdrücklich nur zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände zulässig ist,
  • im Durchsuchungsbeschluss so weit konkretisiert werden, dass
  • dass weder bei dem Betroffenen,
  • noch bei dem die Durchsuchung vollziehenden Beamten Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können.
Dazu ist es zwar nicht notwendig,
  • dass sie in allen Einzelheiten beschrieben werden.
Erforderlich ist es jedoch, dass sie
  • zumindest ihrer Gattung nach bestimmt sind.
Eine derartig hinreichende Konkretisierung der zu suchenden Beweismittel lässt der angefochtene Beschluss vermissen.
Indem als Ziel der Maßnahme die
  • "Sicherstellung von Schriftstücken, Tonträgern und anderen Beweismitteln,
  • welche geeignet sind,
  • die Struktur der Band, deren Organisation und Arbeitsweise zu belegen"
genannt ist, wird letztlich die Suche nach jeglichem tauglichen Beweismittel vom Durchsuchungszweck umfasst.
  • Eine gegenständliche Eingrenzung des Durchsuchungsziels fehlt.
Weder für die Betroffene noch für die vollziehenden Beamten war erkennbar, auf welche zumindest gattungsmäßig konkretisierten Gegenstände die Suche beschränkt sein sollte.
Bei dem Beschluss vom 04.10.2001 handelt es sich daher nach seinem wahren Gehalt um eine Durchsuchungsanordnung i.S. des § 102 StPO, die gegen die Betroffene nicht ergehen durfte.

Weitere Informationen zum Ordnungswidrigkeitenrecht pp. auf der WebSite des Verfassers:
www.recht-find.de

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