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Klausurhilfe aus dem Internet - kein Verfahrensfehler
RA Dr. Robert Brehm

Klausurhilfe aus dem Internet - kein Verfahrensfehler


Da pro Bundesland nicht so viele Klausuren erstellt werden, wie in den Prüfungsperioden des ersten und zweiten Staatsexamens benötigt werden, tauschen seit vielen Jahren die Justizprüfungsämter die Klausuren untereinander aus. Hier achten die Ämter nach unserer Kenntnis stets darauf, dass die Klausur erst einmal im eigenen Bundesland geschrieben wird, bevor man sie an andere Länder weiter reicht.

Clevere Kandidaten wissen dies und besorgen sich - soweit wie möglich - Klausuren und Lösungshinweise aus anderen Ländern in der Hoffnung, dass eine bekannte Klausur sich im eigenen Examen wieder findet. Da die Klausurtexte und Lösungshinweise von den Prüfungsämtern nicht herausgegeben werden - eine Ausnahme gibt es in Bayern, wo in den Bayerischen Verwaltungsblättern regelmäßig öffentlich-rechtliche Klausuren veröffentlicht und gelöst werden - versuchen Kandidaten anderen dadurch zu helfen, dass sie aus dem Gedächtnis den Sachverhalt und - soweit möglich - Stichworte zur Lösung im Internet veröffentlichen.

Nunmehr hat - wie bereits einige Male zuvor - ein Prüfling gegen das Nichtbestehen seiner Prüfung geklagt mit dem Argument, das (Berliner) Justizprüfungsamt hätte zwei Klausuren deswegen nicht stellen dürfen, weil eine davon schon in NRW, die andere in Bayern gelaufen sei und dazu von Dritter Seite der Sachverhalt und Hinweise zur Lösung ins Internet gestellt worden seien. Hiervon hätten einige Kandidaten - im Gegensatz zu ihr - gewusst. Dies sei ein Verfahrensfehler, der die Aufhebung ihrer eigenen - negativen - Prüfungsentscheidung zur Folge haben müsse. Zu Recht haben sowohl das Verwaltungsgericht als auch das OVG Berlin (die Entscheidung des OVG ist veröffentlicht in NJW 2003, 2256) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

Die Rechtsprechung differenziert in diesem Bereich und sieht den Fall, dass (künftige) Examensklausuren in Referendar-Arbeitsgemeinschaften behandelt werden, anders. So wurde im Rahmen einer AG am Landgericht Heidelberg eine öffentlich-rechtliche Klausur besprochen, die kurz danach im Staatsexamen gestellt wurde. Das zuständige Verwaltungsgericht hat die Entscheidung des JPA, das die Bewertung der (elf) Prüfungsteilnehmer, die an der AG teilgenommen hatten, annullierte, gebilligt. Den Antrag eines anderen Prüfungsteilnehmers, die Wiederholung der Aufsichtsarbeit für alle Prüfungsteilnehmer anzuordnen, hat das VG Karlsruhe mangels Anordnungsgrundes zurückgewiesen. Der Erlaß der EA würde nicht nur dazu führen, dass etwa 590 Prüfungskandidaten mit der Anfertigung einer weiteren - zusätzlichen - Aufsichtsarbeit belastet würden. Er hätte außerdem zur Folge, dass sich der Abschluß der Prüfung sämtlicher Kandidaten um mehrere Monate verzögern würde. Diese Nachteile stünden außer Verhältnis zu dem Nutzen, den der Antragsteller hiervon hätte, der auch noch durch eine Anfechtung seines Prüfungsergebnisses effektiven Rechtsschutz erlangen könne. Im übrigen fehlte es nach der - zutreffenden - Auffassung des VG an einem Anordnungsanspruch. Selbst wenn man unterstelle, dass Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft über einen Ausbildungsleiter unzulässiges Einzelwissen erhalten hätte, ergebe sich daraus noch nicht, dass sich dieser Verfahrensfehler auf das gesamte Prüfungsverfahren ausgewirkt hat. Die vom JPA angestellten Ermittlungen hätten keinen konkreten Anhaltspunkt dafür gegeben, dass sich Sonderwissen über den Inhalt einer bevorstehenden Aufsichtsarbeit so konkret in einem solchen Umfange verbreite, dass der Grundsatz der Chancengleichheit grundlegend und nicht mehr auf eine Gruppe beschränkbar verletzt worden sei.

Auch das VG Dresden und das OVG Bautzen haben die Annullierung einer Prüfungsaufgabe und die Stellung einer Ersatzarbeit gebilligt, nachdem die Klausur - wie im Falle des OVG Berlin - fast wortgleich mit einer Aufgabe war, die vier Jahre zuvor in Bayern in der Prüfung gestellt wurde. Entscheidend war jedoch nicht dies, sondern die Tatsache, dass diese Klausur in Arbeitsgemeinschaften des Prüfungsjahrgangs in Sachsen zu Übungszwecken ausgegeben worden war. Die Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften gehört jedoch zu den Dienstpflichten der Rechtsreferendare.

Daher haben die Gerichte den Fall zu Recht anders beurteilt als die Ausgabe eines solchen Falls durch ein privates Repetitorium. Die private Initiative führt nicht zur Annahme von Verfahrensfehlern, anders als Pannen, die dem Prüfungsamt zuzurechnen sind oder gar die gezielte und vorsätzliche Vorbereitung von Prüflingen in einem Repetitorium, das vom Präsidenten eines Prüfungsamtes abgehalten wird (so vor einigen Jahren geschehen in Berlin).

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