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Arbeitszeugnisse (Anspruch, Zeugnisarten, Geheimsprache)
Arbeitszeugnisse (Anspruch, Zeugnisarten, Geheimsprache)

Das Bundesarbeitsgericht hat am 20.02.2001 entschieden, daß Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch darauf haben, daß das Arbeitszeugnis auch eine Schlußformel enthält. Die Klägerin (Arbeitnehmerin) hatte ein qualifiziertes Zeugnis verlangt und auch erhalten. Sie bemängelte das Zeugnis aber als unvollständig, da es nicht folgende übliche Schlußformel enthielt:

"Wir bedauern ihr Ausscheiden und danken ihr für die stets gute Zusammenarbeit. Für die Zukunft wünschen wir Frau H. alles Gute und weiterhin viel Erfolg"

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, eine derartige Schlußformel werde zwar in Zeugnissen vielfach verwendet. Ein Anspruch hierauf bestehe aber nicht. Ein qualifiziertes Zeugnis müsse nach dem Gesetz lediglich Angaben enthalten über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über Führung und Leistung. Es dürfe keine "Geheimzeichen" enthalten, aus denen sich eine Distanzierung des Arbeitgebers vom Zeugnistext ergibt. Die von der Arbeitnehmerin begehrte Schlußformel betreffe weder Führung noch Leistung. Sie gehöre nicht zu dem gesetzlich bestimmten Mindestinhalt eines Zeugnisses.

Diese neue BAG-Entscheidung gibt mir Gelegenheit, einige wichtige Infos über Arbeitszeugnisse zu vermitteln:

Arbeitszeugnisse

Anspruch, Zugnisarten, Aufbau, Geheimsprache (Zeugniscode/Geheimzeichen)

Fragen:

1. Wer hat Anspruch auf ein Zeugnis ?
2. Wann hat man Anspruch auf ein Zeugnis ?
3. Welche Zeugnisarten gibt es ?
4. Wie ist ein Zeugnis aufgebaut ?
5. Zeugniscode und Geheimzeichen

zu 1. Wer hat Anspruch auf ein Zeugnis ?

Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Gesetz Anspruch auf ein Zeugnis. Also jeder Angestellte, Arbeiter, Beamte, Auszubildende, auch Mitarbeiter, die auf 630-DM-Basis beschäftigt sind oder nur sehr kurze Zeit im Unternehmen tätig waren.

zu 2. Wann hat man Anspruch auf ein Zeugnis ?

Der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses entsteht mit der Kündigungserklärung. Anspruch auf ein Zwischenzeugnis entsteht bei Vorliegen eines triftigen Grundes (z.B. Wechsel des Vorgesetzten) Als Faustregel für die Ausstellung des Zeugnisses gilt bei einfachen Zeugnissen eine Bearbeitungszeit von 1-2 Tagen, bei qualifizierten Zeugnissen etwa 2-3 Wochen.

zu 3. Welche Zeugnisarten gibt es ?

Es werden grundsätzlich zwei Zeugnisarten unterschieden. Das einfache Zeugnis und das sog. qualifizierte Zeugnis.

In einem einfachen Zeugnis bestätigt der Arbeitgeber, daß der Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum in diesem Unternehmen beschäftigt war und welche Tätigkeiten dieser verrichtet hat (Angaben über Art und Dauer der Beschäftigung) Einfache Zeugnisse werden meist nur bei weniger qualifizierten Tätigkeiten ausgestellt, z.B. für eine Aushilfstätigkeit im Gaststättengewerbe.

Meist wird ein qualifiziertes Zeugnis verlangt. Gemeint ist hier ein Zeugnis, welches zusätzliche Angaben enthält über die Leistung und das Sozialverhalten (Führung) im Betrieb. In der Regel ist ein qualifiziertes Zeugnis gemeint, wenn ein Arbeitnehmer ein Zeugnis verlangt.

zu 4. Wie ist ein Zeugnis aufgebaut ?

Ein Zeugnis beginnt mit der Überschrift Zeugnis (nicht etwa Dienstzeugnis, dieses gibt es nur bei Beamten) Es folgt ein kurzer Einleitungssatz, etwa wie folgt: "Herr Hans Meier, geb. am 11.6.1943, war in unserer Bank vom 1.1.1985 bis zum 31 12.2000 als Kreditsachbearbeiter beschäftigt." Es schließt sich eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung an. "Zu seinen Aufgaben gehörte die Entgegennahme und Überprüfung von Kreditanträgen" Es folgt dann eine genaue Aufzählung der einzelnen Tätigkeiten. Auf die Tätigkeitsbeschreibung folgt die Leistungsbewertung. Hier kann der Arbeitgeber zum Ausdruck bringen, ob er mit den erbrachten Leistungen des Arbeitnehmers zufrieden war oder auch nicht. In der Praxis hat sich ein sehr umfangreicher Zeugniscode entwickelt. Es folgen dann Angaben zum Sozialverhalten, also Angaben darüber, wie das Verhalten zu Vorgesetzten und Mitarbeitern, ggf. auch zu Kunden war. Die Beendigungsformel und Unterschrift schließen das Zeugnis ab.

zu 5. Zeugniscode und Geheimzeichen

Das Zeugnis muß einerseits wahr, andererseits aber vom verständigen Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein, um das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt zu erschweren. Oberster Grundsatz ist die Zeugniswahrheit. Es muß wahr sein und alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse haben kann.

Um es gleich vorweg zu sagen. Es gibt im Zeugnisrecht keine Geheimsprache. Allerdings hat sich im Laufe der Zeit eine Ausdrucksweise herausgebildet, deren Bedeutung bei den Personalchefs und in Fachkreisen bekannt ist. Grund hierfür ist eine Entscheidung des BAG aus dem Jahre 1960. In dieser Entscheidung hatte das BAG festgestellt, daß Zeugnisse einerseits wahr sein müssen, andererseits aber auch wohlwollend formuliert sein sollen, um das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt zu erschweren.

Das Ergebnis war, daß sich im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Verschlüsselungstechniken entwickelt haben die alle eins zum Ziel haben: Das Zeugnis klingt besser, als es gemeint ist. Die Verschlüsselungstechniken bestehen z.B. darin, daß bei den Formulierungen Superlative gewählt werden, die aber nicht so gemeint sind, wie sie klingen (z.B. "zur vollsten Zufriedenheit"), auch Auslassungen an denjenigen Stellen, bei denen üblicherweise Ausführungen erwartet werden (z.B. kein Hinweis auf Fortbildung bei einem leitenden Angestellten) oder die Erwähnung von bloßen Selbstverständlichkeiten, wie z.B. "Er war immer pünktlich und zuverlässig". Auch doppelte Negationen sind gebräuchlich, etwa: "Er war nicht ungeschickt..." oder "Sein Verhalten war ohne Tadel"

Negative Formulierungen sind zulässig, wenn sie für das Gesamtbild des Arbeitnehmers charakteristisch sind.

Beispiele:

Reihenfolge bei der Tätigkeitsbeschreibung
"Er war zuständig für das Büromaterial, den Wareneinkauf und die Beschaffung des Fuhrparks" (umgekehrte Reihenfolge)

Leistungsbewertung
- Er bemühte sich stets, den Anforderungen gerecht zu werden - (der Erfolg blieb aus)
- Er hatte immer Interesse an der Sache - (aber geleistet hat er nichts)
- Die Aufgaben, die wir ihm übertrugen, hat er stets mit Zufriedenheit erledigt - (aber nur diese Aufgaben)
- Er hat sich mit großem Eifer an die Arbeit herangemacht - (aber nichts geleistet)
- Er setzte sich im Rahmen seiner Möglichkeiten ein - (diese waren sehr beschränkt)
- Er hat auch brauchbare Vorschläge gemacht - (die aber nicht verwertbar waren)

Sozialverhalten
- Durch seine Geselligkeit trug er zur Verbesserung des Betriebsklimas bei - (er trank Alkohol am Arbeitsplatz)
- Wegen seiner anpassungsfähigen und freundlichen Art war er im Betrieb sehr geschätzt (Hinweis auf Alkoholprobleme)
- Er ist immer mit seinen Vorgesetzten gut zurechtgekommen - (mit seinen Mitarbeitern aber nicht)
- Sein Verhältnis zu Mitarbeitern und Vorgesetzten war stets einwandfrei (umgekehrte Reihenfolge)
- Er hat sich stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben in seinem und im Interesse der Firma zu lösen - (Diebstahl)
- Innerhalb und außerhalb des Unternehmens hat er sich stets für die Interessen seiner Kollegen eingesetzt - (er war Mitglied des Betriebsrats)
- Für die Belange der Belegschaft bewies er stets Einfühlungsvermögen - (er war ständig auf der Suche nach Sexualkontakten)
- Seine umfangreiche Bildung machte ihn stets zu einem gesuchten Gesprächspartner - (er war geschwätzig und führte lange Privatgespräche)
- Er war ehrlich bis auf die Knochen - (Ein Metzger, der Knochen gestohlen hat)

Beendigungsformel

Dank, Bedauern, Zukunftswünsche
- Das Arbeitsverhältnis endet zum 23.1.2001 - (krummer Austrittstermin weist auf eine außerordentliche Arbeitgeberkündigung hin)

Gegenüberstellung von Formulierungen mit sehr guter und mangelhafter Bewertungen: Sehr gute/mangelhafte Leistungsbewertung:

(gewerblicher Arbeitnehmer)
sehr gut:
"Herr Meier ist eine höchstqualifizierte und äußerst produktive Kraft. Er arbeitete stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" oder "Mit seinem Engagement und seinen ausgezeichneten Leistungen waren wir stets außerordentlich zufrieden"
mangelhaft:
"Herr Meier hatte Gelegenheit, seine Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit zu erledigen" (angestellter Arbeitnehmer)
sehr gut:
"Herr Meier arbeitete stets absolut sicher und vollkommen selbständig" mangelhaft:
"Herr Meier bemühte sich, alle ihm übertragenen Aufgaben mit der ihm eigenen Sorgfalt zu erledigen"

Sehr gutes/mangelhaftes Sozialverhalten:
sehr gut:
"Herr Meier war aufgrund seines freundlichen Wesens und seiner kollegialen Haltung bei Vorgesetzten und Mitarbeitern gleichermaßen anerkannt und sehr geschätzt"
mangelhaft:
"Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war überwiegend spannungsfrei" oder "Er hat sich stets um ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Mitarbeitern bemüht"

Sehr gute/mangelhafte Dankes- und Bedauernsformel:
sehr gut:
"Wir danken Herrn Müller für die stets sehr gute und produktive Zusammenarbeit. Wir bedauern sehr ihn zu verlieren, haben aber Verständnis dafür, daß er die ihm gebotene Chance nutzt" mangelhaft:
"Wir bedanken uns für sein Bemühen"

Sehr gute/mangelhafte Zukunftswünsche: "Wir wünschen Herrn Meier für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg" "Wir wünschen ihm alles Gute, insbesondere auch Erfolg" (bei uns hatte er keinen)
"Wir wünschen ihm für die Zukunft alles nur erdenklich Gute" (Ironie)

Üblicher (neutraler) Abschlußsatz: "Wir bedauern sein Ausscheiden, danken für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute"

Geheimzeichen

Senkrecht verlaufender strich links neben der Unterschrift:
(Der Arbeitnehmer ist Mitglied einer Gewerkschaft)

Unterstrichene Telefonnummer: (Signalisiert Auskunftsbereitschaft bei Rückruf)

Ausrufungszeichen, Anführungszeichen und Unterstreichungen im Text:
(Der Aussteller distanziert sich von dem wörtlichen Inhalt, z.B. "Herr Meier war "Abteilungsleiter")


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