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"(Mitstörer-) Haftung für Google AdWords" von RA Dr. Martin Bahr
Dieser Artikel stammt von RA Dr. Martin Bahr und wurde in 1/2004 unter der Artikelnummer 8780 auf den Seiten von jurawelt.com publiziert. Die Adresse lautet www.jurawelt.com/artikel/8780.


(Mitstörer-) Haftung für Google AdWords


Die generelle Frage, inwieweit Suchmaschinen für die von ihnen indizierten Seiten verantwortlich sind, war in Deutschland bislag kaum Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dies könnte sich nun in der näheren Zukunft ändern.

Denn das Landgericht Hamburg hat im einstweiligen Rechtsschutz (Beschl. v. 14.11.2003 - Az.: 312 O 887/03) der bekannten Suchmaschine Google (http://www.google.de) untersagt, Werbung für eine Domain mittels eines bestimmten Schlagwortes zu betreiben. Der Domain-Inhaber hatte bei Google die Möglichkeit der sog. "AdWords" genutzt und einen entsprechenden Werbeauftrag geschaltet. Mittels der "Google AdWords" kann jede Person bei Google Werbung schalten, so dass der suchende Surfer bei Eingabe bestimmter Schlagworte die Webseite als Treffer angezeigt bekommt, vgl. die weiteren Hinweise von Google.

Die beworbene Domain verletzte jedoch die Rechte eines anderen, dritten Domain-Inhabers. Insbesondere das benutzte Schlagwort war identisch mit dem Second-Level-Domain-Namen. Der andere Domain-Inhaber wies Google mehrfach auf diesen Umstand hin und bat um Entfernung der betreffenden "Google AdWords". Google reagierte jedoch nicht fristgerecht, so dass das LG Hamburg die einstweilige Verfügung erließ.

Ob hier die speziellen Haftungsregelungen des TDG (§§ 8 - 11) zugunsten von Google greifen, lässt die Entscheidung bislang offen, da Google in jedem Fall Kenntnis von der Verletzung hatte und auch nach dem TDG, nämlich nach § 11 Nr.1 iVm. Nr.2 TDG, entsprechend haftet. Vgl. grundlegend zur Haftung im Internet die Rechts-FAQ von RA Dr. Bahr: Recht der Neuen Medien.

Denkbar wäre es hier auch, auf die allgemeinen medien- und presserechtlichen Grundsätze zurückzugreifen, da die "AdWords"-Tätigkeit nicht mehr im Kernbereich des Teledienstes liegt. Dies ist aber außerordentlich streitig, da es hiermit ein leichtes wäre, die Haftungs-Privilegierung des TDG auszuhebeln. (Vgl. zu einem ähnlichen Fall die Entscheidung des LG Köln, Urt. v. 26.11.2003 - Az.: 28 O 706/02 und die Anmerkung von RA Dr. Bahr).

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 15.10.1998 - Az.: I ZR 120/96) tritt eine Mithaftung nur bei der Verletzung von Prüfungspflichten ein. In der täglichen Praxis ergeben sich zwischen diesen Grundsätzen und den Normen des TDG nur wenige Unterschiede, da die Rechtsprechung den Medien-Herausgeber - ähnlich wie das TDG den Teledienste-Anbieter - privilegiert und eine solche Verletzung der Prüfungspflicht nur in Fällen grober, unschwer zu erkennender Rechtswidrigkeit annimmt.

Dass es sich bei der "Google AdWords"-Problematik um kein ausschließlich deutsches Phänomen handelt, zeigen die Vorfälle aus dem Ausland.

So hat das französische Gericht TGI Nanterre (Urt. v. 13.10.2003 - Sté Viaticum et Sté Luteciel c/ Sté Google France) erst vor kurzem gegen Google Frankreich einen Unterlassungsanspruch bejaht.

Und auch in den USA ist die Haftung von Google schon länger Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Die American Blind & Wallpaper Factory Inc. hatte bereits im Jahr 2002 Google darauf hingewiesen, dass es durch die Schaltung bestimmter Schlagwörter Kennzeichenrechte verletze. Im September 2002 blockte Google USA daraufhin 3 der 39 angegebenen Schlagwörter (u.a. "American Blind & Wallpaper Factory"). Bei den übrigen 36 Stück (z.B. "American blind") lehnte der Suchmaschinen-Betreiber dies ab, weil es sich um nach seiner Ansicht um Allgemeinbegriffe handle. Diese Auseinandersetzung ist im Dezember 2003 eskaliert, da Google USA nunmehr vor Gericht gezogen ist, um den Sachverhalt gerichtlich klären zu lassen.

Auch in Deutschland ist die Rechtslage nicht eindeutig. Denn z.B. für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch bedarf es grundsätzlich einer kennzeichenmäßigen Benutzung. Erst vor kurzem hat das OLG Düsseldorf - entgegen der Ansicht des OLG München und des LG Mannheim - entschieden, dass die Benutzung von Meta-Tags keine kennzeichenmäßige Benutzung sein soll. Vgl. dazu den Artikel von RA Dr. Bahr: OLG Düsseldorf: Meta-Tags verletzen keine Markenrechte.

Folgt man dieser Argumentation, spricht vieles dafür, diese Grundsätze auch auf "Google AdWords" zu übertragen. Wettbewerbsrechtliche oder sonstige Unterlassungsansprüche bleiben davon freilich unberührt.

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