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"Virtuelle Datenräume - Das Internet als Arbeitsplattform"
Mit Datenräumen im Web können der Beratungsalltag rationalisiert, Vertragsverhandlungen beschleunigt und die Sicherheit gleichzeitig erhöht werden.

Kaum hat sich die E-Mail-Kommunikation in den meisten Kanzleien etabliert, gibt es neue Ideen zum elektronischen Austausch von Dokumenten, um den Anwaltsalltag noch effektiver zu gestalten. Kanzleien und Mandanten wachsen durch die Möglichkeiten der modernen Kommunikation näher zusammen, die Grenzen zwischen Unternehmen verschwimmen. Hieraus entsteht ein Bedarf an IT-Lösungen, die die nahtlose und medienbruchfreie Anbindung von Mandanten oder Kooperationspartnern ermöglichen. Ziel ist eine ortsunabhängige und transparente Bearbeitung von Dokumenten über Kanzleigrenzen hinweg. Dies verkürzt Prozesslaufzeiten und führt damit bei geringeren Kosten zu gesteigerter Effizienz sowie einer verbesserten Mandantenbeziehung.

Ein Ansatz, der dies ermöglicht, sind die so genannten virtuellen Datenräume. Der Begriff "Datenraum"„ stammt ursprünglich aus dem Investment-Banking. Darin werden bei einer M&A-Transaktion alle vertraulichen Dokumente verwahrt, die nur von den beteiligten Parteien eingesehen beziehungsweise bearbeitet werden können. Ein virtueller Datenraum ist eine Software-Applikation im Internet, die genau dies ermöglichen soll: sichere, unternehmensübergreifende Zusammenarbeit mit Hilfe eines Web-Browsers. Alle Beteiligten können hierbei überall und jederzeit miteinander kommunizieren, als wären sie im selben Raum. Datenräume lassen sich per Standard-Browser nutzen und sind damit unabhängig von der EDV-Ausstattung der Beteiligten. Im Gegensatz zum E-Mail-Verkehr bieten derartige Systeme vielerlei Vorteile, die auch die anwaltliche Praxis zunehmend nutzen möchte.

Effizientere Vertragsverhandlungen

Die Zusammenarbeit verschiedener Vertragsparteien und ihrer Anwälte lässt sich durch die Nutzung eines Datenraums signifikant effizienter gestalten werden und reduziert gleichzeitig Risiken. Verliert man in Vertragsverhandlungen den Überblick über aktuelle Versionen der Dokumente oder vergisst man, die entscheidenden Personen rechtzeitig zu informieren, so entstehen unnötige Aufwendungen und Verzögerungen. Der irrtümliche Versand eines vertraulichen Dokuments via E-Mail ohne entsprechende Sicherungsmechanismen an einen Unbefugten kann einen irreparablen Schaden nach sich ziehen.

Der Alltag spiegelt diese Problematik häufig wider. Wer kennt nicht die Situation, in der unzählige E-Mails im Vertragswesen ausgetauscht werden. Der Anwalt entwirft einen Vertrag und versendet diesen in elektronischer Form an den Mandanten. Dieser bringt seine Änderungsvorschläge ein – und so ist es nicht selten, dass der Vertrag unzählige Male zwischen den Parteien hin und her geht. Im Projektverlauf sind die Gründe für durchgeführte Änderungen und die dafür verantwortlichen Personen dann häufig schwer zu rekonstruieren.

Alternative zum E-Mail-Pingpong

Genau in diesem Szenario greift einer der wesentlichen Vorteile des virtuellen Datenraums. Denn dort wird der Vertragsentwurf eingestellt und ist innerhalb einer Art Safe nur vorher festgelegten Benutzern zugänglich. Diese können direkt mit den gewohnten Office-Tools – wie etwa Microsoft Word – Änderungen vornehmen, wobei jede Modifikation in einer Dokumentenhistorie aufgezeichnet wird und somit Transparenz schafft. Es lassen sich sogar Rechte so justieren, dass bestimmte User das Dokument automatisch nur als PDF-Format dargestellt bekommen und daran nichts verändern können.

Beim Einsatz von Datenräumen ist vor allem der Zusatznutzen gegenüber vorhandenen Kommunikationsverfahren entscheidend. Die dargestellte web-basierte Lösung bietet allen Beteiligten zu jedem Zeitpunkt ohne lange Suchzeiten einen definierten Zugriff auf alle aktuellen und relevanten Informationen. Dies zeigen beispielsweise kürzere Verhandlungszeiten. Dokumente des Datenraums sind weltweit und jederzeit verfügbar. Unnötige Wartezeiten – wie etwa durch Faxversand oder ortsgebundenen Zugriff – werden vermieden.

Der Mehrwert des Datenraums wird evident, wenn man die über die Dokumentenverwaltung hinausgehende Funktionalität betrachtet: Es können Checklisten und Meilensteine hinterlegt und mit entsprechender Terminvorgabe den Beteiligten zugeteilt werden. Dies ermöglicht die Strukturierung des Projekts und hilft somit „best practices„ zu etablieren. Die Checklisten können für die verschiedenen Projekttypen in einer Vorlage für zukünftige Datenräume abgelegt werden. Darüber hinaus bietet der Datenraum einen prägnanten Überblick über den Projektstatus sowie anstehende oder überfällige Aufgaben und benachrichtigt proaktiv alle Beteiligten per E-Mail oder SMS. Ferner verfügt der Datenraum über Verfahren zur Genehmigung und Freigabe von Dokumenten und zeichnet diese Entscheidungen nachvollziehbar auf.

Sicherheit schaffen

Die geschilderte Arbeitsweise stellt aber auch hohe Anforderungen an die Sicherheitsinfrastruktur. Die Vertraulichkeit der unternehmenskritischen Daten muss zu jedem Zeitpunkt garantiert werden – also sowohl bei der Ablage als auch bei der Übertragung zum autorisierten Anwender. Unterstützt wird dies durch ein unverfälschbares Protokoll aller Änderungen und Dokumentversionen – zusammen mit den zugrundeliegenden Änderungsanlässen und -genehmigungen – sowie dem Vermerk der beteiligten und ausführenden Personen. Der Zugriff auf den Datenraum wird zusätzlich zum Passwort über ein SMS-Token-Verfahren geschützt, bei dem sich der Anwender über sein Mobiltelefon legitimieren muss.

Denkt man die Idee "Datenraum" konsequent weiter, so ist ein so genanntes Contract-Management eine mögliche Zielvorstellung. Hierunter versteht man die Abdeckung des gesamten Vertragslebenszyklus – von den ersten Entwürfen über Review, Diskussion der Rahmenbedingungen (terms and conditions) und Absichtserklärung (letter of intent) bis hin zum Vertragsabschluss sowie der Recherche verwandter oder vergleichbarer früherer Vertragswerke.

Eine EDV-basierte Lösung muss es ermöglichen, Verträge stets an aktuellen Entwicklungen auszurichten. Tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, so interessiert die Unternehmen und ihre Berater in erster Linie, an welchen Stellen Anpassungsbedarf besteht. Schwierigkeiten entstehen, wenn der Mandant international ausgerichtet ist und diverse Rahmen- und Einzelverträge gegeben sind.

Ein Contract-Management-System kann hier Abhilfe schaffen. Dort lassen sich Verträge nach Schlüsselwörtern auffinden, Rahmenverträge zu einzelvertraglichen Regelungen verlinken und der jeweils aktuelle Vertrag sofort bestimmen. Durch diese Systematik kann sich sowohl das Unternehmen als auch der verantwortliche Anwalt schnell einen Überblick darüber verschaffen, an welchen Stellen zwingend Änderungen vorzunehmen sind. Die Anwaltskanzlei kann innerhalb eines solchen Systems ihre Vertragsmuster pflegen und diese einheitlich für künftige Gestaltungen zur Verfügung stellen. Dies spart Zeit, bringt Sicherheit und minimiert gleichzeitig haftungsrechtliche Risiken.

Mandanten lange an sich binden

Der Begriff des Customer-Relationship-Managements ist in aller Munde. Auch die anwaltliche und steuerberatende Praxis hat erkannt, dass Mandantennähe und -service zum langfristigen Erfolg der Kanzlei beitragen. Eine gelungene Interaktion mit dem Mandanten schafft Zufriedenheit und sorgt für eine langfristige Bindung. Einen wichtigen Baustein bilden die Art der Kommunikation und die Integration des Mandanten in den Kanzleialltag. E-Mail ist in vielen Praxen nicht mehr wegzudenken – schon alleine deshalb, weil es die Mandantenseite einfordert. Doch die zunehmende Flut an elektronischer Post und die Schwierigkeiten einer rationellen und nachvollziehbaren Archivierung bringen es mit sich, über sinnvolle Alternativen nachzudenken.

Virtuelle Datenräume sind ein moderner Ansatz, um Mandantennähe zu gewinnen. Im Rahmen eines abgeschlossen Mandantenbereichs können Dokumente unabhängig von Zeit und Ort abgerufen werden und zeigen zugleich eine Aktivitätshistorie auf. Datenräume sind gerade für den anwaltlichen Bereich interessant, da sie viele Probleme des unkontrollierten E-Mail-Versands lösen und eine gemeinsame Plattform für die Zusammenarbeit mit dem Mandanten bieten. Für Unternehmen sind Datenräume als Nukleus eines Contract-Management-Systems attraktiv und ergänzen existierende ERP- und CRM-Systeme. In beiden Fällen generieren Datenräume substanziellen Mehrwert durch Effizienzsteigerung und Risikosenkung.

Für Anwaltskanzleien bietet sich die "Miete" von Datenräumen im ASP-Modell an. Ein vertrauenswürdiger Betreiber stellt hierbei die Datenraum-Anwendung gegen ein monatliches Entgelt zur Verfügung. Größere Unternehmen können die Datenraum-Applikation auch selbst betreiben.

StB Dipl.-Kfm. Stefan Groß, München
Peters, Schönberger & Partner GbR
S.Gross@pspmuc.de

Dipl. Kfm. Uli Mittermaier, München
Brainloop AG, München
ulim@brainloop.com

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