LG München I
Az: 4 HK O 21648/00
Verkündet am 25.01.2001
Im Namen des Volkes!
Urteil
In dem Rechtsstreit
Symicron GmbH Software Engineering, vertr. durch den
Geschäftsführer, *******,
- Klägerin -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frhr. v. Gravenreuth § Syndikus, Schwanthaler
Strasse 3, 80336 München
gegen
erläßt das LG München I, 4. Kammer für Handelssachen, durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2001 folgendes
Endurteil:
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt,
für die Klägerin an die Rechtsanwälte von
Gravenreuth DM 1.633,80 zu zahlen.
Hinsichtlich des darüber hinaus geltend gemachten
Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
II.Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu
tragen
III.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von DM 2.000,- abwenden, wenn
zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin entwickelt und vermarktet Software,
insbesondere grafische Systeme. Bereits Mitte der
80iger-Jahre vermarktet sie "Explorer"-Software. Sie ist
Inhaberin der am 22.09.95 angemeldeten
und am 17.11.95 eingetragenen deutschen Marke "Explorer" und
einer identischen Gemeinschaftsmarke.
Die Beklagten sind als Gesellschafter der Firma Inhaber der
Internet-Domain "www.******.de". Unter dieser
Domain bieten die Beklagten diverse Software zum Download
an.
Am 19.11.1999 befand sich auf der betreffenden Seite ein
Angebot der "FTP-Explorer"-Software.
Die Beklagten wurden von der Klägerin mit Schreiben vom
08.12.1999 abgemahnt und gaben am 14.12.1999
die geforderte Unterlassungserklärung ab. Die beigefügte
Kostenrechnung vom 08.12.1999 bezahlten sie
nicht.
Die Klägerin trägt vor, die Abmahnung sei berechtigt
gewesen.
""FTP-EXPLORER" sei mit "Explorer" verwechslungsfähig, da
"FTP" rein beschreibend sei und "File Transfer
Protocol" bedeute. Der Begriff "Explorer" allein habe in
diesem Zusammenhang keine eindeutige Bedeutung
und besitze damit Kennzeichnungskraft. Außerdem bestehe
Warenidentität. Die Beklagten würden auch für
Links haften.
Die Beklagten schuldeten ihr Ersatz der Abmahnkosten aus
Geschäftsführung ohne Auftrag. Ein
Gegenstandswert von DM 100.000,- sei im vorliegenden Fall
angemessen.
Aus diesem errechneten sich die Abmahnkosten mit einer
7,5/10-Geschäftsgebühr gem. §§ 11, 118 I 1
BRAGO mit DM 1.593,80 zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe
von DM 40,00.
Die Klägerin beantragt daher:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, für die
Klägerin an die Rae von Gravenreuth DM
1.633,80 zuzüglich 5 % Zinsen p.a. ab 29.11.2000 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen:
Klageabweisung
Die Beklagten sind der Ansicht, das Erstellen und Anbieten
einer Link-Sammlung auf ihren Websites stelle kein
Handeln im geschäftlichen Verkehr im Sinne des Markenrechts
dar. Auch hätten die Beklagten den Absatz
eigener Produkte durch das Angebot der Link-Sammlung nicht
feststellbar fördern können.
Auch sei am 19.11.1999 die Link-Sammlung über die normale
Internet-Adresse der Beklagten nicht mehr
anwählbar gewesen, so dass eine Störung nicht eingetreten
sei.
Die Beklagten bestreiten eine schutzrechtserhaltende
Benutzung der Marke "Explorer" durch die Klägerin.
Schließlich bestehe keine Verwechslungsgefahr, der Begriff
"Explorer" sei rein beschreibend, Zeichen- und
Produktähnlichkeit bestünden nicht.
Auch nach dem TDG seien die Beklagten nicht verantwortlich
als Anbieter für fremde Inhalte.
Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die
Sitzungsniederschrift vom 25.01.2001 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte
Freistellungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag
gemäß §§
683 I, 677, 670, 257 BGB zu.
(1)
Die Klägerin hatte gegen die Beklagten einen
Unterlassungsanspruch gem. § 14 II 2, V MarkenG wegen der
zwischen den sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen
vorhandenen Verwechslungsgefahr.
Der Bezeichnung "Explorer" kommt für die Waren, die im
Warenverzeichnis der Klagemarke aufgeführt sind,
Datenverarbeitunsgeräte und -Programme, keine eindeutige
Bedeutung zu. Sie ist daher nicht rein
beschreibend, sondern besitzt Kennzeichnungskraft.
Die Beklagten benutzen die Bezeichnung "FTP-Explorer"
ebenfalls für Software und damit für identische
Waren. Es liegt auch ein Handeln im geschäftlichen Verkehr
vor, da der Begriff des geschäftlichen Verkehrs
weit auszulegen ist. Erfasst wird jede selbstständige,
wirtschaftlichen Zwecken folgende Tätigkeit, in der eine
der Teilnahme am Erwerbsleben folgende Tätigkeit zum
Ausdruck kommt. Darauf, dass unentgeltlich gehandelt
wurde, kommt es nicht an.
Die streitgegenständliche Zeichenverwendung ist auch eine
markenrechtlich relevante kennzeichenmäßige
Benutzung. Die Bezeichnung wird nicht als Angabe über
Merkmale oder Eigenschaften einer Software benutzt,
sondern dient als Hinweis auf die
betriebliche Herkunft.
(2)
Die Klägerin benutzt ihre Marke "Explorer" auch
rechtserhaltend.
Die Klägerin hat auf das Bestreiten der Beklagten schlüssig
vorgetragen, dass die Vorläuferfirma der Klägerin
erstmalig 1986 unter der klägerischen Bezeichnung eine
Software auf den Markt gebracht hat.
Ab 1991 wurde unter der Bezeichnung Explorer II ein
Dokumentenarchivierungssystem auf den Markt gebracht,
welches in unterschiedlichsten Bereichen Anwendung findet.
Im aktiven Vertrieb befinden sich heute noch die
Windows-Anwendungen "Explorer" und Explorer II. Hiermit
erwirtschaftete die Klägerin im Jahr 1999 einen
Gesamtumsatz von 5,1 Mio. DM.
(3)
Auch ist § 23 Nr. 2 MarkenG nicht einschlägig; diese
Vorschrift gestattet den beschreibenden Gebrauch, der
nicht identisch mit einer Benutzung der Marke ist. Das
Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit, dem § 23 Nr. 2
MarkenG Rechnung tragen soll, umfasst nur den Gebrauch einer
Bezeichnung in ihrer Eigenschaft als Be-
schaffenheits- oder Bestimmunsangabe oder zu anderen,
ähnlichen warenbeschreibenden Zwecken, nicht
auch den Gebrauch zu Zwecken des Betrieblichen
Herkunftshinweises. Auf das Freihaltebedürfnis kann sich
nicht berufen, wer seinerseits den freizuhaltenden Begriff
zeichenmäßig gebraucht.
(4)
Die Klägerin war berechtigt, die Beklagten abzumahnen. Eine
Obliegenheit, den Verletzer erst durch ein
Schreiben, das noch keine förmliche Abmahnung darstellt, auf
seinen Verstoß aufmerksam zu machen, besteht
im gewerblichen Rechtsschutz nicht.
(5)
Dass eine begründete Abmahnung gegenüber dem Abgemahnten
eine Geschäftsführung ohne Auftrag
darstellt, so dass die hierfür aufgewendeten Kosten nach §§
683 S. 1, 677, 670 BGB zu erstatten sind, ist in
ständiger Rechtsprechung anerkannt.
(6)
Der Anspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt.
Ein Streitwert von DM 100.000.-- ist bei
Markenverletzungsangelegenheiten bei einer benutzten Marke
an der
unteren Grenze angesiedelt. Eine Geschäftsgebühr in Höhe der
Mitelgebühr von 7,5/10 ist als angemessen
anerkannt.
Da die Klägerin die geltend gemachten Anwaltskosten noch
nicht bezahlt hat, kann sie gem. § 257 BGB
Freistellung von dieser Forderung verlangen. Nicht jedoch
steht der Klägerin bei einem Anspruch, der nicht auf
Zahlung einer Geldsumme, sondern nur auf Freistellung
gerichtet ist, ein Zinsanspruch zu. Insoweit war der
Klageantrag abzuweisen.
(7)
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 II ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. |