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Urteilsanmerkung zum "Explorer"-Urteil des LG Düsseldorf vom 25.10.2000
 
Ralf Hansen

Auf Kundschaft im "Explorer"-Dschungel

Eine Zwischenbilanz zu den Explorerprozessen anläßlich des Urteils des LG Düsseldorfs vom 25.10.2000 (2a O 106/00)

Entscheidungstext unter: www.jurawelt.com/Aktuelles/611


Die Abmahnwelle in Sachen der Marke "Explorer", die für eine Ratinger Softwarefirma beim Deutschen Patent- und Markenamt in München (http://www.deutsches-patentamt.de) registriert ist, hat im Netz für Furore gesorgt. Kaum eine "Diskussion" wird in den einschlägigen Diskussionsforen des "deutschen Netzes" mit mehr Verve geführt, obgleich es nicht die erste "Abmahnwelle" dieser Art ist. Es wurden wenigstens 51 Abmahnungen (http://www.freedomforlinks.de/Pages/abgemahnt.html) versandt (zur Vorgeschichte siehe die umfassenden Recherchen von Uschi Hering unter http://www.freedomforlinks.de/Pages/forsch.html). Inzwischen verdichten sich die Tatsachen, daß die Marke nach §§ 50 ff MarkenG löschungsreif sein könnte (dann ergäbe sich eine Parallele zu "Webspace", s. http://www.bonnanwalt.de/entscheidungen/DPMA-S166-99.html), weil sie möglicherweise aufgrund unlauterer Umstände eingetragen wurde (s. dazu den sehr lesenswerten Artikel von Detlef Borchers unter http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,99808,00.html). Spekulation ist indessen, so begründet sie sein mag, in der Jurisprudenz bis zum Beweis eher eine Untugend. Vorliegend wird daher lediglich versucht, eine Zwischenbilanz auf der Basis der nicht rechtskräftigen Entscheidung des LG Düsseldorf zu ziehen, wobei gleichzeitig auch auf andere "Explorer-Urteile" eingegangen wird, soweit sie veröffentlicht sind. Die Schärfe mit der diese neue Entscheidung seitens der Beklagten in diversen Diskussionsforen (s. nur http://www.juramail.de/forum) angegangen wird, zeugt indessen auch von Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung. Über das Verfahren hat die Presse umfassend berichtet (s. zusammenfassend, http://www.freedomforlinks.de/Pages/apres.html). Leider sind nicht alle "Explorer-Entscheidungen", auf die immer wieder von interessierter Seite Bezug genommen wird, veröffentlicht, es sei denn "häppchenweise" in Sinne von "Auszügen" in diversen Beiträgen diverser WWW-Foren. Soweit die Entscheidungen im Netz zur Verfügung stehen, werden sie nachfolgend herangezogen. Betreffend die Veröffentlichungspolitik von brisanten Entscheidungen im Volltext besteht Änderungsbedarf hinsichtlich der Schaffung zentraler Urteilsdatenbanken bei den jeweiligen Gerichten (demnächst etwa: http://www.olg-koeln.nrw.de/home/index.htm). Eine umfassende rechtliche Würdigung ist im Rahmen einer solchen Anmerkung, die sich im Wesentlichen nur auf Internetfundstellen stützt und kurz nach Absetzen der Entscheidungsgründe erscheint, kaum möglich. In der Zitierung speziell von Fundstellen des Internets liegt aber gerade bei einer solchen Rechtsstreitigkeit ein besonderer Reiz. Statt eines umfassenden Überblicks sollen daher Schlaglichter geworfen werden auf die aktuelle Entwicklung, mit Blick auf die mögliche Zukunft. Im folgenden wird zunächst der tatsächliche Ausgangskonflikt knapp skizziert (I), um anschließend die Funktion der negativen Feststellungsklage als Strategie gegen markenrechtliche Abmahnungen abrißartig zu bestimmen (II). Nachfolgend wird versucht die Abmahnwelle "Explorer" anhand der öffentlich zugänglichen Rechtsprechung überblickshaft zu analysieren, um einen Überblick über die Entwicklung zu bekommen und tragende Prinzipien herauszuarbeiten (III). Im Anschluß daran werden die tragenden Gründe der Entscheidung des LG Düsseldorf auf der Folie der bisher ergangenen Entscheidungen einer möglichst praxisorientierten Analyse unterworfen (IV), um schließlich einen Blick auf mögliche Zukunftsperspektriven zu werfen (V).

I. Der Ausgangskonflikt - ein Netzpolitikum

1. Der Ausgangspunkt. Die Urteilsbegründung der Entscheidung der 2 a-Kammer des Landgerichtes Düsseldorf vom 25.10.2000 in Sachen "Ftp-Explorer" war mit Spannung erwartet worden (zur Verkündung s. http://www.jurawelt.com/anwaelte/internetrecht/598). Über die mündliche Verhandlung hat jurawelt.com berichtet (http://www.jurawelt.com/anwaelte/gerichtsreportagen/402). Erwartungsgemäß finden sich keine Ausführungen zur Linkhaftung und zur Haftungsprivilegierung nach § 5 II, III TDG, da eine Verwechslungsgefahr nach § 14 II MarkenG überzeugend verneint wurde, so daß diese Fragen sich hier nicht stellten (s. aber jetzt etwa, LG Hamburg, http://www.jurawelt.com/gerichtsurteile/439). Sie werden auch in dieser Anmerkung daher nicht näher behandelt. Das erkennende Gericht konnte die damit zusammenhängenden Frage daher unter 4. der Entscheidungsgründe mit Recht dahinstehen lassen, so drängend die damit verbundenen Rechtsfragen, die sehr grundsätzlicher und noch weitgehend ungelöster Art sind, auch sein mögen. Nach der mündlichen Verhandlung hatte sich im Netz eine Erwartungshandlung aufgebaut, die durch die Urteilsbegründung nur enttäuscht werden konnte, denn: die Marke "Explorer" konnte die Entscheidung realistischerweise nicht in Frage stellen. Statt dessen hat das Gericht den Weg der Anbindung an die höchstrichterliche Judikatur zur Kollision gleich kennzeichnungsschwacher Zeichen gesucht und gefunden.

2. Der Ausgangsfall. Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt hat im Netz für Furore gesorgt. Mit einer negativen Feststellungsklage nach § 256 I ZPO wendete sich der Kläger (s. seine Darstellung unter: http://www.teamone.de/selfaktuell/talk/rechtundlinks.htm) gegen eine markenrechtliche Abmahnung, die darauf gerichtet war, vom Adressaten/Kläger die Unterlassung eines Hyperlinks zu verlassen, durch den vermeintliche Markenrechte der Beklagten verletzt worden sein sollen. Der Kläger ist ein im WWW überaus bekannter HTML-Spezialist, von dessen kostenlos im Web präsentierten Informationen viele ihre Kenntnisse über HTML und damit über die Erstellung von Websites beziehen (s. http://www.teamone.de). Diese Anleitungen sind auch in Buchform zu beziehen. Dieses Buch steht im Netz aber auch kostenlos zum Download bereit. Die betreffende Web-Site enthält einen Bereich mit Links zu Downloadangeboten von Softwareanbietern. Eines dieser Hyperlinks verwendet den Begriff "FTP-Explorer" und verweist auf die Website des US-amerikanischen Herstellers dieses "FTP Explorers" namens FTPX-Windows Corporation, die mit der Beklagten oder dem Kläger nicht in geschäftlicher oder sonstiger Beziehung steht. Die Site von teamone wird mehrfach im Netz "gespiegelt", ob berechtigt oder unberechtigt kann hier dahinstehen. Entgegen der Auffassung des Urteils des LG München vom 25.05.2000 (unter II 1 c cc der Entscheidungsgründe) hat der Begriff "FTP" durchaus eine Bedeutung und einen Sinn, wie das LG Düsseldorf auch klar herausstellt. Er ist eine Abkürzung für "File Transfer Protocol". Dieses Protokoll wird, kurz gesagt, benötigt, um Daten von einem Rechner auf einen anderen zu übertragen, um auf den Datenbestand eines anderen Rechners überhaupt zugreifen zu können. Zur Erstellung von Websites wird dieses Protokoll indessen nicht benötigt. Das Vorhandensein dieses FTP-Protokolls ist maßgebliche Voraussetzung für den Download von Programmen von einem Rechner auf einen anderen (s. Hoeren, Das Recht des Internet, Ausgabe 2000/2, S. 15 f; http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren). Allerdings wird sich die Bedeutung dieser Abkürzung einem "Durchschnittsnutzer" des WWW kaum erschließen, der mit den Protokollfunktionen nicht vertraut ist, ohne die die Medien des Internets nicht funktionieren und miteinander auch nicht kommunizieren könnten.

Die Beklagte behauptet selbst Software mit der Bezeichnung "Explorer" (http://www.symicron.de/03a.html) herzustellen, berief sich in auf die Abmahnungen folgenden Prozessen aber stets auf die fünfjährige Schonfrist des § 25 I MarkenG. Die Bezeichnung "Explorer" selbst hat durch Microsoft einen weltweiten Bekanntheitsgrad erlangt, bezeichnet dort aber völlig andere Programmfunktionen ("Internet-Explorer"; "Windows-Explorer") als beim "FTP-Explorer" der FTPX-Corporation, die selbst nicht abgemahnt wurde, da sie ausschließlich US-amerikanischem Recht unterliegt, wenigstens soweit es um die Vollstreckung eines Unterlassungstitel gehen würde, deren Schwierigkeiten wohl nicht in Kauf genommen werden sollen. Seit dem 17. November 1995 hat die Beklagte für Datenverarbeitung und Datenverarbeitungsprogramme gemäß §§ 65 I MarkenG, 7, 15 I MarkenVO, Klasse 9 der Anlage I zu § 15 I MarkenVO beim Deutschen Patent- und Markenamt Wortmarken (und gleichlautende Gemeinschaftsmarken, die hier nicht näher interessieren) für die Bezeichnungen "Explorer" und "Explora" eingetragen, die sie auch gegenüber der Microsft Corporation Deutschland und Redmond in Anspruch genommen hat (http://www.bonnanwalt.de/entscheidungen/OLG-Muenchen6U4761-96.html).

Wer im Geltungsbereich des deutschen Rechts im WWW die Marke "Explorer" benutzte, lebte bisher angesichts der Eintragung dieser Marke für das betreffende deutsche Unternehmen gefährlich. Zahlreiche Abmahnungen waren die Folge (http://www.freedomforlinks.de/Pages/abgemahnt.html). Sie wurden meist von einem im Netz recht bekannten Münchner Rechtsanwalt für die hiesige Beklagte durchgeführt. Zwar sind etliche Entscheidungen ergangen, doch sind nur wenige veröffentlicht (s. unter IV der Darstellung). Abmahnungen sind aus dem Lauterkeitsrecht überaus vertraut, spielten unter dem Warenzeichengesetz aber wohl nicht die Rolle, wie unter dem 1994 auf europarechtliche Veranlassung verabschiedeten Markengesetz (Rechtsgrundlagen: s. http://www.transpatent.com), das zahlreiche US-amerikanische Elemente aufweist, auch wenn in der Diskussion rechtsvergleichende Aspekte leider nur eine geringe Rolle spielen (s. aber: http://www.jura.uni-tuebingen.de/~s-bes1/lcp.html). Regelmäßig wird zur Legitimation "vorgetragen", eine Abmahnung müsse zum Schutz der eingetragenen Marke erfolgen, um einer möglichen Verwirkung nach § 21 II MarkenG aufgrund sonst anzunehmender Duldung entgegenzutreten (s. dazu jetzt, Kochendörfer, Die Verwirkung des Unterlassungsanspruche im Markenrecht, Zürich, 2000, S. 33 ff). Möglicherweise will die Beklagte mit ihren Abmahnungen mittelbar auch einer nach und nach eintretenen Erschöpfung der Marke vorbauen, die mit jeder erteilten Lizenz wirtschaftlich wertloser wird. Hierzu paßt, daß die Beklagte sich in den betreffenden Prozessen regelmäßig auf die fünfjährige Schonfrist nach § 25 I MarkenG berufen hat. Dem üblichen Verfahren entsprechend, wurde der Kläger seitens des Rechtsvertreters der Beklagten im hiesigen Verfahrens namens und in ihrem Auftrag unter dem 09.03.2000 abgemahnt, akzeptierte diese Abmahnung jedoch nicht und erhob seinerseits negative Feststellungsklage auf Feststellung des Nichtbestehens eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruches.

II. Abmahnungen und die Funktion negativer Feststellungsklagen als Gegenstrategie zu geltendgemachten Unterlassungsansprüchen

1. Abmahnungen. Abmahnungen richten sich im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes gegen behauptete Schutzrechtsverletzungen, also gegen Verletzungen von Patenten, Mustern und Marken, deren letztere sich durch ihre Kennzeichnungskraft auszeichnen müssen (eine ausgezeichnete Übersicht bietet Haberstumpf, Wettbewerbs- und Kartellrecht. Gewerblicher Rechtsschutz, S. 12 ff). Niemand ist gehalten, gegen eine Rechtsverletzung zunächst im Wege eines "freundlichen Anschreibens" vorzugehen, sondern kann seinen Unterlassungsanspruch sofort geltend machen, wenn eine Rechtsverletzung gegeben ist, sofern sich nicht aufgrund vorherigen geschäftlichen Kontakts unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB ausnahmsweise etwas anderes ergibt. Möglich ist dies indessen schon. Die Abmahnung versucht die sofortige gerichtliche Geltendmachung zu vermeiden, indem sie den Verletzer auf den deliktischen Tatbestand (Beschreibung der Verletzungshandlung) hinweist (auch Markenrechtsverletzungen sind zivilrechtlich gesprochen Delikte), ihn zu sofortiger Unterlassung auffordert und zwecks Unterlassung in der Zukunft (Abwendung einer Wiederholungsgefahr) von ihm die Abgabe einer sog. strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt, die ein selbständiges Vertragsstrafeversprechen i.S.d. § 339 BGB darstellt. Für den Fall der Nichtunterzeichnung werden regelmäßig konkrete gerichtliche Schritte angedroht. Der Inhalt der Abmahnung muß die Tatbestandsmerkmale eines Beseitigungsanspruches ausfüllen, für den § 1004 I BGB das entscheidende Paradigma abgibt. Damit wird die Anzeige der Verletzungshandlung unmittelbar zwecks Druckausübung mit einer Sanktion verbunden. Gleichzeitig werden dem Abgemahnten die Kosten der - stets außergerichtlichen - Abmahnung nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683 S.1, 670, 677 BGB auferlegt (Übersicht etwa bei: Steinherr/Vogt, http://www.juramail.de/news/praktiker/abmahnung.html). Nach zutreffender herrschender Auffassung muß der Abmahnende den Zugang der Abmahnung analog § 130 BGB beweisen (Köhler/Pieper, UWG. Kommentar, 1995, vor § 13, Rdnr. 129 f).

Der Abgemahnte kann die Abmahnung akzeptieren und die Unterlassungserklärung unterzeichnen, gesteht damit den Verstoß zu und trägt die Kosten in der geforderten Höhe. Die Akzeptanz stellt die Verletzungshandlung und den Kostenanspruch unstreitig. Wer trotzdem nicht zahlt und eine Leistungsklage auf Zahlung der fälligen Vergütung in Kauf nimmt, hat kaum Aussichten auf Erfolg. Unterzeichnung wie Nichtunterzeichnung sollte daher wohl erwogen werden, zumal die Folgen weit teurer sein können als eine anwaltliche Beratungsgebühr. Man kann auch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht unterzeichnen, die Unterlassungserklärung auch ggf. modifizieren (sie ist Rechtshandlung, keine Willenserklärung) und sich gegen die Kosten verwahren, um nicht die Fälligkeit des Kostenanspruches auszulösen, was dann zum Kostenerstattungsprozeß führt, in dem Rechtmäßigkeit des Unterlassungsbegehrens inzidenter geprüft wird (s. bspw. http://www.jurawelt.com/gerichtsurteile/635). Hier ist entscheidend, was man unterzeichnet hat, da die Unterzeichnung eine gewisse (widerlegliche) Indizwirkung für die Begründetheit haben dürfte. Hier ist rechtsdogmatisch noch manche Frage offen.

2. Einstweilige Verfügungen. Wer sich nicht rührt, wer nicht unterzeichnet oder der Abmahnung außergerichtlich und gerichtlich entgegentreten will, riskiert den Erlaß einer einstweiligen Unterlassungsverfügung nach §§ 935, 940 ZPO, die ohne gleichzeitiges Einleitung des Hauptsacheverfahrens beantragt werden kann, was auch der Regelfall ist. Oftmals kommt es in diesen Rechtsstreitigkeiten gar nicht mehr zum Hauptsacheverfahren. Alternativ kann auch sofort im Hauptsacheverfahren geklagt werden, doch ist dies angesichts der dann drohenden Beweisschwierigkeiten in internetrechtlichen Belangen überaus selten, zumal die Dringlichkeit regelmäßig zu bejahen sein dürfte, jedenfalls ab einem Zeitraum von wenigstens sechs Wochen. Auch im Markenrecht ist analog § 25 UWG eine Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes und des Verfügungsanspruches nicht erforderlich. In der Regel ergeht die Verfügung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung, deren Anberaumung im Ermessen des Gerichts steht (§ 937 II ZPO), die aber durch Hinterlegung einer Schutzschrift nach ergangener Abmahnung erzwungen werden kann. Das Rechtsinstitut der Schutzschrift ist gesetzlich nicht geregelt, doch entspricht es dem verfassungsrechtlichen Zwang des Art. 103 I GG zur Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht, bei Vorliegen einer "Schutzschrift" eine mündliche Verhandlung anzusetzen, was praktisch nicht unbedingt viel heißen will. Wird nicht durch Urteil entschieden, ergeht also ein Beschluß, ist Widerspruch möglich, §§ 924, 925, 936 ZPO. Jeder Betroffene sollte darauf hinwirken, daß das Gericht dem Abmahner eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage setzt, da nach Verstreichen dieser Frist, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung verlangt werden kann, § 926 II ZPO. Das Verfügungsverfahren kann indessen auch durch die sog. Abschlußerklärung des Gläubigers und des Schuldners beendet werden, die das Rechtsschutzbedürfnis für ein Hauptsacheverfahren entfallen lassen. Wird eine einstweilige Verfügung erwirkt, obwohl die Abmahnung unberechtigt war, können den Abmahner Schadensersatzpflichten nach § 945 ZPO treffen.

3. Negative Feststellungsklagen nach Erhalt der Abmahnung. Den Erlaß einer einstweiligen Anordnung kann indessen unterlaufen, wer unmittelbar im Anschluß an eine Abmahnung nach § 256 ZPO eine negative Feststellungsklage bei einem örtlich zuständigen Gericht seiner Wahl (§ 32 ZPO) erhebt, das auch für markenrechtliche Streitigkeiten sachlich und örtlich zuständig ist, § 140 II MarkenG (Tips bei Krieger, http://www.juramail.de/news/praktiker/abmahnhjk.html). Dann fehlt für die Verfügungsklage das Rechtsschutzbedürfnis.

Die Funktion einer negativen Feststellungsklage in markenrechtlichen Verwechselungstreitigkeiten liegt zum einen darin, eine einstweilige Verfügung abzuwehren, deren Rechtsschutzbedürfnis nach Rechtshängigkeit der Feststellungsklage nicht mehr bejaht werden kann, zum anderen aber darin feststellen zu lassen, daß das behauptete markenrechtliche Unterlassungsrechtsverhältnis nicht besteht. Für die Feststellungsklage wird ein besonderes Feststellungsinteresse gefordert, das rückwirkend entfällt, wenn im Hauptsacheverfahren eine Unterlassungsklage erhoben wurde und diese nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann, wenn nicht das Feststellungsverfahren zu diesem Zeitpunkt schon entscheidungsreif gewesen sein sollte (BGH, NJW 1987, 2680). Dies kann auch in Form einer konnexen Widerklage geschehen. Allerdings ist der Unterlassungskläger nicht an die örtliche Zuständigkeit gebunden, sondern kann diese Unterlassungsklage aufgrund des Wahl der örtlichen Zuständigkeit nach § 32 ZPO i.V.m. § 140 II MarkenG auch bei einem anderen Gericht seiner Wahl erheben. Wird die Unterlassungsklage vor Ende der mündlichen Verhandlung über die Feststellungsklage erhoben, wird die "Waffe" der negativen Feststellungsklage aufgrund des Vorrangs der Leistungsklage daher stumpf. Diese Leistungsklage kann bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung auch noch als Widerklage erhoben werden. Danach dürfte das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage in Form der markenrechtlichen Unterlassungsklage regelmäßig zu verneinen sein. Umgekehrt ist eine negative Feststellungsklage als Widerklage gegen eine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage nicht automatisch unzulässig, weil ein Feststellungsinteresse durchaus bestehen kann.

Die negative Feststellungsklage als Strategie zur Abwehr der Folgen nicht unterzeichneter Abmahnungen ist folglich nur von begrenzter, aber unter Umständen sehr wirkungsvoller Reichweite. Im vorliegenden Verfahren hat diese prozessuale Strategie Erfolg gehabt. Eine Leistungsklage kann im vorliegenden Rechtsstreit zulässigerweise nicht mehr erhoben werden. Sogar der untaugliche Versuch beklagtenseits, eine einseitige Erledigung in der Hauptsache durchzusetzen, ist mangels Schlüssigkeit des Vorbringens kläglich gescheitert. Die Kammer ist darauf im Urteil vom 25.10.2000 mit Recht nur in sehr dürren Worte eingegangen. Der betreffende Vortrag schien schon in der mündlichen Verhandlung nicht sehr schlüssig. Indessen haben die Auseinandersetzungen des Beklagtenvertreters mit dem Klägervertreter (http://www.jurathek.de/stadler) und seinem Beistand (http://www.transpatent.com) im Netz (s. http://www.juramail.de/forum) eine persönliche Schärfe angenommen, die jedes Maß an Kollegialität und Anstand auf der einen Seite vermissen lassen.

III. Die "Explorer-Rechtsprechung" im Kontext der veröffentlichten Entscheidungen

1. Vorbemerkung. Jede Entscheidung in Sachen "Explorer" folgt - soweit veröffentlicht - in den entscheidenden Punkten prinzipiell anderen Argumentationsmustern (mit Ausnahme der Annahme des Handelns im geschäftlichen Verkehr nach § 14 II MarkenG). Ein entsprechend buntes Bild bieten denn auch die bisher veröffentlichten Entscheidungen, die im folgenden kurz vorgestellt werden sollen.

2. "Telco-Explorer": LG München I, Urt. v. 24.Mai 1999 (9 HKO 850/99 - http://www.jurawelt.com/gerichtsurteile/635)

In dieser Sache ging es lediglich um einen Kostenerstattungsanspruch, da die Abmahnung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Verwahrung gegen die Kosten akzeptiert worden war. Die Beklagte betrieb unter der Domain http://www.spartips.com eine nach ihrer Auffassung rein private Homepage, bot aber Links zu Downloadangeboten an. Das erkennende Gericht ging wie selbstverständlich von der Voraussetzung aus, daß ein "Handeln im geschäftlichen Verkehr" vorlag. Erst ein solches Handeln eröffnet den Weg zur Prüfung einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr nach § 14 II MarkenG. Nicht problematisiert wurde das Vorliegen einer markenmäßigen Benutzung. Das LG München war indessen der Auffassung, daß - mangels Verwechslungsgefahr - kein Kostenerstattungsanspruch gegeben war, weil hinsichtlich der Bezeichnung "Telco-Explorer" angesichts des prägenden Präfixes "Telco" im Wege einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hinreichende Kennzeichnungskraft angenommen wurde, demgegenüber die schwache Kennzeichnungskraft der Bezeichnung "Explorer" im Wege einer Gesamtbetrachtung zurückstand, so daß im Ergebnis richtigerweise eine Verwechslungsgefahr nach § 14 II MarkenG verneint wurde.

3. FTP-Explorer I und II: OLG München, Beschluß vom 30. April 1999 (6 W 1563/99 - http://www.online-recht.de/vorent.html?OLGMuenchen990430) und LG München, Urt. vom 22. Juni 1999 (9 HK O 6873/99 - http://www.jurathek.de/stadler/urteile69.htm)

Die komplizierte Prozeßgeschichte dieses Falles ist interessanter als die inhaltlich äußerst dürftigen Begründungen. Jedenfalls ging es auch hier um die Setzung eines Hyperlinks auf die Site des besagten US-amerikanischen Herstellers unter Verwendung der Marke "Explorer" in dem betreffenden Hyperlink. Die 9. ZK des LG München I wies unter dem 22. April 1999 eine Antrag der Antragstellerin, jener besagten Ratinger Firma, auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vom 21. April 1999 ab, weil nach Überzeugung der Kammer keine Verwechslungsgefahr vorlag. Die Begründung ist nicht veröffentlicht. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seine Beschwerde nach § 567 I ZPO, auf die das OLG München mit einem nahezu begründungslosen Beschluß vom 30. April 1999 die beantragte einstweilige Anordnung erließ, gegen die die der Antragsgegner am 08. Juni 1999 Widerspruch erhob. Die Begründung des OLG München wirft durchaus die Frage auf, ob selbst die (geringen) Anforderungen des § 313 III ZPO noch erfüllt sind, was aber hier dahinstehen kann. Nach herrschender Meinung führt der Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung eines Beschwerdegerichts zur Überprüfung durch das Erstgericht (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, § 924, Rdnr. 18). Das LG München I bestätigte daraufhin die einstweilige Verfügung des OLG München, um sich nicht zur höheren Instanz in Widerspruch zu setzen, da kein neuer Tatsachenvortrag erfolgte, der dies hätte rechtfertigen können. Die "Begründung" des OLG beruht auf der Annahme der Beihilfe zur Markenrechtsverletzung, der sich die betreffende Kammer des LG München I - wie aus der Begründung recht deutlich ersichtlich ist - eher widerstrebend angeschlossen hat. Dogmatisch geben diese Entscheidungen nichts her, nicht einmal Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Annahme einer Verwechslungsgefahr und der Beihilfe hierzu, wobei Handeln im geschäftlichen Verkehr und markenmäßige Benutzung auch hier stillschweigend angenommen worden ist.

c) FTP-Explorer, Urteil des LG München I von 09. Februar 2000 (7 HK 02121194/99 - http://www.gravenreuth.de/Urteile/F...plorer/%20-%20private%20Homepage.htm)

Vielleicht der kurioseste unter allen diesen Fällen, weil der Betreiber der betreffenden Site diesen Namen auch gleich als Domain-Name verwendete und auch noch zusätzlich auf die Software des US-amerikanischen Herstellers zwecks Downloadmöglichkeit verwies und dies sogar noch in einem Frame. Hier "Handeln im geschäftlichen Verkehr" anzunehmen, dürfte kaum zweifelhaft sein, da es sich um einen Immobilienmakler handelte, der seine berufsspezifisches Angebot mit einigen Downloadangeboten "garniert" hatte. Marketingmäßig keine üble Idee, aber das LG München war weniger begeistert und bestätigte die Abmahnung aufgrund Verwechslungsgefahr nach § 14 II MarkenG. Die markenrechtliche Begründung, soweit sie denn mitgeteilt wird, ist eigentümlich verschwommen und gibt für eine dogmatisch orientierte Analyse nichts her.

d) FTP-Explorer: LG München I, Urt. vom 25. Juni 2000 (4 HK 65443/00 - FTP-Explorer: LG München I - http://www.jurawelt.com/gerichtsurteile/436)

Dieser Fall ist der entscheidende Vergleichsfall zur aktuellen Entscheidung des LG Düsseldorf. Es ging um eine unter einer Subdomain gehostete Mirrorsite zu Self-HTML, die seitens der späteren Verfügungsklägerin wegen des streitgegenständlichen Links auf die Site des US-amerikanischen Herstellers des FTP-Explorers wegen eines Markenverstoßes abgemahnt wurde. Da die Abmahnung nicht angenommen wurde, folgte die Beantragung einer einstweiligen Verfügung, die antragsgemäß erlassen wurde. Bereits der Tatbestand dieser Entscheidung wirft einige Fragen auf (s. auch Stadler, http://www.jurathek.de/stadler/urteile81.htm). So handelt es sich - nicht entscheidungserheblich - bei der Self-HTML-Site sicher nicht um Software, auch wenn die urheberrechtliche Zuordnung von Websites noch nicht überzeugend gelungen ist. Auch ist es durchaus fraglich, ob HTML die vorherrschende Programmiersprache im WWW ist, da jedenfalls alle anderen diesbezüglichen Programmiersprachen lediglich Weiterentwicklungen von HTML sind. Integriert in diese "Software" ist der Ftp-Explorer auch keineswegs, da lediglich auf eine Downloadmöglichkeit auf einer US-amerikanischen Site verwiesen wurde, nicht jedoch ein Download auch unmittelbar via Deeplink angeboten wurde. Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nach § 14 II MarkenG wurde wie selbstverständlich vorausgesetzt, eine Verwechslungsgefahr nach § 14 II Nr.2, V MarkenG bejaht. Ohne nähere Begründung wird eine Benutzung der Marke "Explorer" durch Microsoft angesichts einer Lizenzvereinbarung als Benutzung zugunsten der Verfügungsklägerin bejaht, unter Hinweis auf die fünfjährige Schonfrist des § 25 I MarkenG. Zwecks Bejahung einer ausreichenden Kennzeichnungskraft, die nicht näher problematisiert wird, wird auf die nicht beschreibende, in ausreichendem Maße phantasievolle Kennzeichnung verwiesen, die geeignet ist, die Herkunft der Marke im Geschäftsverkehr unterscheidbar zu machen. Demgegenüber wird dem Präfix "FTP" keine Bedeutung beigemessen, da dieser Begriff keinen Wortsinn habe und damit keinerlei Kennzeichnungskraft, wenn er auch dem in die "Geheimnisse der EDV" eingeweihtem Verbraucher, nicht aber dem Durchschnittsuser, vielleicht etwas zu sagen vermag. Auf die Tatsache einer auch dem Laien sich erschließenden Bedeutung der Abkürzung von "File Transfer Protocol" geht die Kammer nicht ein. Diesem Zusatz wird keine aus der Verwechslungsgefahr herausführende Bedeutung beigemessen, so daß es allein auf die Kollision identischer Begriffe ankommt, von denen allein der Bezeichnung "Explorer" ausreichende Kennzeichnungskraft zukommt, so daß eine Verwechslungsgefahr nach § 14 II Nr.2 MarkenG zu bejahen war. Angesichts einer Bereitstellung zum Download (tatsächlich wurde nur auf die Site des US-amerikan. Herstellers gelinkt) kam die Annahme einer reinen Markennennung nach § 23 Nr.2 MarkenG für die Kammer ersichtlich nicht in Betracht. Die Privilegierung durch § 5 II, III TDG wird lediglich angeprüft, da die Kammer davon ausgeht, daß jeder Link bewußt gesetzt wird und sich der Linksetzer den Inhalt der betreffenden Site auch bewußt inhaltlich zu eigen macht, so daß eine Verantwortlichkeit nur nach den allgemeinen Regeln in Betracht kommt, auf die § 5 I TDG lediglich deklaratorisch verweist. Hinsichtlich dieser Begründung Zweifel nicht zu hegen, fällt schwer.

e) FTP-Explorer: LG Braunschweig, Urt. v. 06. September 2000 (9 O 188/00 - http://www.jurawelt.com/gerichtsurteile/450)

In diesem interessanten Fall handelte es sich ebenfalls um eine negative Feststellungsklage, mit der die Klägerin, eine Fachhochschule, begehrte festzustellen, daß es ihr aus markenrechtlichen Gründen nicht verwehrt war, einen Hyperlink auf eine Downloadmöglichkeit des "FTPX-Explorer" bei der US-amerikanischen Herstellerin und einer norwegischen Universität zu setzen, da sie ihren Studenten diesen kostenlosen Download ermöglichen wollte. Eine Verwechslungsgefahr nach §§ 4 Nr.1, 14 II Nr.2, V MarkenG wurde bejaht. Allerdings mußte das LG Braunschweig einige argumentatorische Mühe verwenden, um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr bei einer Fachhochschule bejahen zu können. Entsprechend dem in der markenrechtlichen (und zuvor warenzeichenrechtlichen) Rechtsprechung und Literatur ganz herrschenden weiten Störerbegriff wurde dieses Tatbestandsmerkmal mit der Begründung bejaht, es würde durch den Link fremder Wettbewerb gefördert, indem ein kausaler Beitrag zu dessen Absatzsteigerung geleistet würde. Reichlich unverblümt wurde die Auffassung vertreten, daß die Linksetzerin die Unterlassungsverpflichtung quasi "stellvertretend" für den nach deutschem Markenrecht nicht erreichbaren US-amerikanischen Hersteller treffe. Angesichts der Geltung des Schutzlandprinzips im deutschen internationalprivatrechtlichen Markenrecht und der weltweiten Abrufbarkeit dieses Angebots im WWW könnten hier Zweifel aufkommen, doch gehört die nationale Verfolgung internationaler Markenrechtsverletzungen zu den dunkelsten Bereichen des Internetrechts (s. nur Köhler/Arndt, Recht des Internet, 2000, Rdnrn 458 ff). Die Verwechslungsgefahr wurde im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung angesichts der ausreichenden Kennzeichnungskraft des Begriffes "Explorer" höher gewichtet als der Begriff "FTP", dem keine hinreichende Kennzeichnungskraft zugebilligt wurde und der damit im Wege einer Abwägung der Kennzeichnungskraft der Bestandteile zurückstehen mußte, zumal ihm selbst keinerlei prägende Eigenschaft zugebilligt wurde. Eine Einschränkung nach § 23 Nr.2 MarkenG wurde mit der interessanten Begründung ebenfalls abgelehnt, die Marke würde dadurch letztlich in Frage gestellt, da Eintragungsvoraussetzung wenigstens eine schwache Kennzeichnungskraft sei. Eine Haftungsprivilegierung nach § 5 II TDG wurde bereits deshalb abgelehnt, weil der Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Linksetzung ein Verzicht auf die Geltendmachung von Rechten aus § 5 II TDG liege. Ob die gesetzlichen Haftungsfreistellungsnormen des TDG überhaupt konkludent verzichtbar sind, sei hier dahingestellt.

IV. Die Entscheidung des LG Düsseldorf

1. Kennzeichnung der Problematik

Der Problematik der Kollision von zulässiger Linksetzung und markenrechtlichem Unterlassungsanspruch aufgrund markenrechtswidriger Verwendung einer Wortmarke im Rahmen des Hyperlink sollte man sich vom "Normalfall" her nähern. Links sind Verweise, Fußnoten in einem Text damit nur zu ähnlich, allerdings entsprechend dem Medium WWW vollständig digitalisiert, sie richten sich auf Informationen, die auf anderen Websiten verfügbar sind. Davon lebt das WWW, dadurch kommuniziert es. Der Begriff Information ist weit zu verstehen. Er beinhaltet grundsätzlich auch den Download von Programmen und deren Teilen. "Hyperlinks stellen das Kennzeichen des WWW dar" (Hoeren, Recht des Internet, 2000, S. 125). Problematisch wird es, wenn der Hyperlink eine Wortmarke enthält, die für einen Dritten geschützt ist. Es ist schon fraglich, ob nicht mit der Aktivität im WWW eine konkludente Gestattung für die Benutzung fremder Internetadressen angenommen werden muß (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.06.1999, 20 U 85/98). Dies wird man annehmen können, wenn auf die Site des Markenrechtsinhabers gelinkt wird, ohne daß eine Markenverletzung, etwa im Sinne einer Markenanmaßung, besteht. Dieser Fall liegt hier nicht vor, da der Link auf die Site eines Dritten erfolgt, unter der Angebote feilgeboten werden, für die zugunsten eines anderen Berechtigten eine bestimmte Marke deutschland- und europaweit registriert ist, zumal sich die Markenrechtsinhaberin gegen die kollidierende Verwendung gleicher - oder ähnlicher - Begriffe in angeblich markenbenutzender Weise zur Wehr setzt. Diese Problematik ist letztlich rechtlich nicht angemessen gelöst, zumal eine einfache Markennennung nach § 23 Nr. 2 MarkenG sanktionslos zulässig ist, die von einer kennzeichenmäßigen Verwendung abzugrenzen ist, die allerdings schutzwürdige Interessen des Markenrechtsinhabers voraussetzen dürfte (Köhler/Arndt, Recht des Internet, 2000, Rdnr.440). Selbst bei kennzeichenrechtlicher Verwendung bestehen aber angesichts der Haftungsprivilegierungen aus § 5 II, III TDG noch erhebliche Schranken hinsichtlich der Zurechnung eines markenverletzenden Unterlassungsanspruches (s. überblickshaft: Stadler, http:/www.jurathek.de/stadler/linkhaftung.htm). Gerade in markenrechtlichen Fällen ist es notwendig die Systematik von Anspruchsentstehung, Anspruchserfüllung und des Vorliegens von Einwendungen und Einreden strikt zu beachten (prägnante Darlegung bei Haberstumpf, Wettbewerbs- und Kartellrecht. Gewerblicher Rechtsschutz, 1999, S. 52 ff).

Sicher ist, daß angesichts der geltenden schutzrechtlichen Normen eine Verlinkung nicht grenzenlos möglich ist, auch wenn die Freiheit zur Linksetzung die Grundregel und nicht die Ausnahme ist. Die Herausarbeitung der dogmatischen Konturen dieser Grenzen in angemessener und dogmatisch konsistenter Weise ist bisher nicht gelungen. Die sorgfältig begründete Entscheidung des LG Düsseldorf, die sehr systematisch aufgebaut ist - und sich von anderen Explorer-Entscheidungen auch insoweit positiv abhebt -, bietet Anhaltspunkte für eine konsistente dogmatische Entwicklung dieser Schrankenziehung anhand eines durchaus neuen, aber interessanten Begründungsansatzes (einen guten, aber nicht mehr völlig aktuellen Überblick bieten Bettinger/Freytag, Privatrechtliche Verantwortlichkeit für Links, CR 1998, 545 - 556).

2. Das Urteil des LG Düsseldorf vom 25. Oktober 2000
a) Zur Zulässigkeit

In markenrechtlichen Streitigkeiten sind die Landgerichte sachlich zuständig, § 140 I MarkenG. § 140 II MarkenG modifiziert hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit partiell den besonderen Gerichtsstand des § 32 ZPO dahingehend zu einem ausschließlichen Gerichtsstand (dazu Fezer, NJW 1997, 2915), daß die Länder an bestimmten Landgerichten Kammern für Markensachen einrichten können, die örtlich ausschließlich zuständig sind. Im Bereich des Oberlandesgerichtsbezirkes Düsseldorf ist dies das LG Düsseldorf (lt. VO v. 12.08.1996 - GV NW S. 348). Soweit diese Gerichte bestimmt sind, ist eine Wahl nach § 35 ZPO, die regelmäßig über § 32 ZPO zum "forum shopping" des Gerichts - der aus welchen Gründen auch immer passenden Wahl - führt, beschränkt. Der Vorteil der negativen Feststellungsklage liegt insoweit lediglich darin, diese - ggf. durch § 140 II MarkenG - beschränkte örtliche Zuständigkeit unter den ausschließlich zuständigen Gerichten, die angesichts der deutschlandweiten Abrufbarkeit des Internets zur Wahl stehen, bestimmen zu können.

b) Begründetheit: Die Anspruchsgrundlage des § 14 II Nr.2 MarkenG
aa) Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 II Nr.2 MarkenG.

Anspruchsgrundlage für die Verwechslungsgefahr - dem zentralen Begriff des gesamten Kennzeichnungsrechts - ist hier § 14 II Nr.2 MarkenG. § 14 II MarkenG trat an die Stelle der - wegen des Schutzbereiches des § 1 WZG - etwas engeren Regelung der §§ 24 I, 31 WZG. Zu diesen Normen ergangene Gerichtsentscheidungen werden allerdings aufgrund der Ähnlichkeit der Tatbestände nach wie vor in Bezug genommen (s. etwa BGH, GRUR 1995, 216 ff - Oxymoron; BG, NJW 1999, 360 - Lions; BGH, WRP 1999, 196 ff - Libero). Diese Vorschrift setzt zunächst die Eintragung einer Marke nach § 4 Nr. 1 MarkenG voraus, die hier unstreitig vorlag. § 14 II MarkenG setzt weiter stets das Handeln eines Dritten im geschäftlichen Verkehr voraus (dazu unter IV 3 c der Darstellung). Dritter ist jeder, mit Ausnahme des Markeninhabers, der zur Nutzung der Marke rechtlich unzuständig ist und dem gegenüber keine Zustimmung zur Verwendung durch den Berechtigten abgegeben worden ist. Maßgebliches Tatbestandsmerkmal ist indessen die Verwechslungsgefahr (dazu IV 3 d der Darstellung), die ein vollständig abstrakter Begriff ist, für die keine tatsächlichen Verwechslungen nachgewiesen werden müssen, sondern lediglich irrtümliche Vorstellungen des Publikums (§ 14 II Nr.2 MarkenG), so daß mithin für einen subjektiven Maßstab objektive Kriterien maßgeblich sind. § 14 II Nr. 2 MarkenG ist im Lichte des Art. 4 I lit. b der Markenrechtsrichtlinie vom 21.12.1988 - 89/104EWG, Abl.EG 1988/L40/1) auszulegen, so daß nach der Rechtsprechung des EuGH alle Aspekte des Einzelfalles angemessen zu berücksichtigen sind (EuGH, NJW 1998, 741 - Sabèl/Puma; EuGH, WRP 1998, 1165 ff - Canon). Maßgeblich sind ist daher der Gesamteindruck unter Heranziehung der in Wechselbeziehung stehenden Aspekte der Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft der Marke, der Waren- und Branchennähe, der Absatz- und Vertriebswege, der Zeichenform und der Intensität der Gewöhnung des Publikums an ähnliche Zeichen (zusf. Steckler, Grundzüge des gewerblichen Rechtsschutzes, 1996, S.85 ff).

bb) Handeln im geschäftlichen Verkehr, § 14 II MarkenG

Einem markenrechtlichen Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch setzt sich niemand aus, der nicht im geschäftlichen Verkehr handelt. Allerdings hat sich in unmittelbarem Anschluß an die überkommene Dogmatik des § 24 I WZG ein vollständig gefestigter weiter (Handlungs-) Störerbegriff herausgebildet. Verlangt wird keineswegs eigenes unternehmerisches Handeln am Markt, sondern lediglich die Setzung eines irgendwie kausalen Beitrags zur Förderung eines - auch fremden - Wettbewerbes, sofern nur eine Ware einer Vielzahl von Personen angeboten wird. Entgeltlichkeit wird nicht verlangt. Auf die Person des Handelnden kommt es nicht an (zusf., Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, Kommentar, § 15, Rdnr. 3 w.w.N.). Die Begriffsbildung ist identisch mit der Bestimmung des Handelns im geschäftlichen Verkehr nach § 1 UWG. Damit fällt nur privates Handeln aus diesem Begriff heraus, der nach ganz herrschender Auffassung weit auszulegen ist, da es nur auf die Förderung eines beliebigen Geschäftszweckes ankommt. Diese Tatbestandsvoraussetzung wurde in allen veröffentlichen Explorer-Fällen im Ergebnis bejaht, auch wenn sich nur die Entscheidung des LG Düsseldorf und des LG Braunschweig näher mit diesem Tatbestandsmerkmal auseinandersetzen. Der entscheidende Gesichtspunkt ist die Abgrenzung zum Betrieb lediglich privater Homepages im WWW. Das LG Düsseldorf bejaht dieses Tatbestandsmerkmal mit der - im übrigen zutreffenden - Begründung, daß der Kläger mit der Setzung des betreffenden Links auch wenigstens mittelbar den Absatz seiner Produkte, insbesondere auch eines Buches fördert, zumal sein Angebot öffentlich ohne Zugangsbeschränkung abrufbar ist. In diesem speziellen wäre daher sogar eigenunternehmerisches Handeln zu bejahen, so daß selbst nach der engstmöglichen Auffassung Handeln im geschäftlichen Verkehr zu bejahen wäre.

Die Rechtsprechung zum Handeln im geschäftlichen Verkehr wird im Netz - etwa auf der Mailingliste Online-Recht (zugänglich über: http://www.online-recht.de) - heftig kritisiert (exemplarisch etwa Horak, http://www.freedomforlinks.de/Pages/privat.html), da aufgrund der niedrigen Schwelle zum Handeln im geschäftlichen Verkehr private Homepages kaum noch existieren können, weil bereits ein Hyperlink zu einem kommerziellen Angebot ausreicht, um dieses Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, was in der Tat der Fall ist. Auch die Plazierung eines betreffenden Werbebanners reicht aus (zusf., Freitag, Marken- und Kennzeichenrechte im Internet, in, Kröger/Gimmy - Hrsg. -, Handbuch des Internetrechts, 2000, S. 335, 347 f). Wer aber den Schutz des "Privaten" einfordert gegenüber der "Kommerzialität", muß auch darlegen, was im Netz noch "privat" sein kann. Wer sich im Netz präsentiert, nimmt bereits eine bestimmte Entäußerung seines Privatbereiches im Rahmen der Präsentation vor. Wer auffallen will, handelt nicht mehr privat. Bisher angebotene Begrenzungsstrategien haben eher rechtspolitische als rechtsdogmatische Relevanz (s. etwa, Mayer, http://www.freedomforlinks.de/Pages/meifrei.html), zumal völlig offen ist, wo die Grenzziehung von öffentlichen Freiheitsrechten gegenüber der durchdringenden Kommerzialisierung des WWW verläuft. Die Gegenauffassung kritisiert die "glatte" Übertragung ständiger Rechtsprechung aus traditionellen Bereichen auf das Medium Internet und fordert derartige Hyperlinks "neutral" zu stellen. Offen bleibt dabei, mit welcher Argumentation Modifikationen kenntlich gemacht werden sollen, die eine Abweichung von dieser herrschenden Linie rechtfertigen könnten. Außer Frage steht, daß das MarkenG auf Verletzungshandlungen im WWW Anwendung findet. Damit muß die Abgrenzung von der Feststellung des Handelns im geschäftlichen Verkehr her stattfinden und nicht - wie gefordert - angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 14 II MarkenG von der "Privatheit" her. Bisher ist kein Ansatz erkennbar, der ein Argumentationsmodell bietet, der es einem erstinstanzlichen Gericht erlauben würde, von einer vollständig gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung unter diesen Aspekten abzuweichen. Die Geltung des Markenrechts läßt sich auch nicht damit in Frage stellen, daß die Regelungen auf das Internet nicht ohne weiteres passen - was partiell zutrifft -, sofern dies nicht jeweils argumentatorisch anhand von konkreten Tatbestandsmerkmalen problematisiert wird. Abweichungen im Sinne teleologischer Reduktionen geltender markenrechtlicher Normen bedürfen der Entwicklung entsprechend konkreter Argumentationsmodelle. Für die juristische Praxis ist weiterhin und für die nähere Zukunft weiter von einem weiten Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr auszugehen. Jedenfalls kann es einem erstinstanzlichen Gericht wohl kaum verübelt werden, den sicheren Weg einer Anbindung an eine gefestigte markenrechtliche Dogmatik zu wählen, anstatt Experimente mit unsicherem Ausgang zu wagen.

cc) Markenmäßige Benutzung als Tatbestandsvoraussetzung?

Ob markenmäßige Benutzung Voraussetzung der Geltendmachung des § 14 II MarkenG wie noch des § 24 I WZG ist, ist überaus fraglich, wenn auch erstaunlicherweise noch umstritten. § 14 II nennt diese Voraussetzung nicht, so daß bereits der Wortlaut gegen diese Annahme spricht. Erst § 23 MarkenG nimmt bestimmte Verwendungen vom Schutzbereich aus, was voraussetzt, daß eine Verwechslungsgefahr bejaht worden ist. § 23 MarkenG ist aber vom Gesetzgeber ersichtlich als Einwendung konzipiert, so daß diese Einwendung nicht gleichzeitig stillschweigende Anspruchsvoraussetzung sein kann. Markenmäßige Benutzung ist daher nicht Anspruchsvoraussetzung des § 14 II MarkenG. Die 2a -Kammer des LG Düsseldorf setzt sich als einziges Gericht in der Reihe der veröffentlichten "Explorer-Entscheidungen" mit dieser Frage überhaupt auseinander, läßt diese Frage aber offen, da die Benutzung vorliegend in jedem Falle als kennzeichenmäßig zu betrachten ist, weil der betreffende Link als Herkunftsnachweis zu verstehen ist und damit nicht lediglich beschreibend ist, da der Link als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dient, nicht aber lediglich eine Markennennung im Sinne einer Aufführung von Merkmalen oder Eigenschaften einer bestimmten Software zu dienen bestimmt ist. Gleichwohl paßt der Hinweis auf § 23 Nr.2 MarkenG nicht recht in die Systematik des MarkenG, sofern man diese Norm als Einwendung versteht. Dieses Verständnis des Links ist im Netz heftig kritisiert worden, kann aber nur dann eine Rolle spielen, wenn man eine markenmäßige Benutzung tatsächlich für erforderlich hält. Dagegen sprechen sowohl der einfache Wortsinn des § 14 II MarkenG als auch die Einwendungsfunktion des § 23 MarkenG. Sieht man dies anders spricht indessen gegen die kennzeichenrechtliche Funktion einiges. Einmal spricht dagegen die Aufführung des Links im Kontext zu anderen FtP-Programmen wie "Absolut-FtP", "Cute-Ftp" und "Ftp-Control", die sämtlich nur eine Funktion bezeichnen, nicht aber eine betriebliche, besser: unternehmensbezogene Herkunft. Ersichtlich gewollt ist nur eine Anzeige der Funktionen der Programme für den informierteren User. Andere User werden sich kaum für diese Programme interessieren, da jeder bessere Browser einen Download per FTP ermöglicht. Der Durchschnittsuser der sich für einen Download derartiger Software interessiert, wird mit diesen Begriffen kaum eine Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen verbinden, zumal der Hersteller (FTPX-Corporation) aus dem Link nicht erkennbar war. Bejaht man aber auch dies, stellt sich die Frage, ob die markenmäßige Verwendung nicht Schranken findet, durch die mittelbar über dieses Tatbestandsmerkmal als Generalklausel anwendbare findende Informationsfreiheit des Art. 5 I GG. Damit wird eine Frage berührt, die für das Markenrecht im Gegensatz zum Urheberrecht (s. jetzt Fechner, Geistiges Eigentum und Verfassung, 2000) nicht annähernd thematisiert wird, geschweige denn geklärt ist, obwohl dieser Gesichtspunkt oftmals gegen die Anwendung des Markenrechts auf Problemfälle im WWW ins Spiel gebracht wird. Fundierte Ansätze indessen fehlen. Niemand kann es einem erstinstanzlichen Gericht verübeln, einem solchem Fundamentalproblem ausgewichen zu sein, bei dessen Thematisierung man sich auf unsicheren Boden und damit auf dogmatisch glattes Eis bewegt. Interessant an dieser Frage ist indessen, daß die markenrechtliche Dogmatik sie nahezu vollständig ausblendet, obwohl das Verhältnis von Kommunikationsfreiheiten und der Durchsetzung von Markenrechten unter Gesichtspunkten der praktischen Konkordanz eines der drängensten Themen des deutschen Internetrechts sein dürfte (s. nur Mayer, http://www.freedomforlinks.de/Pages/meifrei.html). Bisher fehlt es an Argumentationsmodellen, die eine Einschränkung dieses Tatbestandsmerkmales durch die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte plausibel machen. Die Frage kann indessen hier dahinstehen, da die markenmäßige Benutzung nach hier vertretener Auffassung nicht mehr Voraussetzung der Verwechslungsgefahr ist.

dd) Verwechslungsgefahr, § 14 II Nr.2 MarkenG

Das LG Düsseldorf lehnt erstmals (sieht man von der Entscheidung des LG München I in Sachen "Telco-Explorer" ab) eine Verwechslungsgefahr nach § 14 II Nr. 2 MarkenG ab und setzt sich damit zu ähnlichen Entscheidungen anderer Landgerichte (s. oben unter IV der Darstellung) bewußt in Widerspruch.

(1) Der Marke "Explorer" wird Kennzeichnungskraft (s. allg. Zur Kennzeichnungskraft, Krieger, http://www.juramail.de/aufsatz/krieger/kennzeichnung.html) zugebilligt, wenn auch nur eine schwach ausgeprägte Kennzeichnungskraft. In vielen Diskussionsforen des Internets wird oftmals das Gegenteil vertreten. Indessen: die Marke ist nach § 41 MarkenG registriert. Sicher hat die Wortmarke "Explorer" einen beschreibenden Kern. Doch setzt die Eintragung wenigstens eine schwache Kennzeichnungskraft voraus, sonst könnte die Marke nicht zur Eintragung kommen, § 37 I i.V.m. §§ 8, 10 MarkenG. Würde ein Landgericht in einem Feststellungsverfahren die Kennzeichnungskraft vollständig in Frage stellen, würde die Richtigkeit des Eintragungsverfahrens in Frage gestellt und damit eine Nichtigkeitsklage nach § 50 I Nr.3 MarkenG letztlich präjudiziert. Dagegen spricht schon, daß der Einwand des Bestehens absoluter Eintragungsgründe trotz Eintragung zulässigerweise im Erkenntnisverfahren nicht erhoben werden kann, sofern nicht die Voraussetzungen des § 22I Nr.2 MarkenG vorliegen, die hier nicht in Rede standen. Eine eingetragene Marke aber trägt die Vermutung einer wenigstens schwachen Kennzeichnungskraft in sich. Der diesbezügliche Hinweis des LG Braunschweig im Urt. v. 04.09.2000 ist insoweit vollständig zutreffend. Hinsichtlich des Kerns der beschreibenden Funktion des Begriffes "Explorer" wird auf eine leider unveröffentlichte Entscheidung des OLG Düsseldorfs verwiesen, derzufolge für die Durchforschung von Daten dienender Software, dieser Begriff nur als beschreibend angesehen werden kann. Dies weckt indessen die Frage, ob eine Registrierung nicht näherer Prüfung bedurft hätte, da insoweit die Schwelle der absoluten Schutzhindernisse als Eintragungssperre möglicherweise angesichts einer sehr großzügigen Eintragungspraxis bei beschreibenden Wortmarken zu niedrig angesetzt wurde (s. dazu, Krieger, http://www.juramail.de/aufsatz/krieger/kennzeichnung.htm). Eine Frage, die hier offenbleiben muß, obwohl bereits Löschungsantrag gegen diese Marke gestellt worden sein soll (http://www.heise.de/newsticker/data/cp-29.09.00-002).

(2) Die Benutzung der Bezeichnung "Explorer" für den "Internet-Explorer" und den "Windows-Explorer" durch die Microsoft Corporation erhöht nach der Entscheidung des LG Düsseldorf vom 25.10.2000 gemäß § 26 II MarkenG nicht die schwache Kennzeichnungskraft der betreffenden Marke. Ein Umstand, der vom LG München I in der Entscheidung vom 25.05.2000 begründungslos unterstellt wurde, man fragt sich warum. § 26 II MarkenG setzt eine Lizensierung der Benutzung der Marke nach § 30 I MarkenG durch einen Dritten voraus, die eine Marke wirtschaftlich ohnehin kaum stärker macht. Insoweit beruft sich die Beklagte regelmäßig auf einen zwischen ihr und der Microsoft Cor., Redmond, geschlossenen Vergleich vor dem OLG München vom 14.11.1996, der inzwischen veröffentlicht ist (http://www.bonnanwalt.de/entscheidungen/OLG-Muenchen6U4761-96.html) und den die vierte Kammer des LG Düsseldorf mit (unveröffentlichtem) Urt. vom 10. Mai 2000 (Az.: 4 O 339/99) ebenfalls akzeptiert haben soll. Die 2a-Kammer des LG Düsseldorf macht - entgegen manchen Äußerungen des Beklagtenvertreters in diversen Foren des Internets - die Abweichung von dieser Entscheidung durchaus kenntlich, da unterschiedlicher Sachvortrag vorgelegen hat und im Zivilprozeß grundsätzlich immer noch der Beibringungsgrundsatz gilt. Zweifel an einer im Vergleich vereinbarten selbständigen Lizenzvereinbarung legt bereits der Wortsinn nahe, da die "Gestattung" der Benutzung von Microsoft ohne Anerkennung einer Rechtspflicht "akzeptiert" wird und damit ersichtlich eine gegenseitige Duldungsvereinbarung getroffen wurde, ohne daß Microsoft auf eigene internationale Markenrechte auch nur konkludent verzichtet hätte, die auch öffentlich nie erkennbar geworden wäre. Selbst wenn man dies zugrundelegt, fragt es sich, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 II MarkenG erfüllt sind, da diese Norm Fremdbenutzungswillen durch den Markeninhaber voraussetzt. Hier fragt sich schon, ob Microsoft nach dem geschlossenen Vergleich als "Markeninhaber" zu gelten hat, da ein Fall der "aufgedrängten Zustimmung" überaus naheliegt, die einen zurechenbaren Fremdbenutzungswillen nach § 26 II MarkenG voraussetzt. Es muß infolgedessen wenigstens erkennbar sein, das Microsoft mit Fremdbenutzungswillen diesen Namen auch tatsächlich seit diesem Vergleich benutzt. Das dies nicht der Fall ist, wurde im übrigen seitens der Beklagten im hiesigen Verfahren nicht bestritten. An die Rechtsauffassung der Beklagten, § 26 II MarkenG setze keinen Fremdbenutzungswillen voraus, war die Kammer ohnehin nicht gebunden. § 26 MarkenG ist indessen im Kontext des § 25 MarkenG zu lesen, der einem Markenrechtsinhaber eine fünfjährige Benutzungsschonfrist einräumt, wenn die Marke seitens des Markenrechtsinhabers nicht benutzt wird, so daß § 26 MarkenG nur Bedeutung hat für die Erfüllung der Benutzungsschonfrist hat (der Verfasser dankt Dr. Jochen Krieger für den freundlichen Hinweis). Benutzt der Berechtigte seine Marke indessen nicht selbst, muß der tatsächliche Nutzer aber wenigstens mit dem Willen handeln, für den Berechtigten zu handeln, weil dieses Handeln sonst die Schonfrist nicht unterbrechen könnte. Allerdings lassen sich weitere Abmahnungen auf die Schonfrist des § 25 I MarkenG zukünftig nicht mehr lange stützen. Diese Frist läuft am 17.11.2000 ab, so daß das Bestreiten der Benutzung die Klägerin zukünftig zur substantiierten Darlegung der Art und Weise der Benutzung zwingen dürfte. Eine Frage, die hier dahinstehen kann, ist, ob die Marke nach diesem Datum nicht unter Umständen nach § 49 I 1 MarkenG wegen Nichtbenutzung innerhalb der fünfjährigen Frist des § 26 I MarkenG löschungsreif ist, so daß ein Antrag nach § 53 I MarkenG gestellt werden könnte, da die Markenrechtsinhaberin sich in allen Prozessen - soweit ersichtlich - stets auf diese Schonfrist berufen hat. Auch insoweit bleibt es durchaus spannend!

(3) Die für den Hauptsacheausspruch maßgeblichen Ausführungen der Entscheidung betreffen die Verneinung der Verwechslungsgefahr nach § 14 II Nr. 2 MarkenG. Warenidentität war unproblematisch zu bejahen, da es sich beiderseits um Bezeichnungen für Software handelte. Die Marke "Explorer" und die Bezeichnung "Ftp-Explorer" sind teilidentisch. Der Begriff "Explorer" hat eine selbstständige kennzeichnende Funktion. Demgegenüber ist die Bezeichnung "FTP" zwar sicherlich beschreibend, aber als Marke eintragungsfähig, da nach dem Markenrecht, § 3 I MarkenG, auch Buchstabenfolgen als Marke schutzfähig sind, wenn eine hinreichende Kennzeichnungskraft vorliegt. Insoweit setzt sich die Begründung des Urteils des LG Düsseldorf zutreffend von der insoweit unzutreffenden Begründung des "Explorer-Urteils" des LG München I vom 25.05.2000 ab, die diesen Umstand völlig verkennt. Auch das LG Braunschweig problematisiert dieses Problem nicht näher, obwohl dazu aller Anlaß bestanden hätte. Die Kennzeichnungskraft ist infolgedessen bei "Ftp", als einer aussprechbaren Wortfolge englischer Sprache, nicht geringer als bei "Explorer", mag sie sich auch dem "Durchschnittsnutzer" nicht ohne weiteres erschließen. Dies nimmt der Bezeichnung nicht die Kennzeichnungskraft. Die betreffende Software erfüllt auch andere Funktionen als die Microsoft-Software beispielsweise, deren Teilfunktionen als "Explorer" bezeichnet werden. Doch dürfte es angesichts des fehlenden Fremdbenutzungswillens auf einen Vergleich mit der Microsoft-Software gar nicht ankommen. Die konkreten Funktionen der Software der Beklagten hingegen sind bis dato nicht erkennbar geworden und harren noch der Darstellung in der Öffentlichkeit durch Bewerbung der betreffenden Produkte. Der Wortanfang hat, wie das LG Düsseldorf zutreffend in Anschluß an die Entscheidung des LG München in Sachen "Telco-Explorer" meint, wenigstens die Funktion einer bestimmten Mitprägung des Begriffsinhaltes. Im Gegensatz zu dieser Entscheidung geht das LG Düsseldorf hingegen nicht von einer prägenden Kennzeichungskraft durch den Präfix "FTP" aus.

Die 2a-Kammer des LG Düsseldorf verneint in der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung - wie gezeigt - vorzunehmenden Gesamtbewertung eine herausgehobene Kennzeichnung des Gesamtzeichens mangels Fehlen einer selbstständigen kennzeichnenden Stellung des Begriffes "Explorer" im Gesamtzusammenhang und setzt sich damit in Gegensatz zu den Ausführungen sowohl des LG München I vom 25.05.2000 und des LG Braunschweig vom 04.09.2000, die beide von einer überragenden Kennzeichnungskraft des Begriffes "Explorer" ausgegangen sind, ohne sich näher mit dem Begriff "FTP" zu beschäftigen, der auch als Marke schutzfähig wäre. Die Entscheidungen "Telco-Explorer" und die vorstehend in Bezug genommenen Entscheidungen des LG München vom 25.05.2000 und des LG Braunschweig vom 04.09.2000 kranken daran, eine überragende Kennzeichnungskraft des Begriffes "Explorer" gegenüber "FTP" vorgenommen zu haben, ohne die jeweilige Kennzeichnungskraft näher semantisch zu untersuchen.

Das LG Düsseldorf wählt gegenüber diesen Entscheidungen den dogmatisch klareren Ansatz, gleichgewichtige Elemente im Rahmen einer Gesamtkombination als gleiche Bestandteile gleich zu bewerten, da deren Gesamteindruck durch vollständig gleichgewichtige Bestandteile geprägt wird, von denen kein Element gegenüber dem anderen Element geeignet ist, bei Teilidentität eines der beiden Zeichen mit einem prioritätsälteren Zeichen, diesen Gesamteindruck überwiegend zu prägen. Das Gericht versucht, mit diesem überzeugenden Ansatz Anschluß zu finden an die "überkommene" markenrechtliche Dogmatik. Die Entscheidung schließt eng an BGH, GRUR (http://www.GRUR.de), 1998, 942 - Alka Seltzer an , macht demgegenüber jedoch eine klare Distinktion deutlich. In dieser BGH-Entscheidung ging es um zwei Worte (Zeichen), die ohne Bindestrich miteinander verbunden sind, ohne daß eines der Zeichen hervortritt. Die Kammer ist der Auffassung, daß dieser Bindestrich insofern keine Rolle spielen kann, weil die Bezeichnung "Explorer" nicht kennzeichnungskräftig hervortritt, zumal die ebenfalls schwache Kennzeichnungskraft des Begriffes "FTP" keine höhere, aber auch keine geringere Kennzeichnungskraft aufweist. Dies kann man bereits deshalb annehmen, weil diese Bezeichnung für alle möglichen "Entdeckungsfahrten" im Web inzwischen gang und gäbe ist, wie ein Blick in diverse Suchmaschinen zeigt. Die Eingabe dieses Begriffes zeigt völlig unterschiedliche Ergebnisse - etwa bei http://www.fireball.de. Der Bindestrich kann bei einer zutreffend angenommen Gleichgewichtung bei jeweils schwacher Kennzeichnungskraft beider Bestandteile indessen keine größere Bedeutung haben, als bei der Verwechslungsgefahr von Domain-Names, die sich durch beiderseitige schwache Kennzeichnungskraft auszeichnen. Mit diesem Ansatz versucht das LG Düsseldorf eine Mittelweg zwischen den Entscheidungen "Telco-Explorer" und den anderen "Ftp-Explorer"-Fällen zu beschreiten, ohne die eingeführte markenrechtliche Dogmatik zu verlassen und Experimente zu wagen, deren Ergebnis unabwägbar sein dürfte. Insoweit ist auch ein Modifikationsbedürfnis aus internetspezifischen Gründen nicht ersichtlich, da sich die Problematik insoweit nicht grundlegend anders verhält, als wenn in herkömmlichen Medien mit derartigen Begriffen Werbung betrieben wird und kennzeichenrechtlich geschützte Elemente kollidieren. Die Entscheidung verdient daher Zustimmung und könnte eine Basis schaffen, für derartige Kollisionsfälle eine Tendenzwende herbeizuführen, was manche nervöse Reaktion in interessierten Kreisen erklären könnte. Insoweit könnte sich eine Lösung auf der Basis herkömmlicher markenrechtlicher Dogmatik abzeichnen, die insoweit eines Rückgriffs auf verfassungsrechtliche Elemente entbehren kann.

V. Blick auf die mögliche Zukunft

Der Blick auf die Zukunft fällt durchaus zwiespältig aus. Es mag sein, daß die Entscheidung des LG Düsseldorf eine Trendwende markiert und "Licht am Ende des Explorer-Tunnels" (s. Stadler, http://www.freedomforlinks.de/Pages/muendl.html) bedeutet. Zwingend ist dies indessen nicht. Dies ließe sich erst dann sagen, wenn wenigstens ein Berufungsgericht auf diese Linie einschwenken würde. Bisher ist diese Entscheidung nur eine - begrüßenswerte - erstinstanzliche Entscheidung, die sich - wie die Entscheidung Telco-Explorer des LG München I - durchaus mutig gegen die Phalanx judizieller Bequemlichkeit richtet. Die Begründung versucht angesichts eines unsicheren dogmatischen Bodens oft in Bezug genommener, aber dogmatisch nicht abgesicherter "Bürgerrechte" im Netz, dicht an die markenrechtliche Dogmatik anzuschließen, um zu einer immanenten markenrechtlichen Lösung auf dieser Basis zu gelangen. Der gewählte Ansatz kann durchaus Ausgangspunkt einer markenrechtlichen Lösung sein, die versucht die weitgeratene Verwechslungsgefahr des § 14 II Nr.2 MarkenG in angemessener Weise zu reduzieren, da diese Norm nahe unbeschränkte Unterlassungsansprüche markenrechtlicher Art ermöglicht. Insoweit bieten Auslegung und teleologische Reduktion rechtssystematische Möglichkeiten, die bisher nicht zureichend genutzt wurden, um de Entwicklung des WWW angemessen zu schützen.

Angesichts nachhaltiger Inaktivität des Gesetzgebers liegt die Entscheidung über die Zukunft des Netzes letztlich bei den Gerichten. Ob eine Aktivierung des Gesetzgebers ein Mehr an Regulationsoptimierung erbringen würde, kann durchaus fraglich sein, in einer Situation in der der Gesetzgeber immer mehr durch lautes Reden schweigt und vermutlich weiter schweigen wird, auch angesichts einer internationalen Entwicklung hin zu einem ungebremsten, aber kulturell extrem langweiligen E-Commerce ohne Grenzen, im Rahmen jenes vorherrschenden simplen Konzeptes vom "Globalisierung", die jenes Phänomen mit der Internationalisierung ehemals national strukturierter Wirtschaftssysteme identifiziert. Insofern gilt es diesen Entwicklungsprozeß detailliert zu beobachten, kritisch zu begleiten und den Diskurs der Rechtsprechung auf dogmatische Konsistenz auch öffentlich durch Kritik zu verpflichten. Insoweit bietet die markenrechtliche Dogmatik entgegen allen Unkenrufen auch immanente Chancen angemessener Gestaltungsmöglichkeiten. Darauf auch auf durch den öffentlichen Diskurs im Netz hinzuwirken, dürfte die Aufgabe derer sein, die diese Entscheidung wenigstens im Ergebnis gefreut hat und die vielleicht mehr erhoffen. "So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen..."!

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