Können einzelne Buchstaben als Marke angemeldet werden?
Der aktuelle Fall wirft -
wieder einmal - die Frage auf, ob einzelne Buchstaben als Marken angemeldet werden
können.
Hinsichtlich einer allgemeinen Einführung in das Markenrecht sei auf meine
Rechts-FAQ: Markenrecht / Titelschutz / Kennzeichungsrecht verwiesen.
Vielmehr soll sich hier einzig und allein mit der Frage auseinandergesetzt
werden, ob einzelne Buchstaben, also z.B. "T" oder "D",
als Marke eintragungsfähig sind. Schon in der Vergangenheit gab es dazu eine
Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen (vgl. dazu
die Dissertation von RA Dr. Bahr "Missbrauch der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung im
Bereich des Internet").
Die Antwort auf diese Frage ist die typische Juristen-Antwort: Es kommt darauf an.
Lange Zeit war dieses Problem umstritten und wurde von einzelnen Gerichten
unterschiedlich beantwortet.
a) Der Buchstabe "K":
Bis der BGH (Beschl. v. 15. Juni 2000 - I ZB 4/98)
Mitte 2000 ein Machtwort sprach. Der Entscheidung lag die Konstellation zugrunde,
dass der Buchstabe "K" für die Klassen 6, 17 und
19 (u.a. Metall-Waren) in das Markenregister eingetragen werden sollte:
"Buchstaben sind nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 3 Abs. 1
MarkenG als Marke schutzfähig.
(...)
Eine Verneinung der (konkreten) Unterscheidungskraft setzt vielmehr auch bei
Wortmarken in der Form von Einzelbuchstaben tatsächliche
Feststellungen voraus, aus denen entnommen werden kann, daß der Verkehr den
Buchstaben für bestimmte Waren nicht als
Herkunftskennzeichnung versteht.
Das kann daran liegen, daß der Buchstabe eine beschreibende Bedeutung für die in
Frage stehenden
Waren hat, z.B. der Buchstabe "D" auf dem Warengebiet der Kraftfahrzeuge für
Diesel (...)
und deshalb vom Verkehr in diesem und nicht in einem die Herkunft der Waren
kennzeichnenden Sinn verstanden wird.
(...)
Fehlt es an einem beschreibenden Inhalt des Buchstabens für die angemeldeten
Waren, so kommt eine Verneinung jeglicher Unterscheidungskraft nicht in Betracht."
|
D.h., die höchsten deutschen Zivil-Richter bestimmten, dass auch Einzelbuchstaben
grundsätzlich eintragungsfähig sind. Lediglich dann,
wenn der Verkehr mit dem Buchstaben eine bestimmte beschreibende Funktion
verbinde, fehle dem Buchstaben die Unterscheidungskraft, so
dass er nicht eingetragen werde könne. Es kommt somit im konkreten Einzelfall
darauf an, welcher Buchstabe eingetragen wird und
für welche sachlichen Bereiche, d.h.
Klassen.
b) Der Buchstabe "Z":
Diese Rechtsansicht untermauerte der BGH in einer jüngsten Entscheidung
(Beschl. v. 19. Dezember 2002 - I ZB 21/00). Hier ging
es um die Konstellation, dass der Buchstabe "Z" für "Tabak, Tabakerzeugnisse,
Raucherartikel und Streichhölzer" eingetragen werden sollte:
"Zeichen, die - wie vorliegend - ausschließlich aus Buchstaben bestünden,
könnten nach § 3 Abs. 1 MarkenG geschützt werden.
Dem Buchstaben "Z" fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i.S.
von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Er enthalte keine warenbeschreibende Sachaussage, die sich auf bestimmte
Eigenschaften der in Frage stehenden Waren
beziehe.
"Z" werde in dem vom Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts
angeführten Klassifizierungssystem nicht als
Sortierungsangabe für Tabake verwendet. Als Abkürzung für sachbezogene
Angaben habe "Z" auf den verschiedensten Warengebieten
unterschiedliche Bedeutungen. Gegen die Annahme der erforderlichen
Unterscheidungskraft spreche auch nicht eine möglicherweise
fehlende Gewöhnung des Verkehrs, Einzelbuchstaben als Markenbezeichnungen
aufzufassen.
Unter Geltung des Markengesetzes, das anders als das frühere Recht keine
absolute Schutzunfähigkeit von Einzelbuchstaben
vorsehe, dürften keine zu strengen Anforderungen an die
Unterscheidungskraft derartiger Zeichen gestellt werden."
|
c) Die Zahl "1":
Der BGH (Beschl. v. 18. April 2002 - I ZB 23/99)
geht sogar so weit, einzelne Zahlen (hier: die Zahl "1") als eintragungsfähig
anzusehen.
d) Der konkrete Fall: "T":
Was bedeutet dies nun für den vorliegenden, konkreten Fall?
Kann die Deutsche Telekom ein "T" im Bereich "Telekommunikation" (Klassen 38, 42)
eintragen lassen?
Hier gibt es eine klare Antwort: Nein, das ist nicht möglich.
Denn das "T" steht hier klar als Abkürzung für "Telekommunikation".
Der Buchstabe beinhaltet daher eine warenbeschreibende Sachaussage, die sich auf
bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden
Waren beziehe. Daher ist dieser Buchstabe für diesen Bereich nicht
eintragungsfähig.
Für andere Klassen dagegen, die rein nichts mit dem Bereich der Telekommunikation
zu tuen haben, wäre eine Eintragung durchaus denkbar.
e) Konsequenzen einer Eintragung:
Jetzt werden sich viele Leser an den Kopf fassen und fragen: "Was für ein
Wahnsinn! Kann ich jetzt immer abgemahnt werden, wenn ich
Worte mit K oder Z benutze?"
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Markenrechtsschutz nur für jeden
Klassenbereich gilt. D.h. die Benutzung des "K"
außerhalb des Bereichs "Tabak, Tabakerzeugnisse, Raucherartikel und
Streichhölzer" ist ohnehin nicht durch die Eintragung geschützt.
Der Unterlassungsanspruch des Markeninhabers gilt auch nur gegenüber denjenigen
Personen, die "im geschäftlichen Verkehr" tätig sind.
D.h. die Benutzung einer Marke durch Privatpersonen kann generell nicht untersagt
werden.
Im Bereich des Internets wird diese eigentlich positive Tatsache durch den
Umstand verschärft, dass nach Ansicht mancher Gerichte schon dann
der geschäftliche Verkehr zu bejahen ist, wenn bloße Werbebanner oder Pop-Ups
geschaltet werden (LG Hamburg, Beschl. v. 01.03.2000
- Az.: 315 O 219/99; LG Frankfurt, Az. 2 - 06 O 212/01). Nach Ansicht des OLG
Schleswig (Urt. v. 19.12.2000 - Az.: 6 U 51/00) soll ein bloßer Link auf
eine dritte, kommerzielle Seite noch keine Geschäftsmäßigkeit begründen.
Worte, die lediglich ein K im Wort enthalten, können ohnehin - auch im
geschäftlichen Verkehr - unproblematisch benutzt werden, wie z.B. Kuba-Havanna.
Auch gibt es noch den § 23 MarkenG, der dem Schutz einer Marke gewisse Grenzen
setzt:
"Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht
das Recht, einem Dritten zu untersagen,
im geschäftlichen Verkehr
1. dessen Namen oder Anschrift zu benutzen,
2. ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen
oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von
Waren oder Dienstleistungen,
wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit, ihre Bestimmung, ihren Wert,
ihre geographische Herkunft
oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, zu benutzen, oder
3. die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die
Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer
Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist,sofern die
Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt."
|
Mag somit die Eintragung eines Einzelbuchstabens für manchen Geschmack auch sehr
weitgehend sein, so zeigt sich, dass es genug
sachliche Begrenzungen für den Markenschutz gibt, damit auch die Allgemeinheit
den Buchstaben unkompliziert weiterhin benutzen kann.
Ungeklärt und somit relativ unbefriedigend ist dagegen, ob nicht der juristische
Laie im konkreten Einzelfall oftmals überfordert ist, genau
einzuschätzen, ob hier der Einzelbuchstabe benutzt werden kann. Dadurch entsteht
eine nicht zu unterschätzende Rechtsunsicherheit,
die - unabhängig vom konkreten Fall - oftmals bewußt ausgenutzt wird.
|