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"IP-Speicherung durch Webseiten-Betreiber rechtlich zulässig?" von Dr. Martin Bahr
IP-Speicherung durch Webseiten-Betreiber rechtlich zulässig?

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Bahr

Eine Frage, die sich schon viele Webseiten-Betreiber gestellt haben: Wann und unter welchen Umständen darf ich die IP eines Besuchers speichern?

Antwort: Maßgebliches Gesetz hierfür ist das "Teledienstedatenschutzgesetz" (TDDSG).

1. Personenbezogene Daten:
Gemäß § 1 Abs.1 TDDSG gelten die Vorschriften nur für "personenbezogene Daten". § 3 Abs.1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) definiert personenbezogene Daten als

"Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)."

Kernproblem ist hier das Merkmal der Bestimmbarkeit. Dabei gilt es zwischen dynamischen und statischen IP-Adressen zu differenzieren.

a) Dynamische IP-Adressen:
Bei der dynamischen IP-Vergabe ist es nicht ohne weiteres möglich, aus den Daten auf die Person Rückschlüsse zu ziehen. Dazu bedürfte es einer Einsichtnahme in die jeweiligen Log-Verzeichnisse des Access-Providers. Eine solche Einsichtnahme ist jedoch durch §§ 4 Abs.4, 6 Abs.3 TDDSG grundsätzlich ausgeschlossen. Insoweit ist hier eine natürliche Person nicht bestimmbar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn wenn man die IP durch sonstige Daten (z.B. Foren-Registrierung: E-Mail-Adresse etc.) individualisieren kann. Dann ist sehr wohl von personenbezogenen Daten auszugehen.

b) Statische IP-Adressen:
Anders ist dies, wenn es sich um eine statische IP-Nummer handelt. Hier wird im Regelfall eine Identifikation auch ohne Rückgriff auf die Log-Files des Access-Providers möglich sein. Insofern handelt es sich dann um eine "bestimmbare natürliche Person" und somit um personenbezogene Daten.

Jetzt werden sicherlucg viele Leser protestieren: Ein normales Logfile kennt keine Person, sondern nur eine IP-Adresse! Auch statische IPs sind höchstens nur an einen Rechner, Netzdrucker oder ein sonstiges technisches Gerät gebunden, nicht aber an eine Person. An einem PC kann jedermann sitzen. In kleineren Betrieben surfen mehrere Mitarbeiter über ein und dieselbe IP-Nummer

Dass es sich hier dennoch um personenbezogene Daten handelt, soll folgendes Beispiel verdeutlichen:

Person X benutzt ein Hotelzimmer (= IP). Anhand der bloßen Tatsache, dass er das Hotelzimmer benutzt hat, wird kaum die Person des X bestimmbar sein.

Nehmen wir nun als 1. Alternative an, Person X würde dauerhaft (wie Udo Lindenberg im Hamburger Atlantic) dort gastieren (= statische IP). Und nehmen wir einmal die 2. Alternative an, Person X würde dort nur für einen Tag gastieren.

In beiden Fällen hätte ich zunächst nur die identische Information: Das Hotel-Zimmer wurde benutzt, ich erhalte keine unmittelbaren Daten über die gastierende Person.

Jetzt ist aber die Frage: Wie wahrscheinlich bzw. möglich ist es, dass ich anhand dieser Info die Person identifizieren kann?

2. Alternative: 99,9% Wahrscheinlichkeit, dass sich niemand an die Person X erinneren kann, da ein Gast unter vielen.

1. Alternative: Hier wird sich sicherlich der Portier an Person X erinnern. Ebenso der Mann aus dem Zigaretten-Laden gegenüber, der Kiosk-Besitzer eine Seitenstraße weiter, bei dem Person X morgens immer die Zeitung kauft.

Jetzt kann sich jeder selbst fragen, OB und WANN er bei der 1. Alternative eine Bestimmbarkeit der Person bejaht und somit "personenbezogene Daten" vorliegen.

Das oben Erläuterte ist in der Rechtsprechung, soweit hierzu überhaupt Entscheidungen vorliegen, und auch in der Literatur sehr umstritten. So wird z.T. auch die Ansicht vertreten, dass eine IP in keinem Fall personenbezogene Daten enthält.

Ebenso uneinheitlich wird die Frage beantwortet, was gilt, wenn der Webseiten-Betreiber sowohl dynamische als auch statische IPs speichert. Spätestens hier stellt sich das Problem, wie der Webseiten-Betreiber denn auf Anwender-Seite technisch eine derartige Differenzierung hinbekommen will. Überwiegend wird in einem solchen Fall die Ansicht vertreten, dass für einen solchen Sachverhalt sämtliche IPs als personenbezogene Daten zu behandeln sind, da eine Unterscheidung nicht möglich ist.


2. Erlaubte Gründe für die Speicherung:
Erlaubte Gründe für eine Speicherung sind:

a) Zustimmung des Nutzers: Hier gilt es, die besonderen Pflichten des § 4 TDDSG genau zu beachten

b) zu Abrechnungszwecken (§ 6 TDDSG): Z.B. wenn der Webseiten-Betreiber eine kostenpflichtige Dienstleistung ins Netz stellt, die der Nutzer in Anspruch nimmt. Dann ist die Speicherung von bestimmten Daten erlaubt.

c) aus Schutzgründen: § 9 BDSG statuiert das Schutzzweck-Prinzip. Danach müssen und dürfen die speichernden Stellen die "technischen und organisatorischen Maßnahmen treffen, die erforderlich sind", um die geltenden Gesetze einzuhalten.

Was dies im einzelnen bedeutet ist, ist sehr umstritten. Muss der § 9 BDSG so interpretiert werden, dass ein Foren-Betreiber pauschal die IPs seiner Nutzer loggen darf, um im Falle einer Beleidigung oder sonstiger Straftaten den betreffenden Täter verfolgen zu können? Käme das nicht einer rechtswidrigen Vorrats-Speicherung gleich?

In diesem Zusammenhang interessant ist die Auseinandersetzung bei Speicherung der Flatrate-IP durch die Deutsche Telekom. Eigentlich hätte es hier keiner Speicherung der IP bedurft, da bei einer Flaterate pauschal abgerechnet wird. Das Regierungspräsidum Darmstadt entschied jedoch mit Schreiben vom 14.01.2003, dass eine solche Speicherung dennoch zulässig sei.

Diese Entscheidung hat vehementen Widerstand ausgelöst. In Hamburg z.B. wird die Speicherung von IPs bei Flatrate vom Datenschutzbeauftragen als rechtswidrig eingestuft. Juristisch ist die Entscheidung des Regierungspräsidums wenig überzeugend und kommt einer "bloßen Speicherung auf Vorrat" sehr nahe.


3. Resümee:
Und was soll ich denn nun praktisch machen? wird sich so mancher Webseiten-Betreiber fragen.

Einfache Antwort: Überlegen Sie sich, ob Sie wirklich die IP Ihres Nutzers benötigen. Wenn Ihre Antwort ja lautet, teilen Sie dem Betroffenen vorab mit, dass Sie die jeweilige loggen. Schreiben Sie dies deutlich und klar in Ihre Nutzungsbedingungen. Und: Achten Sie dabei auf die Hinweispflichten nach dem TDDSG!

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