von RA Dr. Martin Bahr,
Kanzlei Heyms & Dr. Bahr
Die Beschwerdestelle der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstleister
(FSM) hatte aktuell darüber zu entscheiden,
ob ein Dialer-Angebot, das sich vorwiegend an Kinder richtet, rechtmäßig ist.
Die FSM ist ein eingetragener Verein, der 1997 von Medienverbänden und Unternehmen der
Online-Wirtschaft gegründet wurde. Die Selbstkontrollorganisation bietet jedermann die
Möglichkeit, sich über strafbare oder jugendgefährdende Inhalte im Netz zu beschweren
oder Fragen zum Thema Jugendschutz im Internet zu stellen.
Ein Mitglied der FSM bietet auf einer Webseite, die als überwiegende Zielgruppe Kinder
hat, kostenpflichtige Dialer an. Die Beschwerdestelle des FSM sieht darin einen Verstoß
gegen
§ 6 Abs.2
S.1; Abs.4 JMStV, wonach es verboten ist, die Unerfahrenheit von Jugendlichen
auszunutzen.
In
ihrer Entscheidung (PDF, 12 KB) spricht die FSM daher eine
entsprechende Rüge aus und fordert den Verletzer auf, das Angebot derartig
umzugestalten, dass Kinder jedweden Alters das Angebot als einen, für erwachsene
Personen bestimmten, kostenpflichtigen Service wahrnehmen:
"Die Texte auf den Angeboten www........de und www.........de richten sich in Aufbau
und Form der Ansprache eindeutig an Kinder (Domainname, Ansprache mit „Du„).
Zugleich sind diese Angebote so gestaltet, dass insbesondere Kinder unter zwölf Jahren
nicht wahrnehmen können, dass es sich um einen kostenpflichtigen Dienst handelt. Für
diese Zielgruppe sprechen auch die Domainnamen, die für Kinder affine Begriffe enthalten
und damit naturgemäß bevorzugt Kinder zu den Besuchern der Angebote zählen werden."
Ausreichend sei auch nicht der Hinweis, dass das Angebot für Personen unter 18 Jahren
nicht geeignet sei:
"Unter beiden Adressen werden Kinder immer direkt angesprochen und aufgefordert, das
Angebot zu nutzen. Der unscheinbar gehaltene Hinweis darauf, dass das Angebot für
Personen unter 18 Jahren nicht geeignet sei, kann leicht übersehen werden, und es ist
davon auszugehen, dass der Hinweis auf die Kosten insbesondere für Kinder unter 12
Jahren unverständlich ist, und daher selbst von Kindern mit guten Lesefähigkeiten
übersehen wird."
Die FSM steht damit in einer Linie mit der gängigen Rechtsprechung in
Wettbewerbssachen. Danach ist ein Verstoß gegen
§ 1 UWG
immer dann gegeben, wenn besonders schutzwürdige Personen, somit insbesondere Kinder und
Jugendliche, zu unwirtschaftlichen Ausgaben veranlasst werden. Dem liegt der Gedanke
zugrunde, dass Kinder und Jugendliche meist noch nicht in ausdrücklichem Maße in der
Lage sind, Waren- und Dienstleistungsangebote kritisch zu hinterfragen. Vielmehr
entscheiden sie gefühlsmäßig und folgen einer spontanen Eingebung.
Diese Rechtsprechung führte u.a. auch dazu, dass nach Ansicht des LG Hamburg
(Urt.
v. 14. Mai 2002 - Az: 312 O 845/01) die Werbung für Handy-Klingeltöne, die mehr als
3,- Euro pro Download kosten, in Jugendzeitschrift wettbewerbswidrig ist. Eine
ausführliche Anmerkung von RA Dr. Bahr zu diesem Urteil finden Sie
hier.
Das OLG Hamburg
(Urt. v. 10. April 2003 - Az.: 5 U 97/02) bestätigte in der 2.
Instanz diese Entscheidung. Eine ausführliche Anmerkung von RA Dr. Bahr zu dieser
Entscheidung finden Sie
hier.
Erst vor kurzem hatte das LG Mannheim
(Urt. v. 19.03.2004 - Az.: 7 O 47/04) entschieden, dass ein
Webseiten-Betreiber, der kostenpflichtige Inhalte mittels Dialer anbietet und dessen
Zielgruppe nahezu ausschließlich Kinder und Jugendliche sind, von Anfang an über die
maßgeblichen Umstände (inbs. den Preis) aufklären muss. Siehe dazu auch unsere
Kurz-Anmerkung, vgl. die
Kanzlei-Info v. 03.04.2004.
Ein Artikel von
Rechtsanwalt Dr.
Bahr, Kanzlei Heyms & Dr. Bahr